Es geht ums Haushalten
Publiziert in 1 / 2008 - Erschienen am 16. Januar 2008
Bis vor wenigen Jahren musste man einräumen, dass im Gegensatz zur natürlichen Landschaft in Südtirol die politische eher eintönig war. Entsprechend problemlos und übersichtlich waren die Arbeitsweise in den Gemeindestuben und das Schalten und Walten der Dorfkaiser. Seit zu den tapferen, aber bescheidenen Oppositionsversuchen der Union für Südtirol, der Freiheitlichen und einiger rebellischen „Nestbeschmutzer“ in der Sammelpartei die Bewegung der verschiedenen Bürgerlisten dazu gekommen ist, wurde es in den Gemeindestuben lebhafter. Auf jeden Fall richteten sich seither mehr Augen auf die Finger der Verwalter.
Als Salz und Würze haben sich auch der Auftritt des weiblichen Elements und die Möglichkeiten entpuppt, in unterschiedlichen Printmedien mit spitzen Federn auf dunkle Punkte zu zeigen. Wir haben in der vorliegenden Ausgabe „des Vinschger“ einen Blick auf das Agieren und Reagieren in mehreren Ratssälen geworfen, Nebensächlichkeiten mit Wirkungen entdeckt und mit einer kleinen Statistik (siehe Seite 6) nicht nur Haushaltsentscheidungen eingefangen. Da die 16 Gemeinden zwischen Töll-Graben im Südosten und Staatsgrenze am Reschen im Nordwesten unterschiedlicher und bunter nicht sein können und zwangsläufig zum Ausklang des politischen Jahres viele ihre letzten Ratssitzungen fast zeitgleich ansetzten, wird am Beispiel der rekordverdächtigen Nachtsitzung von Prad am Stilfser Joch vom Donnerstag, 20. Dezember um 20 Uhr bis in die Morgenstunden des Freitags, 21. Dezember sowohl berichtet, als auch ein Stimmungsbild gezeichnet.
Die Gemeinde Prad ist nicht nur bekannt wegen des Vegetationsreichtums in den Prader Sanden, sondern auch wegen der abwechslungsreichen Parteien-Landschaft in der Politik. Prad hat sich zur letzten Gemeinderatssitzung zu Jahresende von allen 16 Gemeinden des Tales am meisten Punkte auf die Tagesordnung gesetzt, hat ohne Rücksicht auf Schlafbedürfnisse heiße Eisen angepackt und mehrere schriftliche und mündliche Anträge der Opposition durchgesessen. In Prad hat eine Gruppe Bürger als Zuschauer bis zum Ende ausgeharrt und in Prad konnte man auch aufgrund der hufeisenförmigen Sitzordnung der 20 Volksvertreter das Geschehen als Zuschauer genauer verfolgen als über die „Tafelrunden“ in vielen anderen Gemeindestuben.
