Im Zeichen der Beregnung
Bonifizierung: Gottfried Niedermair spricht klartext
Gottfried Niedermair im Interview.

Blaues Gold: Wasser

Neues Beregnungs-Abkommen zwischen Bonifizierungskonsortium und Alperia als Fundament in Sachen Frostberegnung. Gewässerschutzplan sorgt für Unstimmigkeiten. 

Publiziert in 1 / 2020 - Erschienen am 14. Januar 2020

SCHLANDERS - „In den vergangenen Jahren kam es zu intensiven Frostnächten mit großen Schäden“, blickt der Vetzaner Gottfried Niedermair im Gespräch mit dem der Vinschger zurück. Niedermair ist Geschäftsführer des Bonifizierungskonsortiums Vinschgau und konnte kürzlich einen Coup vermelden. Nach zweijährigen Verhandlungen wurde in den vergangenen Wochen mit dem Südtiroler Energiedienstleister Alperia ein neues Abkommen beschlossen, was eine Vielzahl von Bauern im Vinschgau aufatmen lässt. 
Der Deal: Das Bonifizierungskonsortium Vinschgau bekommt die für die Frostberegnung notwendigen Wassermengen von den Alperia-Kraftwerken in Kastelbell, Laas und Glurns. Ältere Vereinbarungen gab es bereits mit der Montecatini in den 1960er Jahren sowie mit der Edison aus den 90er-Jahren. Diese wurden nun im neuen Abkommen mit der Alperia zusammengefasst, erneuert und dem modernen Bedarf angepasst. Unter anderem wurden dabei die Wassermengen um ein Drittel aufgestockt. 20.000 Sekundenliter, also 20 Kubikmeter Wasser in der Sekunde, stehen zur Verfügung. „Eine riesige Menge“, freut sich Niedermair. Das Wasser werde ohne Mehrkosten für das Bonifizierungskonsortium bzw. den landwirtschaftlichen Grundstücken zur Verfügung gestellt. Damit können die bestehenden Frostberegnungsanlagen in den nächsten Jahren weiter mit dem notwendigen Wasser versorgt werden und auch Erweiterungen der Anlagen in Angriff genommen werden. Der Energiedienstleister wisse seit jeher die Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft im Vinschgau zu schätzen. 
„Die Frostberegnung ist ein bewährtes Rezept gegen Frostschäden. Im Gegensatz zur Trockenberegnung muss diese jedoch in einem ganzen Gebiet gleichzeitig angewandt werden, um Schäden zu vermeiden. Solche Wassermengen hatten wir bisher aber nicht zur Verfügung“, erklärt Niedermair. Bis dato wurde die Frostberegnung auf rund 1800 Hektar angewandt, in Zukunft kann diese auf bis zu 2300 Hektar ausgedehnt werden. In kritischen Zeiten könne das Wasser der Alperia bei Bedarf auch für die Trockenberegnung verwendet werden. „Dies wird sich vor allem in den extremen Zeiten des Klimawandels bewähren“, so Niedermair.

Aufatmen bei den Bauern 

Zu großen Frostschäden war es in den letzten vier Jahren gleich dreimal gekommen, und zwar 2016, im April 2017 und teils im Mai 2019. Freilich, in vielen Fällen decken Versicherungen einen Teil der Schäden ab. Aber eben nicht immer. Und: Alleine schon was die Planung der Landwirte betrifft, dürfte aufgrund der Errungenschaften des Bonifizierungskonsortiums ein kollektives Aufatmen durch den Berufsstand gehen. Denn, Investitionen können somit sicherer geplant werden. „Im Obstbau und vor allem bei neuen Sorten ist eine vollumfassende Frostberegnung dringend nötig. „Auch wenn die Anzahl der Frosteinsätze generell abnimmt, so sind einzelne extreme Frostnächte für enorme Ernteausfälle verantwortlich“, erklärt Niedermair.

