Marteller Herausforderungen
BM ALTSTÄTTER ÜBER STÄRKEN, SORGEN UND SCHICKSALE
Ein nachdenklicher Bürgermeister an seinem Schreibtisch. Es gibt viel zu tun in Martell.
Marteller „Wahrzeichen“: Die Erdbeerwelt und das Nationalparkhaus.

Blick ins Martelltal

Bürgermeister Georg Altstätter über Probleme, Sorgen, Hoffnungen und Schicksalsschläge.

Publiziert in 2 / 2018 - Erschienen am 23. Januar 2018

Martell - Trifft man den Marteller Bürgermeister Georg Altstätter dieser Tage, wirkt er mitgenommen. Mitgenommen wie die gesamte Marteller Bevölkerung. Erst vor wenigen Tagen wurde mit dem Bauunternehmer Stefan Gluderer einer der ihren unter großer Anteilnahme zu Grabe getragen. Ein Tal steht unter Schock.  Der im Tal und darüber hinaus bekannte und beliebte Unternehmer verstarb am 16. Jänner unerwartet im Alter von nur 53 Jahren. Ein Schicksalsschlag, der unmittelbar mit vielen weiteren Unsicherheiten zusammenhängt. Das Bauunternehmen Gluderer beschäftigte zuverlässig rund 20 Mitarbeiter, allesamt aus dem Martelltal und gehörte zu den größten Arbeitgebern des Tals. Auch in Krisenzeiten war das Bauunternehmen stets eine Art Säule der Sicherheit für Mitarbeiter und Familien in einem ohnehin strukturschwachen Tal. Georg Altstätter hat sich trotz der traurigen vergangenen Tage Zeit genommen für ein ausführliches Interview. der Vinschger wird nach und nach mit den Bürgermeistern des Tales sprechen.

der Vinschger: Herr Bürgermeister, wie geht es Ihnen? 
Georg Altstätter: Der plötzliche Tod von Stefan Gluderer hat uns alle sehr mitgenommen. Auch mich.  Mein größtes Mitgefühl gilt den Angehörigen. 

Die Bagger an der Kletterhalle in Martell, wo derzeit Umbauarbeiten stattfinden, stehen momentan still. Auch bei vielen anderen Bauten, wo das Bauunternehmen Gluderer beschäftigt war, herrscht Ungewissheit. Wie geht es weiter? 
Es muss immer irgendwie weitergehen. Wie es mit dem Unternehmen weitergeht, steht noch offen. Es ist ein harter Schlag für die Mitarbeiter. Derzeit herrscht noch vor allem Trauer aufgrund des unglücklichen Todesfalles. Sie wurden 2015 als Bürgermeister bestätigt. Wie sieht die Bilanz nach weiteren drei Jahren Arbeit in einem strukturschwachen Tal mit rund 850 Einwohnern aus? 
Es ist einiges vorangegangen. Öffentliche Infrastrukturen wie Wasserleitungen, Zufahrten zu Höfe und die Instandhaltung von Straßen konnten verwirklicht werden. Auch bei den Infrastrukturen im touristischen Bereich hat sich einiges getan. Darauf muss unser Tal mit seinen fleißigen Menschen auch weiterhin setzen.

 Wo liegen die Chancen für das Martelltal, welches man durchaus als Perle der Natur bezeichnen kann? 
Wir haben ein enormes Potenzial. Dieses gilt es auszuschöpfen. Mit dem Plimaschluchtenweg konnte ein touristischer Anziehungspunkt verwirklicht werden. Dass sich dieser bezahlt gemacht hat, ist auch an den Tagestouristen, die im Sommer vermehrt ins hintere Martelltal kamen, zu sehen. Hier gilt es anzusetzen. Weitere Wanderwege sollen entstehen. Bei der Zufallhütte und der Schafalm soll ein neuer Weg über die Peder Alm hin zur Lyfi Alm entstehen, der Almenweg. Das alles soll am Schluchtenweg angeschlossen sein. Der Weg soll dann auch zum Vinschger Höhenweg gehören und führt weiter von Lyfi Richtung Stallwies. Dort haben wir zusammen mit dem Forstinspektorat und dem Nationalpark einen Erlebnisspielplatz verwirklicht. Zudem soll das alte Badhaus bei der Zufallhütte saniert werden. Dort könnte dann eine Ausstellung zum 1. Weltkrieg entstehen. Derzeit verhandeln wir als Gemeindeverwaltung mit dem C.A.I., um den dortigen Grund abzukaufen. All dies sind Projekte, um den Touristen noch mehr Möglichkeiten zu bieten und weitere Anreize zu schaffen. 