Günther Schöpf
Die lange Nacht der Prader Volksvertreter
Prad – Die Nacht vom Donnerstag, 20. auf Freitag, 21. Dezember war in Prad nicht nur kalendarisch die längste Nacht des Jahres, sondern auch politisch ein rekordverdächtig langer Sitzungstermin. Es dürfte in Südtirol wenige Gemeinden geben, in denen um 0 Uhr 22 über den Haushaltsvoranschlag 2008 abgestimmt wurde. Es war beeindruckend, wie diskussionsfreudig sich 20 Prader Volksvertreter in vier Partei-Fraktionen um 1 Uhr morgens mit ihren zukünftigen Rathaus beschäftigten und es mutete geradezu heroisch an, wie der Kampf gegen den Sandmann – hat nichts mit der Prader Sand zu tun – parallel mit dem Kampf um die Rechte der Prader Jäger auf einem Lichtenberger Hochsitz um 1 Uhr 40 zu Ende ging. Man war versucht, Gemeindesekretär Kurt Warger so etwas wie dramaturgische Fähigkeiten zu unterstellen. In regelmäßigen Abständen waren auf der 15 Punkte-Tagesordnung kurzweilige Unterbrechungen mit szenischen Einlagen für Publikum und Presse eingeschoben. Dazu erwies sich die hufeisenförmige Sitzordnung im Seniorentreff des Sprengelsitzes als sehr publikumsfreundlich und ließ die „demokratiepolitischen“ Umgangsformen hautnah miterleben, unter anderem beim Punkt Baukostenabgabe die Auszeit der SVP-Fraktion durch Sprecher Alois Lechner, um die Reihen wieder zu schließen. Es war recht kurzweilig zu verfolgen, wie die Vertreter der Opposition – zwei Räte der „Bürgerliste Prad Union für Südtirol“, fünf Vertreter der „Liste für Prad“, ein Vertreter der Fraktion „Chiesa con Campanile“ – kein Blatt vor den Mund nahmen und auch mit einer Portion Ironie zusammen mit Gleichgesinnten aus den Reihen der Sammelpartei – so mit SVP-Vertreter Christian Obwegeser - scharfsinnig immer neue Aspekte aufs Tapet brachten. Vehement wurde von Ratsmitgliedern in Sachen Baukostenabgaben und Erschließungsbeiträge quer durch die Fraktionen eine Bevorzugung der Landwirte gegenüber Wirtschaftlern und Arbeitnehmern angekreidet. Nicht weniger vehement war das Ringen bei Punkt 11 „Rathaus Prad“. Wunibald Wallnöfer (Liste für Prad) war der Wortführer derjenigen Ratsmitglieder, die als Gegner eines Neubaus vorgaben, den Willen der Bürger zu respektieren. Sein Beschlussantrag, das Raika Gebäude von einer unabhängigen Kommission schätzen zu lassen und die Verwalter zu beauftragen, Kaufverhandlungen mit der Raika Prad aufzunehmen, wurde mit den 12 SVP-Stimmen versenkt, eine Arbeitsgruppe mit Bürgermeister Hubert Pinggera, Stellvertreter Karl Gruber, Fraktionssprecher Alois Kuntner (alle SVP), Werner Egger (Union), Karl Bernhart (Für Prad), und Maurizio Giusti (Chiesa con Campanile) mit derselben Aufgabe aber eingesetzt. Bürgermeister, Referenten, Räte, Sekretär und Rechnungsprüfer Johann Parth zeigten Sitzleder und Geduld, als sie gegen 2 Uhr morgens die Ergänzung der Gemeindebauordnung, einen Beschlussantrag und zwei Anfragen von Rudi Maurer (Liste für Prad) zu behandeln hatten. (s)
Gemeinde Kastelbell-Tschars - Rekordsumme für Investitionen
Kastelbell – Für das Jahr 2008 steht der Gemeinde Kastelbell-Tschars ein Budgetrahmen von 6.090.000 Euro zur Verfügung, ein Plus von 9,75 % im Vergleich zum Vorjahr. Davon entfallen 3.043.000 Euro auf Investitionen, was einer Steigerung von über 22 % gegenüber 2007 gleichkommt. Wie viele andere Gemeinden auch musste Kastelbell-Tschars bei der Haushaltsplanung im Bereich der Gemeindeimmobiliensteuer eine beträchtliche Mindereinnahme kompensieren, der „Fehlbetrag“ von ca. 50.000 Euro wurde u. a. durch Einsparungen im Personalbereich ausgeglichen. Eine zum 31.12.2007 vakant gewordene „Wegmacherstelle“ wird vorerst nicht mehr nach besetzt. Die Entlohnung des Personals verschlingt 30,5 % der laufenden Ausgaben. Die Pro Kopf Restverschuldung der Gemeinde beträgt 830 €/Einwohner. Eine positive Nachricht für die Bürger ist, dass auf Steuer- und Gebührenerhöhungen verzichtet werden konnte.
