Die Agrarpolitik nach 2014

Publiziert in 11 / 2014 - Erschienen am 26. März 2014
EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann bei Fürstenburger Milchtagen. Auch Schaf- und Ziegenhaltung im Fokus. Burgeis - Die Erwartungen an den direkten Informanten aus Brüssel waren hoch. Fachschüler der 3. und 4. Klasse und ihre Lehrer wollten Aufklärung zum Auftakt der Fürstenburger Milchtage 2014 am 17. März über zukünftige Fördermaßnahmen in Berggebieten und Direktzahlungen in der Milchwirtschaft, wenn die Milchquote am 31. März 2015 fallen werde. Dorfmann ver­suchte eine Informationsgrundlage zu schaffen, indem er auf das Innenleben der „Gemeinsamen Agrarpolitik“ (GAP) seit 1980 einging. Begriffe wie Exportsubventionen, Weltpreisniveau, gekoppelte und entkoppelte Direktzahlungen, Milchquotenregelung oder Operationelle Programme wurden in Zusammenhänge gebracht und vor dem Hintergrund der Weltwirtschaft beleuchtet. Nachdem produktionsgebundene Direktzahlungen seit 1992 zu Überschüssen geführt hätten, habe man die Betriebsprämien zu entkoppeln und Direktzahlungen auf die bewirtschaftete Fläche zu berechnen versucht. Dies führte in Südtirols kleinstrukturierter Landwirtschaft zu einer „Direktzahlungsdiskriminierung“. So kamen die Lombardei oder Kalabrien durch die Summe aus Flächenbeitrag und Produktionsprämien auf 570 und 590 Euro/ha, während auf das Trentino-Südtirol nur 63 und auf Aosta nur 43 Euro/ha entfielen. Zur Zeit werde in Rom diskutiert, wie die benachteiligten Berg­regionen am nationalen Durchschnitt von 332 Euro/ha beteiligt werden. Umstritten sei, ob in Berggebieten auch Almflächen in die Berechnung mit einbezogen würden. Die Mindestbeteiligung an den Direktzahlungen - die sogenannte 1. Säule der Agrarförderung - dürfe ab 2019 nicht mehr unter 60% des nationalen Durchschnitts liegen, meinte der Referent. Gute Nachrichten überbrachte Dorfmann auch im Zusammenhang mit der 2. Säule der EU-Agrarpolitik, der Entwicklung des ländlichen Raumes. „Südtirol ist gut aufgestellt. Hier werden wir mehr Spielraum und mehr Geld zur Verfügung haben“, teilte er mit. Konkret würde das eine Anhebung der Geldmittel von 123 auf fast 158 Mio. Euro bedeuten. Befürchtungen, dass durch den Wegfall der Milchquote der Milchpreis fallen würde, hege er kaum, sagte Dorfmann. Durch den hohen Getreidepreis bestünde derzeit kaum Interesse, in die Milchproduktion zu investieren. Aus dem externen Publikum, in dem der Bezirksobmann des Bauernbundes Raimund Prugger und mit Markus Stocker einer seiner Stellvertreter saßen, kamen Fragen nach den Entscheidungswegen für Förderungen der 1. und 2. Säule und nach konkreten Informationen über die Höhe der Beiträge, die beim Bauern ankommen. Es werde in Zukunft einen breiten Einkommens-Mix geben müssen, meinte Dorfmann, sodass die Milchproduktion auch in den Hintergrund treten könnte. Dies wiederum schien die im Saal anwesenden Milchbauern eher zu alarmieren als zu beruhigen. s Schaf- und Ziegentagung Zur Schaf- und Ziegentagung am 19. März konnte die Fachlehrerin Elisabeth Haid (Artgerechte Nutztierhaltung und Milchverarbeitung) Stefan Geissmann vom Landwirtschaftlichen Bildungs- und Beratungszentrum Plantahof bei Landquart in Graunbünden als Referenten begrüßen. Geissmann informierte die Dritt- und Viertklässler der Fachrichtung Nutztierhaltung sowie interessierte Schaf- und Ziegenzüchter aus dem Vinschgau über das relativ neue „Kompetenzzentrum Kleinvieh“ am Plantahof. Im Zuge dieses Projekts wurden Jungtiere aus Herdebuchbetrieben ausgesucht. Neben dem Erhalt der Rassen geht es beim Projekt auch um die Gesundheit der Tiere, um gute Milchinhaltsstoffe, um Parasitenüberwachung, Hornlosigkeit, Fütterung, Intensivaufzucht und andere Aspekte. Am Plantahof und am neu dazu gekommenen Gutsbetrieb Waldhaus in der Nähe von Chur wird nach biologischen Richtlinien mit verpflichtendem Weidegang der Tiere gearbeitet. Es kommt nur eine silofreie Milchproduktion in Frage. In der Schweiz gibt es derzeit übrigens knapp 3.000 Ziegenzüchter, die über 85.000 Ziegen halten, wobei über 32.000 davon Herdebuchtiere sind. Wie schon bei den Ziegen gibt es auch bei den Schafen einen Aufwärtstrend: die Zahl der Schafe ist von 1960 bis 2011 von 226.900 auf fast 412.000 gestiegen. Grundsätzlich hielt Geissmann fest, dass die Nachfrage, ­speziell für Schafmilch stetig steigt. Auch die Schafwolle findet wieder vermehrt Absatz, vor allem in den Bereichen Heimtextilien und Bauisolation. In der Vermarktung seien die Schweizer Ziegen- und Schafzüchter allerdings oft auf sich selbst gestellt. Dass zum Beispiel mehr als die Hälfte des in der Schweiz konsumierten Lammfleischs importiert wird, sei bedenklich. Mehrfach betont hat der Referent auch, dass es nicht jedermanns Sache ist, Schafe und Ziegen zu halten. „Verrückte“ Tierschützer Als puren Wahnsinn nannte Geissmann das Vorgehen bestimmter Tierschützer. Die Emotionen und Diskussionen im Zusammenhang mit der Rückkehr von Großraubtieren würden oft ausarten. Dabei sei es alles andere als ein Spaß, „wenn man es nicht nur mit Einzeltieren, sondern zum Beispiel mit einem Rudel von Wölfen zu tun hat, wie wir es derzeit in der Schweiz erleben.“ Geissmann erinnerte an einen besonders „krassen“ Fall: Auf einen Wilderer, der einen Wolf erlegen wollte, der dabei einen Streifschuss abbekam, wurde ein Kopfgeld von 10.000 Franken ausgesetzt. Aufzucht von Lämmern und Kitzen Die erfolgreiche Aufzucht von Lämmern und Kitzen beginnt laut Geissmann eigentlich schon mit der Versorgung der Muttertiere am Ende der Trächtigkeit. In dieser Zeit ist es wichtig, dass die Tiere ausreichend gutes, sprich nährstoffhaltiges Futter bekommen. Eine einzige Aufzuchtmethode gebe es nicht, sondern mehrere Möglichkeiten. Jeder Betrieb müsse die für ihn passende finden. Auch auf einige Grundregeln verwies der Referent: Versorgung mit Biestmilch innerhalb der ersten Stunde nach der Geburt sowie Einhalten der Hygiene, etwa die regelmäßige Reinigung der Tränkeimer. Kinder und Landwirtschaft Unter diesem Motto wurde am 20. März in der Sennerei Fürstenburg Schülern der Mittelschule „Josef von Aufschnaiter“ aus Bozen der Weg der Milch vom Gras bis zum genussfertigen Produkt erklärt und vorgeführt. sepp
Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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