„Zamma schaugn“
Aus zwei Skiliftgesellschaften wird eine
Mit 13 Ja-Stimmen und einer Gegenstimme hat der Gemeinderat von Graun am 3. Juli das Fusionsprojekt der Gesellschaften Schöneben AG und Haider AG genehmigt.
Christian Maas, Vizepräsident der Schöneben AG
Frowin Stecher, Präsident der Haider AG
Andreas Lechthaler, Präsident der Schöneben AG

Ja zum Fusionsprojekt

Haider AG und Schöneben AG verschmelzen. „Beide Gebiete werden gestärkt.“

Publiziert in 25 / 2017 - Erschienen am 11. Juli 2017

Graun - Bürgermeister ­Heinrich Noggler sprach von einem his­torischen Tagesordnungspunkt, von einem Traum, „der nach vielen Jahren endlich sehr greifbar wird.“ Er bezog sich auf das Fusionsprojekt der Schöneben AG und Haider AG, das der Gemeinderat am 3. Juli bei nur einer Gegenstimme genehmigte. Heinrich Noggler und der Skigebiets-Beauftragte Franz Prieth ließen einleitend die Vorgeschichte Revue passieren.

Zum Handeln gezwungen

Sie erinnerten daran, dass die Gemeinde gesetzlich gezwungen war, ihre Anteile an der Haider AG im Ausmaß von 58,37% abzustoßen, weil es den Gemeinden nicht mehr erlaubt ist, an Gesellschaften, die negative Bilanzen schreiben, als Mehrheitsaktionär beteiligt zu sein. Die Gemeinde hatte den Verkauf ihrer Aktien bereits ausgeschrieben, als die Schöneben AG die Möglichkeit einer Fusion signalisierte. ­Noggler: „Für uns war damit sofort klar, dass die Fusion der zwei Gesellschaften der richtige Weg ist.“ Die intensiven Verhandlungen hätten zu einem Ergebnis geführt, das die Region insgesamt stärke, das die Haider Alm vor dem Aus rette und das die Gemeinde insgesamt nach vorne bringe.

„Man vertraut einander“

„Man vertraut einander und es muss jetzt gelingen, bei allen eine Begeisterung für dieses ­Fusionsprojekt zu wecken“, sagte Prieth. Das Schlagwort sei: ­„Zamma schaugn und zamma holtn.“ Christian Maas, der Vizepräsident der Schöneben AG, stellte die Grundlagen und Grundsätze der Fusion vor und beleuchtete die wirtschaftlichen, rechtlichen und zeitlichen Aspekte. Das Fusionsprojekt war von den Verwaltungsräten der zwei Gesellschaften gemeinsam erarbeitet und genehmigt worden, und zwar in sehr kurzer Zeit und trotz der Doppelbelastung aufgrund von Verhandlungen, die Ende April 2017 zur erfolgreichen Besiegelung des Skipass-Verbundes zwischen der Skiarena Vinschgau und dem Skigebiet Nauders geführt hatten.

Haider AG wird einverleibt

Einer der wesentlichen Bestandteile des Fusionsprojektes ist der Verschmelzungsplan. Dieser sieht vor, dass die Haider AG in die Schöneben AG einverleibt wird. Im Anschluss an die Einverleibung erlischt die Haider AG. Die Schöneben AG bleibt bestehen. Eine neue Gesellschaft wird es somit nicht geben. Die Schöneben AG wird das Kapital erhöhen. Es werden neue Akten ausgegeben, um diese den Aktionären der Haider AG zuzuweisen.  Kein Aktionär der Haider AG wird ­außen vor bleiben.  Als Grundlage für das Umtauschverhältnis der Aktien der Haider AG dient eine Schätzung der beiden Gesellschaften durch einen externen unabhängigen Berater. Christian Maas: „Die Schätzung erfolgte sowohl über die Substanzwert- als auch die Ertragswertmethode.“ Die Haider AG stellt 4,511% des Gesamtwertes der Gesamtgesellschaft, die Schöneben AG 95,489%. Die Gemeinde wird an der Gesamtgesellschaft mit ca. 28% beteiligt sein.

Attraktives Ganzjahresgebiet

Im Bericht der Verwaltungsräte wird u.a. darauf verwiesen, dass die Stärken der Gebiete infolge der Fusion gekoppelt werden können: Schöneben im Winter und Haider Alm im Sommer. Dadurch entstehe ein attraktives Ganz­jahresgebiet. Auch auf viele Synergien und Einsparungen wird im Bericht verwiesen. Laut Frowin Stecher, dem Präsidenten der Haider AG, sei mit einer Kostenersparnis von 200.000 bis 220.000 Euro zu rechnen. Die Haider AG habe etliche turbulente und unruhige Jahre hinter sich. Auch die Gerüchteküche habe in St. Valentin teils mächtig gebrodelt. Die Verhandlungen mit der Schöneben AG seien zwar hart und zäh gewesen, „aber immer sauber“.

