Trafoi kann wieder atmen

„Das Verbindende über das Trennende stellen“

Publiziert in 43 / 2010 - Erschienen am 1. Dezember 2010
Trafoi – Vor rund einem Jahr konnte noch niemand sagen, wie es mit dem kleinen Skigebiet in Trafoi weitergehen wird. Es stand nicht nur das Skigebiet auf der ­Kippe, sondern das Dorf als Ganzes, denn was den Ort am Leben hält, ist vor allem der Tourismus. Rund 4 Millionen Euro wurden heuer investiert, um das Skigebiet, das noch vor Weihnachten in Betrieb gehen wird, auf Trab zu bringen. Attraktivstes Glanzstück ist der neue Sessellift Schönblick. Um den Erhalt des Skigebietes mittel- und langfristig zu sichern, ist aber der Einsatz vieler gefragt. „Gelingen kann uns das nur, wenn wir das Verbindende über das Trennende stellen,“ sagte Werner Netzer, der neue Eigentümer der Anlagen von Sulden und Trafoi, am 23. November vor Pressevertretern im Hotel „Tannenheim“ in Trafoi. von Sepp Laner Er wirkt einfach, auf den ersten Blick etwas scheu, hat nichts an sich, was man mit einem Krawatten-Heini in Verbindung bringt, spricht nicht zu viel, dafür aber klar und unmissverständlich. Auch Handschlagqualität wird dem Vorarlberger Werner Netzer bestätigt. Er war es, der unlängst die Firmenanteile von Walter Klaus an der Klaus Holding GmbH übernommen hat. Er ist somit Eigentümer sämtlicher Aufstiegsanlagen in Sulden und ­Trafoi. Zusammen mit Netzer und Alexandro­ Rupp, dem Finanz-Verantwortlichen der Klaus Holding GmbH, saßen im „Tannenheim“ viele weitere Personen in zuversichtlicher Runde zusammen: Erich Pfeifer, der Geschäftsführer der Seilbahnen Sulden GmbH und der Trafoi GmbH, Vertreter der Initiativgruppe Trafoi mit Stephan Gander als Marketing-Experte, Lorin Wallnöfer, Steuerberater aus Trafoi, und Geom. ­Carlo Alberto Valer als Techniker, Landesrat Richard Theiner, Bürgermeister Hartwig Tschenett, die für Trafoi zuständige Gemeindereferentin Manuela Angerer, Skilegende Gustav Thöni, Vertreter der nach ihm benannten Skischule, Vertreter aus Prad und weitere Personen mehr. Wenn man sich vor Augen führt, dass in Trafoi derzeit insgesamt 87 Personen leben, war das schon eine „große“ Versammlung. Als angebracht darf im Nachhinein wohl auch der lautstarke Hilferuf aus Trafoi gewertet werden, der vor über einem Jahr nicht nur im Vinschgau, sondern weit darüber hinaus hohe Wellen schlug: Südtirols erstes Skigebiet, eröffnet im Jahr 1952, steht vor dem Aus. „Für uns als Landespolitiker und für mich zusätzlich als Vinschger stand sofort fest: wenn wir diese Sache nicht rasch angehen und wenn die Lifte auch nur für ein Jahr geschlossen bleiben, steht der Tourismus, die einzige Lebensader in Trafoi, und somit das ganz Dorf vor dem Aus“, sagte Richard Theiner. Mehrmals fuhr er zusammen mit Vertretern aus Trafoi, der Gemeindeverwaltung Stilfs und der Seilbahnen Sulden GmbH zu Werner Netzer nach Vorarlberg. Dass es nicht unbedingt leicht war, den Aufsichtsrat der Klaus Holding GmbH von den geplanten Investitionen in Trafoi zu überzeugen, räumte Netzer offen ein. Rein betriebswirtschaftlich gesehen sei es schwierig gewesen, Argumente auf den Tisch zu legen, die klar für einen Ausbau in Trafoi sprechen, „es ist aber trotzdem gelungen, zusammen mit der Gemeinde mit Bürgermeister Hartwig Tschenett an der Spitze, der Landespolitik mit dem Landeshauptmann Luis Durnwalder, der unser Anliegen übrigens von der erste Sekunde an unterstützte, mit den Trafoiern selbst und nicht zuletzt dem Team der Seilbahnen Sulden die Voraussetzungen für eine touristische Wiederbelebung von Trafoi zu schaffen und einen Neustart zu wagen.