Wie steht es um die Nächtigungen? 
Diese sind in den vergangenen Jahren wieder gestiegen. Vor allem aber in den Übergangsmonaten wie im Winter oder im Frühjahr ist noch viel Potenzial vorhanden

Martell gilt seit jeher auch als Beerental. Hat man sich von den Turbulenzen der vergangenen Jahre erholt? 
Der Verkauf läuft wieder gut. Es gibt mittlerweile andere Probleme. Die Mengen fehlen. Es ist wichtig, dass die Bauern weitermachen. Das Martelltal soll auch in Zukunft als Beerental bekannt bleiben. Das ist schließlich ebenfalls nicht nur ein landwirtschaftlicher sondern auch ein touristischer Faktor. Die Südtiroler Erdbeerwelt bei Trattla und der Erdbeerweg sind weitere Höhepunkte, die das Martelltal prägen. 

Neben Bergen und Beeren wirbt das Tal auch mit dem Sport. Wie steht es darum? 
Durch Veranstaltungen wie dem Biathlon IBU-Cup oder die Skitouren Marmotta-Trophäe kommen nicht nur hunderte Sportler ins Tal, sondern es ist auch eine enorme nachhaltige Werbung für Martell. Wir werden auch in Zukunft diese Veranstaltungen und Infrastrukturen unterstützen. 

Besucher vom Nationalparkhaus culturamartell bei Trattla stehen hingegen derzeit vor geschlossenen Türen. 
Leider. Und dies seit mittlerweile einem halben Jahr. Das culturamartell ist derzeit nicht besetzt. Das Amt für Nationalpark Stilfserjoch hat die Stelle bereits zum zweiten Mal ausgeschrieben, jedoch ohne Erfolg. Wir hoffen, dass dort bald Mitarbeiter angestellt werden und diese zusammen mit den Tourismusorganisationen für eine funktionierende Struktur sorgen. Es gibt bereits ein Konzept, um die Vermarktung des Nationalparks und der darin produzierten Produkte besser zu organisieren und nach außen zu tragen. Dies liegt aber nicht in Händen der Gemeinde. Für das culturamartell und allem was dazugehört ist der Nationalpark Stilfserjoch verantwortlich. 

Wie geht es weiter in Sachen
Nationalpark? 
Das Thema ist komplex. Das Landesgesetz für die Führung des Nationalparkes Stilfserjoch ist in Ausarbeitung. Weiters muss ein Parkplan und ein Reglement ausgearbeitet werden. Alle Gemeinden, Verbände und Grundbesitzer sind in diesen Entwicklungsprozess miteingebunden. Unsere Forderung ist, dass die Entwicklung in der Landwirtschaft, aber auch die Entwicklung im Tourismus und in anderen Wirtschaftszweigen auch in Zukunft möglich ist und dass bestimmte Verwaltungsabläufe vereinfacht werden. Man muss den Nationalpark besser nutzen und vonseiten des Landes besser finanziell unterstützen, damit er wie in anderen Ländern eine Bereicherung darstellt. 

Worauf liegt das Hauptaugenmerk der Gemeinde in diesem Jahr? 
Wir haben einige Vorhaben, die im Jahr 2018 umgesetzt werden, wie den Ausbau des Glasfasernetzes sowie die unterirdische Verlegung diverser Stromleitungen, um die Versorgungssicherheit besser gewährleisten zu können. Die Kletterhalle im Freizeitzentrum Trattla soll bald fertiggestellt werden. Die Wohnbauzone „Kirchacker“ soll erweitert werden, damit wir auch in Zukunft Familien die Möglichkeit geben können, ein Eigenheim zu errichten. Zudem wurden die Arbeiten für den Neubau der Enzianalm bereits ausgeschrieben und solllen noch im Frühjahr oder im Sommer beginnen. Der Lebensraum Martelltal soll auch in Zukunft attraktiv bleiben, um der Abwanderung entgegenzuwirken.

Michael Andres
Michael Andres

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