„Ziehen an einem Strang“
POLITISCHER ZUSAMMENHALT IN PRAD
Ein starkes Team: Karl Bernhart (links) und Werner Egger

Die Teamplayer

Früher spielten sie als Fußballer in einem Team. Heute lenken Karl Bernhart und Werner Egger die Geschicke der Gemeinde Prad. 

Publiziert in 21 / 2018 - Erschienen am 13. Juni 2018

Prad am Stjilfserjoch - Schon in den 1980er Jahren war Werner Egger ein starker Rückhalt für Karl Bernhart. Damals noch beim Fußball in der 1. Amateurliga. Egger als Torwart, Bernhart weiter vorne als Offensivkraft. Heute sind sie Bürgermeister und Vizebürgermeister der Gemeinde Prad am Stilfserjoch. „Man weiß, was man aneinander hat“, betont Bürgermeister Bernhart. Obwohl sie streng genommen für konkurrierende Mannschaften auf Torejagd gehen, der eine für die Dorfliste „Gemeinsam für Prad“, der andere als Vize für die SVP, setzen sie auf Teamwork. 

der Vinschger: Herr Bernhart, Sie wurden bei den Gemeinderatswahlen vinschgauweit als einziger einer Dorfliste zum Bürgermeister gewählt und setzten sich vor den SVP-Kandidaten Alois Lechner und Gerald Burger durch. Wie läuft die Zusammenarbeit mit der Volkspartei? 

Karl Bernhart: Man hatte von Beginn an keine Probleme, sich auf ein gemeinsames Programm zu einigen. Auch die Süd-Tiroler Freiheit wurde miteinbezogen. Wir ziehen an einem Strang, die Zusammenarbeit im gesamten Ausschuss ist sehr gut. Das Arbeitsklima ist ideal, jeder kann mit einer bestimmten Autonomie in seinem Bereich arbeiten und auch Verantwortung übernehmen. Sicher gibt es oft unterschiedliche Meinungen, aber im Großen und Ganzen passt es. 

Und wie sieht die SVP dies, als eigentlicher Wahl-Verlierer? 

Werner Egger: Als der Ausschuss mit vielen verschiedenen Beteiligungen gebildet wurde, war uns von Anfang an klar, dass wir hier nicht parteipolitisch arbeiten werden. Es sollte um Sachthemen gehen. Bisher lief es überaus erfolgreich. Es hat noch keine Kampfabstimmung gegeben. Verschiedene Meinungen sind da, aber schlussendlich einigt man sich. Ich denke, solche Zustände wie in Prad, was die Zusammenarbeit der verschiedenen Parteien betrifft, findet man sonst kaum. Wir wollen gemeinsam etwas weiterbringen. Als Team. 

Bald schon soll es eine Erlebnisstraße hinauf auf das Stilfserjoch geben. Schon jetzt stöhnen viele Prader über den Durchzugsverkehr. 

Bernhart: Mal abgesehen davon, dass man noch abwarten muss, was sich in Sachen Panoramastraße tut, gilt es natürlich so oder so Maßnahmen für eine Verkehrsberuhigung zu setzen. Lärmdämmung und Reduzierung der Geschwindigkeit sind einige davon. Zweiteres soll schon bald in Angriff genommen werden, unter anderem durch verstärkte Kontrollen. 
Egger: Der Verkehr wird in naher Zukunft nicht abnehmen, auch wenn eine Maut oder dergleichen kommen sollte. Natürlich wird oft die Verkehrsproblematik aufgrund des Stilfserjochs kritisiert. Aber de facto ist es ein Wirtschaftszweig, der nun mal durch Prad hindurch führt. Man kann nicht alles haben. Einerseits will man die Ruhe, andererseits soll aber auch die Wirtschaft florieren. Es soll etwas los sein, aber nicht vor der eigenen Haustür. 

Prad ist die einzige Gemeinde, die das Stilfserjoch im Namen trägt. Welche Rolle spielt der Stilfserjoch Nationalpark für die Gemeinde Prad? 

Bernhart: Seit jeher eine bedeutende. Der Nationalpark soll für uns aber keine Last sein, sondern eine Chance. Die hier lebenden Menschen sollen durch den Park nicht eingeengt werden. Die Wünsche und Anliegen sollen bei der Erstellung der neuen Parkordnung berücksichtigt werden. Nur so kann der Park bei der Bevölkerung eine gewisse Akzeptanz gewinnen.    

Stichwort Tourismus. Wie geht es diesem in Prad? 

Egger: Es gibt mittlerweile weniger kleine Betriebe. Privatzimmervermieter, die nur wenige Zimmer vermieten, haben abgenommen. Einerseits durch die bürokratischen Hürden, andererseits weil sie privat genutzt werden. Dafür haben wir zwei sehr gut arbeitende Hotels und zwei Campingplätze in Prader Händen. Sicherlich ist Prad eher ein Durchzugsgebiet für Sulden und teils auch für Trafoi. Davon profitiert Prad aber auch. Möglichkeiten gibt es hier zuhauf. Aufholbedarf ist aber natürlich noch da.