“ Netzer sprach ausdrücklich von Versuch, denn eine Garantie für das langfristige Gelingen des Vorhabens gibt es nicht: „Der Neustart ist mit einem hohen unternehmerischen Risiko verbunden. Das ist uns durchaus bewusst. Ebenso überzeugt sind wir aber auch davon, dass der Versuch nur dann gelingen kann, wenn wir in der Ortlerregion, also in Trafoi, Sulden und darüber hinaus das Verbindende über das Trennende stellen. Nun müssen wir alle gemeinsam die Ärmel hochkrempeln. Was wir nicht wollen und nicht brauchen, sind interne Zwistigkeiten. Jeglicher Form von Kirchturmpolitik erteile ich eine klare Absage.“ Sollte die Entwicklung den Erwartungen einigermaßen entsprechen, kann sich Werner Netzer in 3 bis 4 Jahren einen weiteren Ausbau in Trafoi vorstellen. Auf die im heurigen Sommer und Herbst ausgeführten Arbeiten, die jetzt vor dem Abschluss stehen, blickte Erich Pfeifer zurück. Insgesamt gesehen seien die Arbeiten schwieriger gewesen als der Seilbahnneubau in Sulden. Zusätzlich zu bürokratischen Hürdenläufen sei auch die Ausführung der Arbeiten selbst nicht leicht gewesen. Außerdem standen parallel zu Trafoi auch Arbeiten in Sulden an. Zu den Kernstücken der Investitionen in Trafoi zählen die General-Revision des Zubringerliftes von der Talstation bis zur Furkelhütte sowie der neue Sessellift Schönblick. Er ersetzt den alten, bereits abgetragenen Schönblick-Tellerlift. Die Trasse wurde in südwestliche Richtung verlegt und verlängert. „Mit den Liften Schönblick, Kleinboden, Furkelhütte und Schölmental sowie mit dem Kinderland, den Langlaufmöglichkeiten und der Rodelbahn können wir in Trafoi insgesamt mit einem tollen Angebot aufwarten. Die Ansprüche, denen ein kleines, aber feines Familienskigebiet gerecht werden soll, können wir alle erfüllen,“ freute sich Pfeifer. Die Gesamtkosten der 2010 getätigten Investitionen bezifferte er mit rund 4 Millionen Euro. Vom Steuerzahler stammen ca. 2 Millionen Euro in Form von Landesbeiträgen sowie 100.000 Euro in Form eines Beitrages der Gemeinde Stilfs. Die Betriebe von Trafoi, aber auch Betriebe von Gomagoi, Stilfs und Prad steuern über die Gesellschaft „Ortler Investment“ insgesamt 360.000 Euro bei. Ca. 1,3 Mio. Euro blätterte Werner Netzer hin. Auch das E-Werk Stilfs hat einen Beitrag geleistet. Der „Ortler Investment“ wurde im Gegenzug zur finanziellen Mitbeteiligung eine 10-jähriger Betreibergarantie zugestanden. „Was wir jetzt dringend brauchen, sind Werbeauftritte im In- und Ausland. Die Welt muss erfahren, dass es mit Trafoi weiter geht“, sagte Carlo Alberto Valer, der Präsident der „Ortler Investment“. Auf die Frage, ob die Trafoi GmbH auch in Zukunft Defizite schreiben werde, meinte Erich Pfeifer: „Bei einer Bettenzahl von ca. 400 ist das vorerst nicht vermeidbar. Das ist uns natürlich auch klar. Trotzdem hoffen und glauben wir, dass das Defizit Jahr für Jahr sinken wird.“ Netzer dazu: „Wir sind zuversichtlich, das Defizit in den nächsten Jahren auf die ‚schwarze Null’ herunter­fahren zu können.“ In seiner Funktion als Präsident der Ortler Skiarena dankte Erich Pfeifer der Landesregierung für die Unterstützung der kleinen Skigebiete: „Solche Skigebiete sind oft der wirtschaftliche Motor, ohne den es in manchen Seitentälern nicht gut ausschauen würde.