Ferienregion Obervinschgau: Abspecken und auf eigene Stärken bauen
Albert Flora spielte die Rolle des „Aufklärers“.

Gesund schrumpfen und auf die eigenen Stärken bauen

Publiziert in 13 / 2008 - Erschienen am 9. April 2008
Schlinig/Kloster Marienberg – Ob es die Obervinschger registriert hatten, dass die heurige Vollversammlung im Haus Schlinig Nr. 1 einberufen worden war? Jedenfalls wollte es der Schliniger Vertreter, Sepp Saurer, klar gestellt wissen. Der Präsident der Ferienregion Obervinschgau oder – wie es im offiziellen Stempel heißt – des Tourismusvereins der Gemeinden Mals, Schluderns und der Stadt Glurns, Gerhard Malloth, wird weder daran, noch an die Kardinaltugend „Prudentia“, Klugheit, wie an der Eingangstür zum Versammlungsort zu lesen, gedacht haben, als er ins Kloster Marienberg einlud. Im Nachhinein schien die Wahl aber klug und wohl kal­kuliert. Einerseits war fast „Full House“, andererseits konnte eine Diskussion nicht bis ins Endlose gehen, weil der Besuch des Klostermuseums mit Abt Trauner angekündigt war. von Günther Schöpf Im Gegensatz zur letztjährigen Versammlung hatte heuer nicht der Vorstand (26 Mitglieder), sondern nur der Ausschuss mit dem Präsidenten, seinem Stellvertreter Sigi Weisenhorn aus Glurns, Hubert Thöni aus Prämajur, Erwin Wegmann aus Schluderns, Albert Flora (Aufsichtsratsvorsitzender) und als Computerexpertin die Mitarbeiterin Anja Schwarz den Vorsitz übernommen. Bereits mit der von Mitarbeiterin Karlinde Tarneller verteilten Broschüre konnte man die Handschrift des neuen Vorstandes im „ersten Jahr der Nach-Sagmeister-Ära“ (O-Ton eines Ausschussmitgliedes) erkennen. Es waren nicht mehr 44 Seiten, sondern 25, auf denen in reduzierter Form die Jahresstatistik der Ankünfte, Nächtigungen und Aufenthaltsdauer dargestellt war. Nicht mehr angeführt aber waren die einzelnen Kategorien der Beherbergungsbetriebe pro Gemeinde, nicht mehr aufschienen die Anzahl der Betten und die Auslastungen in Tagen und Prozenten pro Kategorie und Gemeinde. Auf die „Verdunkelungstaktik“ angesprochen erklärte dies Präsident Malloth nach der Versammlung damit, dass es die „Privacy–Bestimmungen“ erforderten, weil in manchen Kategorien gar nur ein Betrieb aufscheine. Man sprach Klartext Sehr erfreut zeigte sich der Vorsitzende bei der Begrüßung vor allem über die „deutlich gestiegene“ Präsenz der politischen Vertreter; neben Bürgermeister Erwin Wegmann aus Schluderns, der im Ausschuss der Ferienregion sitzt, und Vizebürgermeister Elmar Prieth aus Glurns, hatte auch Josef Noggler, erster Bürger in Mals, diskret bei den Touristikern in Marienberg Platz genommen und war ebenso diskret wieder verschwunden. Nach der Gedenkminute für die verstorbenen Mitglieder der Ferienregion ging Malloth auf die Tätigkeit des Jahres 2007 ein und zeigte bereits zu Beginn seine Absicht, heiße Eisen zwar anzuführen, aber sie nicht in der Aula der Vollversammlung breit zu treten und lösen zu lassen. So ging er recht zügig über die Tatsache drüber, dass die ehemalige Geschäftsführerin Carla Felderer im Oktober ihre Tätigkeit nieder gelegt habe und dass sich mit nur zwei Mitarbeiterinnen das Problem, die Außenstellen in Schluderns und Glurns besetzt zu halten, ernstlich stellten. Zu einzelnen Vorhaben im Tätigkeitsprogramm 2007 war er um Klarheit bemüht. So bezeichnete er die Paketangebote und das als zukunftsträchtigen Trend bezeichnete Nordic Walking als Fehlschläge. Gut angekommen seien die Wanderungen bei Sonnenaufgang, das Wandertaxi der Watles AG, die 19 Dia-Vorträge mit einem Durchschnitt von über 30 Besuchern pro Abend, die Schnupper-Kurse im Schneeschuh-Wandern und auch die kunsthistorischen Führungen. Dabei versäumte es Gerhard Malloth nicht, den Vorwurf an die Touristiker zu richten, selbst nicht bereit zu sein, die Schätze der nächsten Umgebung kennen zu lernen. Nicht gesteigert werden konnte die Zahl der geführten Wanderungen durch den Stundenweg; der komme vor allem bei den Einheimischen sehr gut an. Im Sinne der Werbewirksamkeit wertete er die Organisation eines Etappenziels im Goretex Transalpine Run als positiv durch die zahlreichen Presseerwähnungen von Mals; die Durchführung der Alpine Fitness-Tour mit ­Kristian ­Ghedina hingegen habe nicht die Hoffnungen erfüllt. Nachdem der Steuerberater ­Siegfried Wegmann die Bilanz mit einem Jahresverlust von 12.933 Euro vorgestellt hatte, ersuchte ­Albert Flora die Vollversammlung die Bilanz zu genehmigen und empfahl, neue Vorhaben erst anzugehen, wenn die ­Finanzierung gesichert sei. Im Anschluss schlug Malloth eine Anhebung der Mitgliedsbeiträge vor, um nicht nur die Tätigkeit abwickeln, sondern auch Schulden