Im oberen Vinschgau tobt die Pestizid-Diskussion. Was bekommt Prad davon zu spüren? 

Bernhart:  Man kann die Situation zwischen Mals und Prad nicht vergleichen. Der Obstbau in Prad ist schon sehr weit fortgeschritten. Wir setzen auf Dialog und eine konstruktive Auseinandersetzung. Verbote allein machen dabei absolut keinen Sinn. Das Bestreben muss es natürlich sein, den Einsatz von Pestiziden zu verringern bzw. zu vermeiden. Aber ich sehe hier ohnehin eine positive Entwicklung. Das geht einigen natürlich viel zu langsam, anderen aber auch viel zu schnell. 

Welche Bauvorhaben stehen in der Gemeinde an? 

Egger: Die Sanierung der Mittelschule soll in den nächsten Jahren abgeschlossen werden. Die Bauwirtschaft boomt derzeit. Deshalb war es heuer sogar schwierig Handwerker zu finden. Das 2. Baulos in Sachen Mittelschule musste somit auf das nächste Jahr verschoben werden und wird dann gemeinsam mit dem 3. Baulos verwirklicht. In Lichtenberg wird derzeit das alte Widum-Gebäude saniert. Im Erdgeschoss entsteht ein Hauspflegedienst, im Obergeschoss zwei Altenwohnungen und darüber eine Pfarrwohnung. Auch der Bau des Feuerwehrgerätehauses in Lichtenberg startet bald. In der Sportzone Prad sind Maßnahmen zur Aufwertung geplant. Auch in Sachen „Alt werden in Prad“ sind wir dabei, ein Konzept zu verabschieden, das Wohngemeinschaften mit einer 24-Stunden-Betreuung vorsieht. Im 2. Baulos der Seniorenstruktur St. Antonius soll auch eine Kindertagesstätte untergebracht werden, weil es im Kindergarten aufgrund der steigenden Kinderzahl zusehends eng wird. 

Warum gibt es in Prad einen Bevölkerungszuwachs seit einigen Jahren? 

Egger: Sicherlich aufgrund unserer großen Gewerbezone. Zudem kommen schon seit Jahren Menschen aus der Gemeinde Stilfs zu uns. Des Weiteren hat Prad in den vergangenen Jahren Grundstücke für den geförderten Wohnbau zur Verfügung gestellt. Dies nutzen einige Familien aus den umliegenden Gemeinden, auch weil, wiederum aufgrund der starken Gewerbezone, häufig ein Familienteil ohnehin in Prad arbeitet. Auch hat Prad aufgrund seiner Lage und seiner vielfältigen Angebote an Attraktivität gewonnen.

Wie steht es um die Sennerei Prad? 

Egger: Nach längerer Suche ist es der Eigenverwaltung B.N.R. von Prad gelungen, einen Pächter für die Dorfsennerei zu finden. Seit November 2017 ist ein belgischer Käseproduzent, mit Wohnsitz in Nauders, dabei, Umbau- und Optimierungsarbeiten durchzuführen, um größere Mengen von Kuh- und Ziegenmilch zu veredeln. Die Milch wird von lokalen Bauern angeliefert. Wir als Gemeinde sind froh, dass die Sennerei wieder in Betrieb ist und auch wieder den Namen Dorfsennerei Prad tragen wird. 

In diesen Tagen wurde Georg Wunderer, Obmann des E-Werks Prad,
zu Grabe getragen. 

Bernhart: Ein großer Verlust für Prad. Er hat sehr viel für die Dorfgemeinschaft geleistet. Sein Tod reißt ein großes Loch in unserer Mitte. Wir sind ihm für seine Pionierleistungen vor allem im Energiesektor zu großem Dank verpflichtet.
Egger: Er hat tiefe und prägende Spuren in der Gemeinde Prad hinterlassen. An dieser Stelle nochmals ein aufrichtiges Beileid an die Familie. 

Wie steht es um Ihre politische Zukunft? 

Bernhart: Jetzt müssen wir erstmal diese fünfjährige Verwaltungsperiode bis 2020 erfolgreich zu Ende bringen. Dann schaut man weiter. Was kommt, wird sich ergeben. Ideen und Visionen gibt es immer. Das ist wichtig. Aber man weiß nie, was das Leben bringt. 
Egger: Dem ist nichts hinzuzufügen. Niemand kann in die Zukunft blicken. Hier und heute wissen wir aber, dass wir als Teamplayer weiterarbeiten wollen. Wie beim Fußball. Nur wenn die Mannschaft eine Einheit bildet, ist man stark. 

Michael Andres
Michael Andres
Vinschger Sonderausgabe

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