“ Besonderen Dank zollte Pfeifer auch seinem gesamten Team mit dem Betriebsleiter Hans Eberhöfer an der Spitze. Dass es in Zukunft noch weitere Ansätze und Neuerungen braucht, ließen der Bürgermeister Hartwig Tschenett und Stephan Gander durchblicken. Angedacht werden laut Gander ein Rodelbahnnetz zwischen Trafoi, Gomagoi und Stilfs, der Ausbau der Langlaufloipen, und zwar ausgehend vom Nationalparkhaus „naturatrafoi“, und vermehrte Angebote für Schneeschuhwanderer. „Neben dem Winter ist aber auch der Sommer wichtig“, so Gander. Hierbei werde man vor allem auch auf den Mountainbike-Tourismus setzen. Als wichtigen Baustein in der weiteren touristischen Entwicklung wertet der Bürgermeister das Tourismuskonzept, das demnächst der Landesregierung vorgelegt wird, und von dem man sich unter anderem die Möglichkeit erhofft, zusätzliche Gästebetten in der Gemeinde zu errichten, auch in Trafoi. Dort, wo zurzeit das ehemalige Hotel „Tannenheim“ steht, werde es in Zukunft Parkplätze geben. Einig waren sich alle darin, dass an einem Strick zu ziehen ist. Ein gutes Beispiel dafür waren die Investitionen 2010. Landesrat Richard Theiner rief dazu auf, weiterhin zusammen zu halten und an die Chancen, die sich jetzt für Trafoi eröffnen, zu glauben. Er dankte Werner Netzer, „der Wort gehalten hat.“ Einen besonderen Dank zollte er auch der Initiativgruppe Trafoi, der gesamten Bevölkerung von Trafoi, der Seilbahnen Sulden GmbH, der Gemeindeverwaltung und seinen Mitstreitern in der Landesregierung, namentlich dem Landeshauptmann Luis Durnwalder und den Landesräten Thomas Widmann und Hans Berger. Dass der Erhalt des Skigebietes in Trafoi für die gesamte Region wichtig ist, bestätigten am Rande der Pressekonferenz auch die Gemeinderatsmitglieder Jessica Hofer und Thomas Rungg aus Prad, die ebenfalls nach Trafoi gekommen waren: „In unserer kleinen Struktur ‚Pfasch’ in Prad unternehmen die Kinder die ersten Schritte auf den Skiern. Der zweite Schritt ist dann das nahe gelegene Skigebiet in Trafoi.“ Auch viele Campinggäste, die in Prad ihren Winterurlaub verbringen, wüssten das Familien­skigebiet in Trafoi zu schätzen.“ An der „Handschrift“ von Walter Klaus festhalten Als neuer Eigentümer der Firmenanteile von Walter Klaus an der Klaus Holding GmbH tritt Werner Netzer sozusagen in die Fußstapfen des Vorarlberger Tourismusunternehmers Walter Klaus. Zusätzlich zu den Aufstiegsanlagen von Sulden und Trafoi ist Netzer somit auch an weiteren Firmen beteiligt, unter anderem an der Vorarlberger Bodenseeschifffahrt. Walter Klaus, 76 Jahre alt und Ehrenbürger der Gemeinde Stilfs, leidet seit Jahrzehnten an Parkinson. Netzer ist um Kontinuität bemüht. „Der Vinschger“: Herr Netzer, in der breiten Öffentlichkeit erfuhr man nichts davon, dass Sie vor wenigen Monaten die Firmanteile von Walter Klaus übernommen haben. Werner Netzer: Das stimmt, wir wollten die Übernahme bewusst in aller Stille vollziehen. Es kamen aber dennoch Gerüchte auf, wonach Banken einsteigen könnten. Im Jahr 2007 wurden die Anteile von Walter Klaus an der Silvretta Bergbahnen AG in Montafon von der Bank für Tirol und Vorarlberg übernommen. Werner Netzer: In Sulden und Trafoi sind weder Banken noch andere Investoren eingestiegen. Ich habe die Anteile zu 100 Prozent übernommen. Walter Klaus war stets bemüht, das, was vor Ort erwirtschaftet wurde, wieder vor Ort zu investieren. Werner Netzer: Das war und ist das innigste Anliegen von Walter Klaus. Ich werde versuchen, an seiner „Handschrift“ weitgehendst festzuhalten und in seinem Sinne weiterzuarbeiten. Unsere Firmenpolitik ist also weiterhin jene, die erwirtschafteten Mittel wieder in Neuerungen zu investieren. Wie ist Ihr Verhältnis zu Walter Klaus? Werner Netzer: Ich bin seit 28 Jahren persönlich mit ihm befreundet und arbeite mit ihm seit 12 Jahren dienstlich, sprich in der Firma zusammen. Wie gut oder schlecht ist das Skigebiet Sulden aufgestellt? Werner Netzer: Sulden steht finanziell auf gesunden Beinen. Schreibt die Sulden GmbH schwarze ­Zahlen? Werner Netzer: Ja, sonst wäre es wohl schwierig, in Trafoi zu investieren. Interview: Sepp Laner
Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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