„Ohne Zufahrt keine Zukunft“
Blick ins Tal

Bergbauer contra Gemeinde

Publiziert in 14 / 2009 - Erschienen am 16. April 2009
Partschins – Seit Jahren kämpft Ewald Thaler aus ­Partschins für einen Traktorweg zu seinem Hof Bad Oberhaus. Er hat den Hof, der in der Örtlichkeit Vertigen auf 1.160 Höhenmetern liegt, 2002 vom Land abgekauft. Voll bewirtschaften kann er ihn noch immer nicht, weil es keine Zufahrt gibt. „Allein für geologische Gutachten habe ich bisher rund 30.000 Euro aus der eigenen Tasche bezahlt. Die Gemeinde aber und speziell der Bürgermeister Robert Tappeiner unternehmen alles, damit der Traktorweg nicht gebaut werden kann,“ ärgert sich Ewald Thaler. Er spricht offen von Verzögerungstaktik und ungleicher Behandlung: „Die Gemeinde will den Hof selbst erstehen. Damit das gelingt, werde ich ‚ausgehungert’, aber ich kämpfe weiter, denn der Hof ist für mich und meine ­Familie der Lebenstraum.“ Der Bürgermeister weist alle Vorwürfe zurück: „Der Hof liegt in einem Quellschutzgebiet. Mir als Bürgermeister geht es ausschließlich darum, für rund 3.000 Bürger und 2.000 Gäste sauberes Trinkwasser zu ­garantieren.“ von Sepp Laner Derzeit ist Bad Oberhaus nur über einen Steig (Hochgangsteig) zu Fuß erreichbar. Der Materialtransport erfolgt mir einer Lasten-Seilbahn. Was das heißt und wie schwer und umständlich das ist, musste Ewald Thaler erfahren, als er vor einigen Jahren das Haus, das auf einem Felsrücken steht, renovierte. Auch einen neuen Stadel möchte er bauen, denn der alte ist 2006 aus bis heute nicht geklärter Ursache abgebrannt. Zum Hof, der auf 5 Großvieheinheiten ausgerichtet ist, gehören rund 2 Hektar Grünflächen. Derzeit hält Ewald Thaler nur 10 Schafe. Sein Traum ist es, den Hof in Zukunft voll bewirtschaften zu können: „Das ist aber nur möglich, wenn ich auch eine Zufahrt bekomme.“ Der ins Auge gefasste Traktorweg würde bei einem Höhenunterschied von ca. 150 Metern rund 1,4 Kilometer lang werden. Wohl wissend, dass der Hof und die geplante Wegtrasse in einem Quellschutzgebiet liegen, hat Ewald Thaler bei mehreren Geologen mit einem Kostenaufwand von rund 30.000 Euro Gutachten eingeholt und diese im Rathaus abgegeben. Thaler: „Nach Ansicht des Landes­geologen Ludwig Nössing ist es möglich, den Traktorweg unter der Beachtung bestimmter Auflagen und Bauweisen so zu errichten, dass das Quellgebiet nicht gefährdet wird.“ Neben dem positiven Gutachten Nössings stehen laut Thaler auch die zuständigen Landesämter dem Bau des Weges positiv gegenüber. Die Quellen würden beim Bau der Zufahrt unterhalb ihrer Ursprünge gequert, „sodass eine Gefahr für das Trinkwasser völlig ausgeschlossen ist.“ In anderen Zonen im Gemeindegebiet würden Quell­zonen sehr wohl von ­Straßen gequert, auch oberhalb von Quellen, „daher frage ich mich: Warum misst die Gemeinde bei mir mit anderen Maßstäben? Ich will nichts anderes, als eine Zufahrt zu meinem Hof, damit ich mit meiner Familie dort als Selbstversorger und Produzent bäuerlicher Bioprodukte leben und wirtschaften kann. Ich habe alles Ersparte, was ich als Lkw-Fahrer verdient habe, in diesen Hof gesteckt und zudem Schulden gemacht.