Was jetzt, SVP?
Vinschger Funktionäre sprechen Klartext
Der Wahlkampf hat bereits begonnen: Irmgard Gamper und Albrecht „Abi“ Plangger.

„Die Vinschger müssen Vinschger wählen“ 

Was im heurigen Wahljahr besser werden soll: SVP-Bezirksobmann Albrecht Plangger und seine Stellvertreterin Irmgard Gamper im Interview.

Publiziert in 2 / 2023 - Erschienen am 31. Januar 2023

VINSCHGAU - Quo vadis SVP-Vinschgau? Eine Frage, die sich heuer angesichts der Landtagswahlen im Herbst freilich stellt. Eine Frage, auf die „Abi“ Plangger – der Mann aus dem oberen Vinschgau -  und Irmgard Gamper – seine Stellvertreterin aus Latsch - im der Vinschger-Interview Antworten suchen. Sie sind sich jedenfalls sicher: Mit etwas mehr Tal-Patriotismus und Selbstbewusstsein hätte es der Vinschgau in der Hand zwei Landtagsabgeordnete zu stellen. Die beiden SVP-Funktionäre über gemachte Fehler, Enttäuschungen, Ziele, mögliche Strategien und vieles mehr. 

der Vinschger: Herr Plangger, einige Monate nach den Parlamentswahlen. Haben Sie die persönliche Enttäuschung überwunden? 

Albrecht Plangger: Die letzten Monate waren noch relativ arbeitsintensiv. Bis Anfang Dezember hatte ich durchaus etwas Stress. Es galt Akten zu holen, zu ordnen und noch einige Dinge in Rom zu erledigen. Dabei kam ich mir schon oft auch wie bestellt, aber nicht abgeholt vor. Ich sagte mir, du musst ja was „gscheides“ tun, nicht nur hier das Archiv einrichten und aufräumen. Die Enttäuschung war da, ist aber jetzt überwunden, ja. Meine Arbeitsbereiche habe ich den Kollegen in Rom weitergegeben. In die wichtigen Vinschgau-Themen bin ich nach wie vor voll involviert, nun halt nicht mehr als Parlamentarier, sondern auf einer sehr viel niedrigeren Stufe als Vinschger SVP-Obmann. Es gilt nach vorne zu blicken, schließlich stehen heuer die Landtagswahlen an.  

Sie haben es angesprochen. Im Herbst wählt Südtirol den neuen Landtag. Die letzten Landtagswahlen waren enttäuschend, nur Sepp Noggler schaffte den Sprung in den Landtag. Dort blieb für ihm das Amt des Landtagspräsidenten, einen Landesrat stellte der Vinschgau aber nicht. Was ist heuer drin? 

Albrecht Plangger: Das Ergebnis damals war nicht zufriedenstellend, keine Frage. Das Ziel diesmal ist klar. Wir wollen 2 Vinschger in den Landtag bringen. Einer oder eine sollte in die Landesregierung kommen. Das war zuletzt das ganz große Manko. Wenn man politisch mitreden und dabei sein will, dann bräuchte es mindestens zwei im Landtag. Dann ist alles anders. Allein ist man immer schwach. Zu zweit ergänzt man sich und kann dann viel besser arbeiten. 
Irmgard Gamper: Es braucht eine Person aus dem Vinschgau in der Landesregierung. Dann kann man die Vinschger Themen viel prominenter und gewichtiger platzieren. Das muss das Ziel sein. Da sind wir uns in der Vinschger SVP alle einig. 

Wann startet der Vinschgau in den Wahlkampf? 

Albrecht Plangger: Wir wollen so früh wie möglich die Kandidaten haben. Mit Ende Jänner galt es in der Bezirksleitung Vinschgau die „Marschroute“ zu beschließen. Jetzt sollen vor allem Kandidatenvorschläge auf den Tisch. Mit all diesen werden wir als Bezirksführung dann umgehend persönlich reden und sie zum Mitmachen bei den Vorwahlen motivieren. Wir möchten, dass die Wähler bei der Vorwahl eine echte „Auswahl“ haben. Der Vinschgau als politischer Bezirk stellt laut Parteistatuten schlussendlich eine Kandidatin und einen Kandidaten. Das steht schon jetzt fest. Ich hoffe, dass es mehrere Bewerber/innen sind, somit könnte man schon bald anständige Vorwahlen machen und viele Wähler in den Auswahlprozess einbinden. Bei den Landtagswahlen 2018 sind wir mit der Nachnominierung von Maria Herzl aus Stilfs in den August reingekommen. So etwas darf diesmal nicht mehr passieren. Der Kandidat und die Kandidatin sollen im März feststehen. 

