Einzigartiger und wertvoller Tag
Ermutigung war das Thema des 6. Vinschger Wertetages
Nur als Schnappschuss zu erwischen: die Organisatoren Paula Tasser und Stefan Rechenmacher
Meinrad Feichter und Manfred Schweigkofler
Meinrad Feichter ließ Schlechtes und Gutes in seinem Lebensrahmen zu.
Karl Pilsl will mit 70 durchstarten.
Déborah Rosenkranz als musikalische Botschafterin

„Drei total inspirierende Menschen“

Aus Lebenskrisen kann man lernen, bestätigten die Referenten am Wertetag

Publiziert in 42 / 2019 - Erschienen am 3. Dezember 2019

Schlanders - Schneeregen und Stromausfall waren der Rahmen für den 6. Wertetag und gaben dem Motto des Tages „Ermutigung“ besondere Bedeutung und eine besondere Richtung. Anstatt die Liste derjenigen zu verlesen, die wegen Muren und Schneefall nicht anwesend waren, eröffnete xpand-Südtirol-Vertreter, Organisator und Moderator Manfred Schweigkofler den Tag mit Humor und Geschichten und kündigte „drei total inspirierende Menschen“ an. 

Scheitern macht gescheiter

Den Top-Unternehmer und Inspirator Karl Pilsl stellte er als „Menschenspezialist“ vor, dem er vor 20 Jahren die Erkenntnis verdanke: „Du wirst hinfallen, aber das Scheitern gehört zum Gelingen dazu“. Dem Publikum rief der 71-jährige Pilsl zu: „Mit 70 fängt ein neues Leben an!“ Es folgte ein Feuerwerk an Sprachbildern, Denkweisen und Erkenntnissen. Als sich keine Hand erhob auf die Frage: „Ist noch nie jemand gescheitert?“, meinte Pilsl: „Dann kommt man in den Himmel und kennt sich nicht aus. Das kann nicht der Sinn des Lebens sein, dumm in den Himmel zu kommen.“ Er setzte sich mit dem Vorgang des Scheiterns auseinander, den er einen Prozess nannte und den er fast in Zungenbrecher-Manier definierte: „Ich tue Dinge, die andere Menschen nicht bereit sind zu tun, dann kann ich Fehler machen, die andere nicht machen können. So kann ich Dinge lernen, die andere nicht lernen können…“ Scheitern macht gescheiter, lautete ein echter Pilsl-Satz. Den Geburtstag und den Tag, an dem man herausgefunden hat, warum man auf der Welt ist, hielt Pilsl für die beiden wichtigsten Tage jedes Menschen. Es sei so einfach: „Unsere Aufgabe ist es, in die Welt hinauszugehen und Licht und Segen für die Menschen zu sein.“ Wenn jemand Antworten habe auf die Herausforderungen dieser Welt, seien es die Christen. Nicht die, die Angst vor der Finsternis haben, auch nicht die, die kämpfen, sondern die, die mit Jesus im Siegeszug einziehen, darunter die erfolgreichen Unternehmer. Pilsl fragte, warum Südtirol so ein erfolgreicher Fleck Erde sei und antwortete: „Nicht weil die Deutschen auf Urlaub kommen, sondern weil es hier Bergführer gibt, keine ‚Bergtreiber“, auch keine Bergmanager.“ Der Manager liefere Zahlen und beziehe sich auf Studien, der Bergführer schwärme und entwickle die Vision des gemeinsamen Gipfel-Erlebnisses. Pilsl entwickelte seine „Erfolgsformel“ mit den „5 W’s“: „Wir verbinden das W-issen der Jugend mit der W-eisheit des Alters auf einem W-ertefundament, von dem wir wissen, dass es tragfähig ist und fruchtbar. Das führt automatisch zu
W-achstum und Wachstum führt automatisch zu W-ohlstand.“