abbauen zu können. Flora wiederum riet davon ab, weil man erst 2008 – nachdem jetzt alle „Leichen im ­Keller“ entdeckt und beseitigt seien ­– wirklich beweisen könne, mit den zur Verfügung stehenden Mitteln durchaus eine normale Tätigkeit abwickeln zu können. Nur drei Mitglieder waren für eine Anhebung der Beiträge. Einstimmig genehmigt wurden der Haushaltsvoranschlag 2008, in dem gegenüber dem Vorjahr um 52.000 Euro weniger an außerordentlichen Einnahmen erwartet werden und um 55.000 Euro weniger außerordentliche Ausgaben geplant sind. Mehr als Hoffnungen erfüllt, ja alle Erwartungen übertroffen hätte die Entwicklung im Radsport, konnte Sigi Weisenhorn eindrucksvoll in seiner Vorstellung nachweisen. An die 90.000 Mountainbiker würden jährlich die Alpen überqueren. Seit 2000 sei man dabei, diesen Wanderstrom zu lenken und den Bikern einen Aufenthalt im Vinschgau schmackhaft zu machen. Inzwischen habe man Bike-Führer ausbilden und durch das Bike-Testival in Latsch viele internationale Kontakte knüpfen können. Seit März 2007 funktionierten nun die Bike Info-Points in Mals und Goldrain und die Organisation „VinschgauBIKE“ habe bereits in kürzester Zeit 158 Touren mit durchschnittlich vier Teilnehmern durchgeführt. Neue Führung - neue Wege Dass die neue Führung neue Wege beschreiten will und dabei im besten Sinne des Wortes auf nahe Liegendes zurückgreift, wurde aus den Programmneuheiten 2008 ersichtlich. So will man die karolingische Kunstepoche, aber auch die „Kas-Kultur“ und sogar die Bunker in die Waagschale werfen, durch die Schludernser Au führen, dem Bewässerungssystem der Waale nachspüren, das Wandertaxi wöchentlich nach Matsch schicken, spezielle Dorf- und Stadtführungen mit Verkostungen auch bei Nacht anbieten und bei Mondlicht biken. Zehn konkrete Ziele habe man sich für 2008 gestellt, verkündete Präsident Malloth, darunter die Absicht, nicht alles dem Verband zu überlassen und auch als Ferienregion wieder Messen zu besuchen. In seiner Stellungnahme bestätigte Ausschussmitglied Erwin Wegmann das Versprechen seiner Verwaltung, für die Be­setzung des Büros in Schluderns einen angemessenen Beitrag aufzubringen. Er betonte die Notwendigkeit, mehr in die Werbung zu investieren, und gab an, sich zwar der demokratischen Entscheidung, für die Ritterspiele die Ausfallhaftung nicht zu übernehmen, zu beugen, dass es aber sauer aufgestoßen habe, wenn sich der größte Nutznießer der Spiele, die Ferienregion, so aus der ­Affäre ziehe. Nach ihm unterbreitete Vizebürgermeister Elmar Prieth als Vertreter von Glurns den neuesten Vorschlag des Stadtrates, eine Bürokraft von Mai bis Oktober einzustellen und für einen Teil der Personalspesen aufkommen zu wollen. Verschiedene Initiativen, nicht nur „Glurens Gaudens“, sondern auch der Glurnser Kirchtag oder das Erstellen eines Ferienführers kämen der Ferienregion zugute. Sowohl Wegmann, als auch Prieth betonten die gute Zusammenarbeit im Ausschuss; wie vorher Präsident Malloth dankten auch sie Alfred Lingg für die Organisation hochkarätiger Sportveranstaltungen und Albert Flora für seine Arbeit im Tourismusverband Vinschgau. Von letzterem kam eine recht scharfe Reaktion auf die Stellungnahme des Glurnser Vertreters; er warf der Stadtverwaltung sinngemäß ein „nutzloses Jahr des Herumhandelns“ vor. Die Stimmung schien in Richtung gegenseitiges Beschuldigen zu kippen, als Gerhard Malloth zu einem Umtrunk lud und auf den nächsten Programmpunkt „Führung durchs neue Museum mit Abt Bruno Trauner“ hinwies. Zuvor kam es zu mehr oder weniger heftigen Diskussionen in Kleingruppen und nur mit Mühe konnte Albert Flora eine Antwort auf die Frage nach dem Verbleib der Schulden aus dem Jahr vorher abgerungen werden. Man habe von 200.000 Euro etwa 30.000 Euro abbauen können; Siegfried Wegmann präzisierte, dass es nur einen geringfügigen Abbau gegeben habe, weil ja eine Abfertigung auszubezahlen war und - wie Präsident Malloth ergänzte - die Abfertigungsrücklagen eben nur auf dem Papier bestanden hätten. Die Ferienregion Obervinschgau mit Mals, Schluderns und Glurns in Zahlen 2007 wurden von Vinschgauer Tourismusvereinen 1.746.486 Nächtigungen registriert, in der Ferienregion Obervinschgau waren es 358.784, das sind 20,5 Prozent. Im Jahre 2005 war die Region auf 340.793 gekommen, 2006 kam es zu einer Steigerung um 2,06 Prozent auf 347.835; im Jahr darauf waren es wieder um 10.949 Nächtigungen, d.s. um 3,1 Prozent mehr. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer in Region 2005 betrug 4,7 Tage, 2006 und 2007 4,6 Tage.
Günther Schöpf
Günther Schöpf
Vinschger Sonderausgabe

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