Die Bauern wählen bereits ihre Kandidaten. Darunter auch Sepp Noggler. Die Ergebnisse der Vorwahlen sollen am 3. Februar bekannt gegeben werden. Wie reagiert der Vinschgau? 

Irmgard Gamper: Ab dann wird sich auch bei uns im Bezirk mehr tun und vielleicht alles konkreter. Bisher werden offiziell keine Namen gehandelt, außer eben Sepp Noggler. Da schauen wir, wie es ausgeht, er dürfte sich so oder so dann um einen Platz auf der Bezirksliste bewerben. Die SVP-Frauenleitungen der Bezirke Vinschgau und Burggrafenamt haben auf einer gemeinsamen Sitzung am Dienstag, 24. Jänner ihre insgesamt 7 Bürgermeisterinnen - davon mit Verena Tröger und Roselinde Gunsch Koch 2 aus dem Vinschgau -  als Wunschkandidatinnen vorgeschlagen. Aber natürlich kann darüber hinaus jede und jeder aktiv Kandidatinnen und Kandidaten suchen und Vorschläge einbringen. Sollte es dann mehrere Bewerber und Bewerberinnen für die zwei Vinschger Plätze geben, dann geht es in die Vorwahl. 

Könnte es auch einen unabhängigen Kandidaten geben? 

Albrecht Plangger: Vieles ist möglich. Der Kandidat oder die Kandidatin muss sicher kein alteingesessenes Parteimitglied sein. Aber er oder sie sollten die Werte der Südtiroler Volkspartei tragen und auch bereit sein, in der Partei Mitglied zu werden - bei einer etwaigen Kandidatur. 

Sollte es mehrere Interessierte geben. Wie sieht so eine Vorwahl aus? 

Albrecht Plangger: Wir hoffen, dass es mehrere Kandidaten und Kandidatinnen gibt und streben diesmal eine offene Vorwahl auf möglichst breiter Basis an. 2018 war die Vorwahl zwischen Elfi Kirmaier und Sonja Platzer noch SVP-intern nach Stimmrechten. Diesmal sollten zumindest alle Parteimitglieder entscheiden können, und wenn es organisierbar – und finanzierbar ist, dann sollten sich alle Vinschger Wähler und Wählerinnen an der Vorwahl beteiligen können.  
Irmgard Gamper: Der Vorteil einer solchen Wahl ist, dass man schon früh einen Wahlkampf betreiben kann, der über die Parteimitglieder hinausgeht. Ein weiterer großer Vorteil ist, dass die Bevölkerung von Anfang an in die demokratische Entscheidung miteingebunden wird und sich so mit den Kandidaten identifizieren kann. Dadurch kann der Vinschgau die richtigen Kandidaten finden, die auch bei Nicht-SVP-Mitgliedern gut ankommen. 
Albrecht Plangger: Ein Nachteil sind aber natürlich die höheren Kosten und der bürokratische Aufwand. 

Könnte es einen landesweiten Kandidaten geben? 

Albrecht Plangger: Unsere Aufgabe ist es, die zwei Bezirkskandidaten zu ermitteln. Außer unserem bisherigen Landtagsmandatar Sepp Noggler, welcher zuletzt vor allem aus dem Lager der Landwirtschaft viele Vorzugsstimmen aus dem ganzen Land erhalten hat, sehe ich wenige Landeskandidaten im Vinschgau, sondern schon eher nur Bezirkskandidaten bzw. Bezirkskandidatinnen. 

Was muss diesmal besser werden? 

Albrecht Plangger: Letztes Mal war das Ergebnis personell nicht gut. Im Vinschgau hat die SVP mit 51Prozent aber immerhin noch die absolute Mehrheit behalten. Mit über 10.000 SVP-Wählern, die insgesamt 40.000 Vorzugsstimmen verteilen konnten, hätte es schon möglich sein müssen, für die Bezirkskandidaten 7000 bis 8000 Vorzugsstimmen zu reservieren. Vom Vinschgau sind zum Beispiel über 5000 Stimmen an die Burggräfler Kandidaten und Kandidatinnen gegangen und umgekehrt nur 2000 zurück, obwohl das Burggrafenamt mehr als doppelt so viele SVP-Wähler hat. Das Verhältnis müsste genau umgekehrt sein. Die logische Schlussfolgerung: Wenn die Vinschger wollen, können wir auch die Vinschger in den Landtag wählen. Bei 4 Vorzugsstimmen dürfte das kein Problem sein. Wir haben es selbst in der Hand. Die Vinschger müssen halt auch Vinschger wählen. 
Irmgard Gamper: Es würde uns in dieser Situation sicherlich guttun, wenn wir zuerst auf unseren Bezirk schauen und geschlossen hinter unsere Bezirkskandidaten stehen und diese bei den Wahlen dann auch unterstützen.