“ Außerdem würden die Oberhaus-Quellen nur rund ein Siebtel des Trinkwassers der Gemeinde ausmachen. Nicht verstehen kann Thaler, warum die Gemeinde für 3.500 Euro ein weiteres Gutachten in Auftrag gegeben hat, und zwar beim Geologen Konrad ­Messner. Dass es sich um ein „Gefälligkeitsgutachten“ handeln könnte, ist laut dem Bürgermeister eine reine Unterstellung. Die Gemeindeverwaltung arbeite schon seit Jahren mit Messner zusammen. Auch sein Gutachten in Bezug auf den Traktorweg Bad Oberhaus sei objektiv und neutral. Dass mehrere Gutachten mit verschiedenen und ­einander teils widersprechenden Schlussfolgerungen vorliegen, bestätigt Robert Tappeiner: „Die Meinungen der Geologen gehen auseinander.“ ­Konrad Messner jedenfalls komme zum Schluss, dass der Bau des Traktorweges aus hydro­geologischer Sicht gefährlich sei und negative Auswirkungen auf die Trinkwasserquellen ­haben könnte. Im ersten Anlauf abgelehnt habe die Baukommission den Bau des Weges deshalb, weil die Trasse in einem Quellschutz­gebiet liegt, das im Bauleitplan auch als solches eingetragen ist. Tappeiner: „Wir haben die Entscheidung nicht aus heiterem Himmel gefällt, sondern sie mit dem 7 Seiten umfassenden Gutachten des Geo­logen ­Messner untermauert.“ Auch die Kritik der Ver­zögerungstaktik weist der Bürgermeister von sich: „Die Gemeinde hat am 5. März 2009 sämtliche Gutachten, Unter­lagen und Stellungnahmen dem Landesamt für Geologie und Baustoffsprüfung und dem Amt für Gewässernutzung übermittelt. Sobald wir die Antworten dieser Ämter auf dem Tisch haben, wird sich die Baukommission erneut mit dem Vorhaben befassen und auch eine Entscheidung treffen.“ Auch den Trinkwasserinteressentschaften Vertigen-Töll und Oberplars (Gemeinde Algund) sowie an Franz Auer und Ewald Thaler seien diese Unterlagen zur Kenntnis übermittelt worden, denn neben der Gemeinde sind auch sie Inhaber von Wasserkonzessionen. „Mir geht es als Bürgermeister in erster Linie darum, dass die Qualität und Quantität des Trinkwassers nicht gefährdet werden, und um nichts anderes,“ beteuert der Bürgermeister. Auf die Frage, ob die Gemeinde selbst Interesse am Hof habe, meinte Tappeiner: „Um das Quellgebiet dauerhaft zu schützen, ist vor einiger Zeit die Idee aufgetaucht, dass die Gemeinden Partschins und Algund den Hof eventuell ablösen könnten. Mehr als ein Gespräch hat es dazu bisher aber nicht gegeben.“ Und was würde in so einem Fall mit der Kubatur geschehen? ­Tappeiner: „Eine Verlegung müsste theoretisch möglich sein.“ Entschieden von sich weist er auch Thalers Mutmaßung, er, der Bürgermeister, würde eine „Marionette“ bestimmter Personen sein, die im Hintergrund agieren. Auf die Frage, wie die Baukommission entscheiden wird, falls die genannten Landesämter dem Bau des Weges zustimmen sollten, sagte Tappeiner: „Das kann ich jetzt nicht sagen. Theoretisch ist auch für diesen Fall eine Ablehnung nicht auszuschließen. Die Möglichkeit aber, den Rechtsweg einzuschlagen, bleibt dem Antragsteller auf jeden Fall offen.“ Ewald Thaler findet es be­dauerlich, „dass ein ­Bergbauer, der alles versucht, seinen Hof zu bewirtschaften, genötigt wird, den Rechtsweg einzuschlagen und dafür erneut Geld auszugeben.“
Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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