Wissen, wer man ist

Die 2. Ermutigung des Tages kam mehrfach als musikalische Botschaft von Déborah Rosenkranz. Die französisch-deutsche Sängerin, „Songwriterin“, Buchautorin und Motivationssprecherin hatte ihre Lebensgeschichte mit „Stärker denn je“ überschrieben. Moderator Schweigkofler kündigte sie als die „Ciliegina“, das Kirschlein, des heutigen Wertetages an und meinte: „Die Deborah ist eine jener Personen, die man nach 20 Sekunden lieb hat und die uns nach 20 Sek inspiriert.“ Sie bedankte sich für die charmante Anmoderation und gab zu, dass es in ihrem Leben einige Abstürze gegeben habe. „Aber wenn das Leben zerbricht, ist das nicht das Ende. Wir können auch in unserer Zerbrochenheit noch Licht sein“, meinte sie. Ein schnell hingeworfener Sager des Lieblingslehrers habe ihr den Boden unter den Füßen weggezogen. Sie, die beste Handballspielerin der Schule, wurde gefragt: „Wie kann man mit so viel Fett überhaupt laufen?“ In ihr habe sich eine Lüge festgesetzt: „Du kannst erst geliebt werden, wenn du so schlank und schön bist wie die anderen; vorher bist du der Liebe nicht würdig.“ Es folgten 7 Jahre des Abnehmens und Lügens, bis sie einen Arzt zu ihrer Mutter sagen hörte: „Wir können medizinisch nichts mehr für Ihre Tochter tun.“ Die verzweifelten Gebete ihrer Eltern seien ihr eines Abends zu Ohren gekommen und hätten sie wie ein Hoffnungsstrahl im Herzen getroffen. Prompt stieg die Sängerin auf die Bühne und drückte ihre damalige Verzweiflung mit einem Lied aus. Im Text: „Ein verzweifelter Schrei, ein Gebet kann mich befreien. Die Fassade zerbrach in mitten der Nacht...“ Déborah wurde geheilt, überwand Magersucht und Bulimie. Nichts sei zurück geblieben, aber bald sei ihr langweilig geworden. Sie verliebte sich. Es war Glück im Übermaß. Sie hatte alles und merkte nicht, wie ihr Freund, ein Narzisst, ihr langsam alles nahm, Freunde, Auftritte, Familie, Stimme und Selbstwertgefühl. Sie habe sich gefragt, wie sie so tief fallen konnte. Dann wurde ihr klar: „Ich wusste nicht, wer ich bin“. Sie habe zwar in der Bibel gelesen, aber den Satz „Ich habe dich wundervoll und einzigartig erschaffen“ nicht geglaubt. Mit der Diagnose „schwere Depression mit Burnout-Syndrom“ habe sie ein Andachtsbuch aufgeschlagen. Dort sei sie auf das Wort „vergib“ und Tage später auf „vergib und segne“ gestoßen. Dabei war sie voller Hass auf diesen Mann. Da fiel ihr die Kreuzigung ein und Jesu letzte Worte: „Vater, verzeih ihnen..“ Es habe gedauert, bis sie eingesehen hatte: „Wenn du frei werden willst, musst du verzeihen. Wenn du leben möchtest, musst du vergeben. Aber du musst nicht selbst die Kraft aufbringen. Du kannst den Glauben als Kraftquelle anzapfen.“ Wieder bestieg Déborah Rosenkranz die Bühne und sang „Love Again“, Liebe weiterhin.

Dankbar annehmen & vergeben

Dem 3. „total inspirierenden Menschen“ setzte sich Schweigkofler zum Gespräch gegenüber. Die Geschichte des Meinhard Feichter aus dem Pustertal begann mit einer Reise. Er war mit dem Fahrrad im hohen Norden unterwegs. Auf einer Fähre kam es ohne Rad „zu einem banalen Sturz“. Einige Wirbel brachen in sich zusammen. Unter unsäglichen Schmerzen wurde er auf abenteuerliche Weise von Norwegen in ein Südtiroler Krankenhaus gebracht. Die Diagnose „Multiples Myelom“ sagte ihm nichts, aber niederschmetternd war die Erklärung dazu: „Knochenmarkkrebs im 3. Stadium, unheilbar“. Sehr abgeklärt, sehr sachlich erzählte Meinrad Feichter von zwei Nahtoderlebnissen und dass die Ärzte seinem Körper die „Entscheidung“ überlassen mussten. „Die Fragen nach dem Warum, warum ich und warum jetzt, haben sich erst eingestellt, als ich einigermaßen bei Sinnen war“, erzählte er. Ihm fiel ein Standard-Satz in Todesanzeigen ein: „Er hat seinen Kampf zu Ende gekämpft“. Vielleicht hätte auch er gekämpft, meinte Feichter. „Nur wusste ich nicht recht, womit und gegen wen. Unheilbar heißt, ich würde verlieren. Ich habe was anderes gemacht. Grundsätzlich bin ich ein positiv denkender Mensch. Ich hab mir gedacht, wie kann ich das alles umdrehen. Ich habe versucht, den Tumor neben mich zu stellen, wie einen Kollegen, und zu sagen: Du Tumor, du bist jetzt bei mir, wie wär‘s, wenn wir beide ein Auskommen versuchen. Ich habe so etwas wie ein Gentleman Agreement entwickelt. Es sind jetzt unfassbare 8 Jahre vergangen. Die Lebenserwartung bei diesem Tumor sind ungefähr 4 Jahre. Scheinbar hat meine Haltung funktioniert.“ Der Moderator zitierte aus Feichters Buch „Gezählte Tage, sind kostbare Tage“ und man kam auf Meinrads Gottesbild zu sprechen. Das sei immer positiv gewesen. „In meinen schlimmsten Momenten habe ich gespürt. Da gibt es eine tragende Hand. Ich hatte immer den Eindruck, er nimmt mir nicht die Last, aber er stärkt mir die Schultern.“ „Wir sind alle Gewinner“ war die letzte musikalische „Message“, Botschaft, von Déborah Rosenkranz.

Günther Schöpf
Günther Schöpf

Diese Seite verwendet Cookies für funktionale und analytische Zwecke. Lesen Sie unsere Cookie-Richtlinien für weitere Informationen. Durch die Nutzung dieser Website erklären Sie sich damit einverstanden.