Probleme mit dem Gewässerschutzplan

Doch gibt es für die heimische Landwirtschaft auch weniger gute Neuigkeiten. „Der Gewässerschutzplan ist so für uns nicht ideal“, gesteht Niedermair. Den Entwurf dazu hat die Landesregierung Ende des vergangenen Jahres gutgeheißen und er betrifft sämtliche Bereiche des Gewässerschutzes. Der Gewässerschutzplan soll dabei helfen, sensible Bereiche auszumachen und gezielte Schutzmaßnahmen zu setzen, heißt es vonseiten der Landesregierung. „Für uns in der Landwirtschaft bedeutet dies jedoch einige Einschnitte“, erklärt der Geschäftsführer des Bonifizierungskonsortiums. „Genehmigungen, um etwa einen Bach für die Beregnung nutzen zu können, könnten teilweise eingeschränkt werden“, befürchtet Niedermair. 
In Berggebieten, wo in bestimmten Zeiten Wasserknappheit herrscht, dürfte es deshalb schwierig werden, die notwendige Wassermenge abzuleiten und dabei alle Vorschriften einzuhalten. „Alternativen dazu gibt es leider kaum oder die notwendigen Investitionen in  die Speicherung wären verhältnismäßig groß“, gesteht Niedermair. In den kommenden Monaten wolle das Bonifizierungskonsortium jedoch diesbezüglich intervenieren. Bisher sei es so gewesen, dass durch die früheren Wasserkonzessionen eine gewisse Menge sowie ein bestimmter Zeitraum für die Beregnung zur Verfügung standen, unabhängig von Einschränkungen und Auflagen aufgrund ökologischer Gegebenheiten. 
Man sei sich zwar bewusst, dass es mittlerweile auch ökologische Gewässerschutzmaßnahmen braucht und dass diese sinnvoll sind, „aber man kann nicht generell alle Gewässereinzugsgebiete in Südtirol mit den gleichen Kriterien einstufen und bewerten“, sagt Niedermair. Dass der Vinschgau seit jeher ein niederschlagsarmes Gebiet ist, sei bekannt und Landwirtschaft werde auch in Zukunft ohne Bewässerung nicht möglich sein. Das Bonifizierungskonsortium hat diesbezüglich in den letzten Jahren bereits Millionen Euro in wassersparende Maßnahmen, wie Speicherbecken, Tropfbewässerungsanlagen und automatisierten Anlagen investiert.

Große Investitionstätigkeiten – weniger Beiträge

Auch in Sachen Investitionen tut sich beim Bonifizierungskonsortium Vinschgau so einiges. Unter anderem was die Tropfberegnung betrifft. Diese erfreue sich immer größerer Beliebtheit aufgrund ihrer Flexibilität. „Man ist unabhängig in der Bewässerungstätigkeit, muss nicht auf Wind und Feuerbrand achten“, sagt Niedermair. Jeder Bauer könne größtenteils selbst entscheiden, ob er sein Feld im Rahmen des Turnusbetriebs bewässern möchte oder nicht. Ohnehin werde die Tropfberegnung im modernen Obstbau immer wichtiger. Dadurch dass eine Tropfberegnung den Boden direkt bewässert und nicht die Bäume selbst, garantiert sie eine größere Wassernutzungseffizienz und verringert gleichzeitig die Infektionsgefahr gegenüber Pilzen und Bakterien. Damit könne man auch das Anbringen von Pflanzenschutzmitteln verringern. Die Investitionen seien beachtlich. „Beitragsmäßig schaut es jedoch nicht mehr so rosig aus“, sagt Niedermair. Man setze vermehrt auf europäische und staatliche Förderungen. Je mehr Beiträge zur Verfügung stehen, desto mehr Investitionen können getätigt werden. Über die Investitionen werde in Vollversammlungen für das jeweilige Einzugsgebiet entschieden. Stehen keine oder nicht ausreichend Beiträge für die Aufwendungen zur Verfügung, teilen sich die Bauern des betroffenen Einzugsgebiets die Kosten.  

Keine konkreten Vereinbarungen mit Gemeinden

Was private Gartenanschlüsse betreffe sei nach wie vor jeder auf sich selbst gestellt. In den vergangenen Jahren habe es zwar immer wieder Versuche gegeben, hierbei Regelungen zu finden, doch konkret habe sich diesbezüglich bisher nichts getan. Viele Gartenbewässerungssysteme sind nach wie vor an nahegelegene Beregnungsanlagen angeschlossen. Der Gewässernutzungsplan sehe zwar die Möglichkeit vor, dass das Bonifizierungskonsortium Vinschgau mit Gemeinden Vereinbarungen eingehe, dies sei aber noch nirgends der Fall, da die Durchführungskriterien vonseiten des Landes noch ausständig sind. 

Michael Andres
Michael Andres
Vinschger Sonderausgabe

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