Vorbehalte und kritische Stimmen gab es im Zusammenhang mit dem geplanten Bau einer neuen Informations- und Servicestelle für den Fremdenverkehr, wo die Gemeinde ca. 40.000 Euro aus Eigenmitteln beisteuern soll (über dieses Vorhaben wurde eine getrennte Abstimmung beantragt und durchgeführt) und bezüglich Bau des neuen Rathauses, wo vor allem über die Abrechnung der technischen Spesen länger diskutiert wurde.
Trotz der in der Gemeinde Kastelbell-Tschars zurzeit vorherrschenden Auseinandersetzungen und Brennpunkte wie Bau des Forstweges „Schermetzein“ und die ICI-Befreiung der Genossenschaften verliefen die Diskussionen zum Haushaltsvoranschlag bei der Gemeinderatssitzung am 28.12.2007 überwiegend sachlich und themenbezogen. (ossi)
Eisernes Sparen
ist angesagt
Naturns – Die Zeit der großen Investitionen in der Gemeinde Naturns ist vorerst Geschichte. Naturns zählt zwar zu den strukturstärksten Gemeinden des Landes, doch in finanzieller Hinsicht muss sie den Gürtel enger schnallen. Die Realisierung verschiedener Großprojekte in den vergangenen Jahren zollt ihr Tribut, Darlehenstilgungen, Folgekosten sowie die Aufgaben mit den dazugehörigen Einrichtungen als „Mittelpunktgemeinde“ reißen große Löcher ins Budget. „Ich glaube, wir haben uns noch nie so intensiv mit dem Budget auseinandergesetzt, wie diesmal“, erklärte Bürgermeister Heidegger bei der Präsentation des Haushaltsplanes 2008 bei der letzten Ratssitzung am 17. Dezember 2007. „Gemeinsam mit dem Gemeindesekretär, der Buchhaltung, den einzelnen Abteilungen und den Referenten wurden alle Positionen auf ihre Erfordernis hin genau überprüft und gegebenenfalls Korrekturen angebracht“, führte er weiter aus. Zur kostendeckenden Führung der verschiedenen Dienste waren auch Gebühren- und Steuererhöhungen unumgänglich. Positive Nachrichten gibt es im Bereich der Gemeindeimmobiliensteuer, durch die Erhöhung des Freibetrages sind die Erstwohnungen fortan von der ICI befreit.
Allerdings werde es trotz eines Sparhaushaltes keinen Stillstand in der Gemeinde Naturns geben, meinte Bürgermeister Andreas Heidegger. Ein Schwerpunkt in diesem Jahr soll u. a. auch die Dorferneuerung (Gestaltung der Hauptstraße) und die Umsetzung des Mobilitätsplanes sein. Das höchstdotierte Investitionsvorhaben 2008 betrifft die Errichtung der Trennkanalisierung in Kompatsch.
Der Opposition im Naturnser Gemeinderat gingen die vorgenommenen Einsparungen nicht weit genug, ihrer Meinung nach wäre noch viel mehr Sparpotential vorhanden. Durch die Reduzierung der Anzahl der Gemeindereferenten von derzeit 7 auf 5, könnten - auf die gesamte Verwaltungsperiode hochgerechnet - ca. 250.000 Euro eingespart werden, meinte das Ratsmitglied Rudi Fasolt von den Freiheitlichen bei der Stellungnahme zu seinem diesbezüglichen Beschlussantrag, welcher von der Mehrheit erwartungsgemäß abgelehnt wurde.
Bei der rund sechsstündigen Gemeinderatssitzung war zeitweise auch der Präsident des Südtiroler Gemeindenverbandes Arnold Schuler aus Plaus anwesend. Er informierte die Naturnser Ratsmitglieder über die Tätigkeiten und Visionen des Gemeindenverbandes, insbesonders über die geplante Neuregelung- und zum Teil mit dem Land bereits ausgehandelte Form der Gemeindenfinanzierung. Angesprochen wurde von ihm auch eine eventuelle Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden Naturns und Plaus in den Bereichen Bauhof und Bauamt. Die Naturnser Ratsmitglieder sprachen sich grundsätzlich positiv für eine solche Kooperation aus, Bedenken gibt es jedoch im Bereich „Bauamt“. (ossi)
Günther Schöpf