Warum geschah das nicht? 

Albrecht Plangger: Historisch nachweisbar geben die Vinschger nur 2,75 statt der möglichen 4 Vorzugsstimmen ab.  Daher haben im Vinschgau nur wenige Kandidaten Platz. Wenn auch der Landeshauptmann, der Parteiobmann und verdiente Landesräte Vorzugsstimmen kriegen sollen, dann wird es knapp. Gerade deswegen müssen wir die Kandidatenzahl niederhalten. Auch braucht es für diesen Wahlkampf ein zugfähiges Wahlkampfthema, wie es in anderen Wahlkämpfen die Energie oder der Stromstreit waren. Wie erwähnt wurden vielleicht personelle Fehler gemacht. Es war auch schwierig, etwa wegen dem Rückzug von Elfi Kirmaier (Anmerkung der Redaktion: Die Vinschger Kandidatin, deutsche Staatsbürgerin, musste ihre Kandidatur zurückziehen, da sie nicht rechtzeitig zur Listenhinterlegung bis Ende August die italienische Staatsbürgerschaft erhalten hatte). Frau Herzl kam dann erst im August als Kandidatin hinzu, da konnte man dann kaum mehr einen Wahlkampf machen. 

Frau Herzl erhielt im Vinschgau 734 Stimmen, Dieter Pinggera 3644 und Josef Noggler, der immerhin schlussendlich mit rund 10.000 Stimmen insgesamt als einziger Vinschger den Einzug in den Landtag schaffte, erhielt in „seinem“ Bezirk 5755 Stimmen. Da ist Luft nach oben? 

Albrecht Plangger: Eindeutig. Das war so, und das wird auch so sein. Ich sag ja, zu wenig SVP-Stimmen aus dem Vinschgau waren es. Das machte den Ausschlag für das schlechte Ergebnis. Die Vinschger müssen, wie erwähnt, Vinschger wählen. Das wollen wir nun auch stärker im Wahlkampf kommunizieren. Mindestens 70 Prozent unserer Stammwähler müssten 2 von 4 möglichen Vorzugsstimmen im Tale behalten. Dies sollte zumutbar sein. Um einen solchen Vertrauensvorschuss werden wir im Wahlkampf bitten. Dieser würde sich für die Vinschger Wähler sicherlich auszahlen. Ein 70-Prozent-Ergebnis ist möglich. Der Franz Kompatscher hat bei den letzten Wahlen im Wipptal bedeutend mehr als 70 Prozent erhalten.  Auch viele Bürgermeister im Tal haben bei Gemeindewahlen in der Vergangenheit ein 70- bis 80-Prozent-Ergebnis erreichen können. Es braucht eben diesen Vertrauensvorschuss für unsere Vinschger Kandidaten. 
Irmgard Gamper: Wichtig ist auch, dass unsere Kandidaten als Team auftreten und einen gemeinsamen Wahlkampf führen.

Gibt es schon Strategien? 

Irmgard Gamper: Ideen für Strategien gibt es, ja. Aber wir wollen erst die Wahlordnung  analysieren (Anm.: Die Mitteilung der SVP-Wahlordnung für die Wahl an die Bezirke war für 30. Jänner vorgesehen). Im Laufe des Februars werden sicherlich erste Schritte gemacht. Wie bereits erwähnt, sollen ja die fixen Kandidaten schon spätestens bis Ende März feststehen. Wir wollen einen guten, einen langen Wahlkampf – und schlussendlich einen erfolgreichen. 

Stefan Premstaller, der SVP-Landessekretär, der auch den Wahlkampf leiten sollte, hat seinen Rücktritt erklärt. Dabei gehe es nicht um parteipolitische Gründe, wie er betonte. Darauf legte er Wert. Aber: Was hat das zu bedeuten, 9 Monate vor der Landtagswahl? 

Albrecht Plangger: Den Bezirks-Wahlkampf müssen wir alleine machen, sein Rückzug spielt dabei keine Rolle. 
Irmgard Gamper: Dass nun mit dem Kastelbeller SVP-Ortsobmann Martin Karl Pircher ein Mitglied unserer Bezirksleitung die Position des SVP-Landessekretärs einnimmt, reicht uns im Wahlkampf bestimmt auch zum Vorteil.

Was sind die brennendsten Vinschger Themen – die auch Wahlkampfthemen sein könnten? 

