„Einfacher wär‘, die Regierung löse das Volk auf und wähle ein anderes“

Publiziert in 31 / 2008 - Erschienen am 10. September 2008
Es geschah nach der zweiten Wortmeldung des Abends. Ein Bürger aus Laatsch, der Josef Noggler, SVP-Kandidat und amtierender Bürgermeister von Mals, Untätigkeit in Sachen Verkehrssicherheit vorgeworfen hatte (Noggler wies diesen Vorwurf von sich), zitierte resigniert aus den „Unpopulären Betrachtungen“ Bert Brechts. Dass es eine der wenigen Wortmeldungen bleiben würde, die von einem „Bürger“ im Saal kam und präzise den Kompetenzbereich eines Kandidaten betraf, konnte um 21.15 Uhr noch niemand ahnen. Eher vorhersehbar, aber unvermeidlich war das Auftreten von Kandidaten aus anderen Bezirken, die entweder ihren Mitstreitern Gelegenheit boten, sich darzustellen und ihre Parteilinie ins Gespräch zu bringen, oder die dem einzigen Mitglied der Landesregierung, Landesrat Richard Theiner, auf die Pelle rückten. So war die Liste Grüne/­BürgerListeCiviche mit massiver Prominenz im Saal und belegte vom Saal aus die Themen ­direkte Demokratie und Verkehr, während Kandidatin Waltraud Plagg dem Freiheitlichen Oswald Angerer den Wind zum Thema Einwand­erung aus den Segeln nahm. Ein Mitstreiter der Union sorgte dafür, dass ihr Kandidat Manfred Niederl sein Statement über die wirtschaftliche Situation und seine Anklage an die SVP, für die Steuerlast selbst verantwortlich zu sein, doch noch los wurde. Aus den Reihen der Union und der Süd-Tiroler Freiheit prasselten die Vorwürfe betreffend Kaufkraftschwund und Politikergehälter auf Richard Theiner. Dies bewog PD-Kandi­dat Bruno Pileggi von „einer Einbahnstraße der Diskus­sion“ zu sprechen. Für den wirtschaftsschwachen Bürger sei der Bau von Einkaufszentren notwendig, stellte er fest. Von höchster Parteispitze der Süd-Tiroler Freiheit kam die Einschätzung, dass man die Südtiroler schon für sehr blöde halte, kurz vor den Wahlen von der Halbierung der Politikergehälter zu reden. Rudi Maurer, BürgerListe­Civiche, wunderte sich ebenfalls, wie derzeit unterstützt und gefördert werde, ohne auf wahre Bedürfnisse zu achten. Ähnlich Christine Taraboi Blaas, ­Union, die die Landespolitiker auf 1.200 Euro Gehalt pro Monat setzen möchte. Trotz mehrfacher Versuche gelang es den Freiheitlichen kaum, die Überteuerung und Nutzlosigkeit der Knoflacher’schen Verkehrs­studie und die lasche Einwanderungspolitik als Themen in den Vordergrund zu rücken. Auch zum Bürokratie-Abbau hatte ihr Vertreter Peppi Stecher nur einen kurzen Satz im Schlusswort parat. Nach und nach setzten alt gediente Parteisoldaten der SVP zum Kreuzverhör an, indem sie Finanzierungsvorschläge forderten und Aussagen zum „Riesenproblem Nationalpark“, zum Stausee und zu Wirtschafts­themen verlangten. Dabei konnte der Teilnehmer der Süd-Tiroler Freiheit, ­Reinhold Ladurner, die Fragesteller nur bedingt zufriedenstellen. Fragen, wie kleine Betriebe bei verspäteten Investitionsbeiträge überleben sollen, warum Solaranlagen wegen des „Gaswerkes“ in Schlanders nicht mehr gefördert werden oder was die Parteien speziell für junge Erwachsene tun möchten, wurden nur unzulänglich beantwortet oder endeten zwangsläufig bei Landesrat Richard Theiner, dem es leicht gemacht wurde, nicht nur bei Anhängern zu punkten mit Hinweisen auf nationale Kompetenzen, auf Kollektivverträge, auf die fehlende Steuerhoheit und mit dem Versprechen, die Untertunnelung von Kastelbell nicht aus den Augen zu verlieren oder das Auszahlen der Förderbeiträge neuerlich auf die Tagesordnung zu bringen. Günther Schöpf
Günther Schöpf
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