Albrecht Plangger: Das Schülerheim in Mals, sowie die Tiefbauhalle in Schlanders und der Schnellbus von Mals nach Landeck. Das sind drei große Themen derzeit, die aber nicht Wahlkampfthema werden sollten. Denn diese Entscheidungen gilt es bereits davor zu treffen.  Wir wollen im Wahlkampf nicht nur Vorschläge einbringen, sondern auch Ergebnisse der politischen Arbeit präsentieren. Ständige Themen, und dann können wir auch konkret von Wahlkampfthemen sprechen, bleiben das Krankenhaus Schlanders – wo es durchaus offene Baustellen gibt – der Mangel an Ärzten und Pflegekräften, der Nationalpark Stilfser Joch – auch hier gibt es Personalmangel – sowie Prozessionsspinner und Borkenkäfer. 
Irmgard Gamper: Ein weiteres Thema, das uns im Vinschgau ständig betrifft und Thema im Wahlkampf sein muss, sein soll, ist die Mobilität. Der Verkehr hier bei uns nimmt immer mehr zu. Es gilt, zeitnah Lösungen umzusetzen, die zu schnellen Erleichterungen führen, wie zum Beispiel Kreisverkehre. In Nordtirol wird ab 2025 die Luegbrücke saniert, ein Abschnitt der Brennerautobahn ist ab dann nur mehr einspurig befahrbar. Hier werden massive Verkehrsprobleme in Südtirol erwartet. Viele werden auf den Reschenpass ausweichen. Das dürfte zu einem weiteren erheblichen Verkehrsaufkommen führen – und das Verkehrsaufkommen ist ja jetzt schon immens. Hier gilt es ebenfalls rechtzeitig Lösungen zu finden. 

Ein Thema im oberen Vinschgau sind auch immer die Grenzpendler. Fluch oder Segen? 

Albrecht Plangger: Beides. Betriebe bilden die Fachkräfte aus, dann wandern diese ab. Wir müssen auch hier Lösungen finden. Es müsste gelingen, dass Leute, die hier bestens ausgebildet werden, auch etwas länger hierbleiben, damit die Rechnung für die ausbildenden Betriebe aufgeht. Vielleicht auch durch entsprechende Verträge bereits in der Ausbildung. 
Irmgard Gamper: Es ist ein Problem des oberen Vinschgaus, ja. Der mittlere und untere Vinschgau sind davon zwar weniger betroffen, aber in vielen Berufen kommt es generell zu Personalmangel, etwa in der Pflege. Das muss man an dieser Stelle auch betonen. In vielen Bereichen bleiben die Menschen lieber im Ausland oder gehen dorthin. Da muss man Lösungen finden, auch durch attraktive neue Arbeitsformen. 

Ein weiteres Dauerthemen im Vinschgau ist die Trockenheit, Stichwort Wasserversorgung in der Landwirtschaft.  

Albrecht Plangger: Es braucht Wasser. Viel Wasser. Und bedeutend mehr Speichervolumen. Insbesondere im oberen Vinschgau fehlen Beregnungsanlagen. Es gibt große Projekte und dafür braucht es aber entsprechend höhere Förderungen. In diesem Bereich gibt es einiges zu tun. Die Wasserversorgung muss besser werden, auch in den Seitentälern. Das sind Themen, die für den Vinschgau einfach wichtig sind. Und wo wir schauen müssen, weiterzukommen. 

Angesichts der steigenden Energiepreise. Was könnte sich energiemäßig im Vinschgau tun?

Albrecht Plangger: Im Vinschgau haben wir lange eine führende Rolle in Sachen Energie gespielt. Da müssen wir zurück zu alter Stärke. Wir haben hier nämlich viel Potenzial. Und zwar in Sachen Wasserkraft, Fotovoltaik und auch was Windräder betrifft. Diese Themen müssen wir künftig wieder verstärkt aufgreifen. Gerade durch die aktuelle Krise und durch weitere genossenschaftliche Zusammenschlüsse – Energiegemeinschaften -  könnten sich für den Vinschgau neue Chancen ergeben. 

Die Süd-Tiroler Freiheit fordert immer wieder eine Realisierung der Reschenbahn. Wie steht die SVP dazu? 

Albrecht Plangger: Wir wollen, dass Mals nicht Endstation bleibt, sondern, dass der Vinschgau nach Norden und Süden mit der Welt verbunden wird. Jetzt werden diesbezüglich geologische Untersuchungen und Kostenberechnungen gemacht. Dann wird die Politik entscheiden, ob der Zug über Scuol oder über den Reschen nach Landeck fährt. Hauptsache er fährt weiter. Aber es ist ein langfristigeres Thema. 
Irmgard Gamper: Priorität hat die Schnellbus-Verbindung von Mals nach Landeck. Das ist zeitnah umsetzbar, das Projekt könnte noch mit Ende des Jahres starten. 

Michael Andres
Michael Andres

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