Fusion als Rettung

„Dank der Fusion bekommt die Haider Alm die Chance, gut zu arbeiten und zu überleben“, sagte Stecher. Bei einer Nicht-Fusion wären die Folgen dramatisch: „Die Kosten der großen Revision belaufen sich auf ca. 1,4 Millionen Euro. 75% davon trägt zwar das Land, aber auf den Restkosten würden wir sitzen bleiben und keine Bank würde uns Geld leihen.“ Die Schöneben AG übernehme nicht nur alle Schulden und Restspesen, sondern garantiere auch, dass die Umlaufbahn für 15 Jahre in Betrieb bleibt. Auch wenn die Haider AG als Gesellschaft ausgelöst wird, „bleibt die Marke bzw. das Produkt Haider Alm auch in Zukunft bestehen.“

Auch für Schöneben wichtig

„Der Erhalt der Haider Alm ist auch für uns als Schöneben AG wichtig“, sagte Andreas Lechthaler, der Präsident der Schöneben AG, der ebenfalls von freundschaftlichen und konstruktiven Fusionsverhandlungen sprach. Hand in Hand mit der Fusion werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, gemeinsame Projekte im Winter und Sommer umzusetzen sowie das Konkurrenz- und Kirchturmdenken in der Gemeinde weiter abzubauen. Außerdem werde die Gesellschaft größer und könne mit noch besseren Angeboten aufwarten. „Damit bekommen wir auch mehr Gewicht auf dem Markt und können bei Kartenverbund-Verhandlungen gemeinsam stark auftreten“, führte Lechthaler aus.

„Beide Skigebiete sind ‚Kinder“ unserer Gemeinde. Ohne den starken Partner Schöneben hätte der kleine Partner Haider Alm so gut wie keine Zukunftschancen.“
BM Heinrich Noggler

9 Verwaltungsräte

Auch einige Änderungen der Statuten der Schöneben AG sieht das Fusionsprojekt vor. So soll sich der Verwaltungsrat künftig aus 9 Mitgliedern zusammensetzen: 5 aus Reschen, 2 aus Graun, 1 aus St. Valentin und 1 Mitglied, das die Gemeinde namhaft macht. Diese Zusammensetzung des Verwaltungsrates und weitere Aspekte der Fusion waren die Diskussionsschwerpunkte im Gemeinderat. Die Vizebürgermeisterin Andrea Frank verwies auf gewisse Ängste, die es in St. Valentin gibt, vor allem, was die lang­fristige Entwicklung betrifft. Es werde zwar von einer Perspektive für die Zukunft gesprochen, „aber was geschieht, wenn die Umlaufbahn nach 15 Jahren geschlossen wird?“ Frowin Stecher verwies auf das gute Vertrauensverhältnis zwischen den Gesellschaften. Der Bürgermeister versicherte, dass die Gemeinde mit ihrem Anteil an der Gesamtgesellschaft weiterhin einen bestimmen Einfluss haben wird, „um ausgleichend wirken zu können.“

Stickwort Arbeitsplätze

Zum Thema Arbeitsplätze wurde eingeräumt, dass in den kommenden Jahren einige Arbeitslätze verloren gehen könnten, im schlimmsten Fall bis zu höchstens 10. Franz Prieth gab in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass es derzeit einen großen Mangel an Arbeitskräften gebe, vor allem im Liftbereich. Als nicht sinnvoll wurde seitens des Bürgermeisters und mehrerer Räte der Vorschlag von Magnus Blaas erachtet, den Verkauf der gemeindeeigenen Haider AG-Aktien erneut auszuschreiben, um zu neuen Angeboten zu kommen. Heinrich ­Noggler dazu: „Die im Fusionsprojekt vorgesehenen Bedingungen und Zugeständnisse gehen weit über jene hinaus, die wir in der ersten Ausschreibung festgeschrieben haben.“ Mehrere Räte sprachen sich klar für das Fusionsprojekt aus und lobten die Arbeit aller Beteiligten. Mit Ausnahme der Nein-Stimme von Josef Thöni stimmten alle für das Projekt. Thöni gab sich überzeugt, dass die Haider Alm auch ohne Fusion gut geführt werden könnte. „Hier wird alles schöngeredet, aber in Wahrheit wird die Haider Alm eliminiert.“ Die Gemeinde sollte aus allen Skigebieten aussteigen.

Skitechnische Verbindung

Die skitechnische Verbindung der Haider Alm mit Schöneben wird laut den Präsidenten der zwei Gesellschaften und den Gemeindeverwaltern weiterhin als Ziel angestrebt. Wie mehrfach berichtet, gilt die Fusion als Voraussetzung für die skitechnische Verbindung. „Das Genehmigungsverfahren ist mittlerweile abgeschlossen, jetzt beginnt die Phase der Vorprojektierung“, informierte Franz Prieth. Andreas Lechthaler kündigte die Er­arbeitung eines Businessplans an sowie die Analyse von Finanzierungsmodellen.

Wie geht es weiter?

Das vom Gemeinderat ge­nehmigte Fusionsprojekt wird jetzt bei der Handelskammer und den Sitzen der zwei Gesellschaften hinterlegt. Nach 30 Tagen kann das Fusionsprojekt den Aktionären im Rahmen außerordentlicher Vollversammlungen zur Genehmigung vorgelegt werden. Das soll noch heuer im August geschehen. Im Anschluss an die Eintragung der Beschlüsse im Handelsregister und den Ablauf einer 60-Tage-Frist für Ein­sprüche seitens von Gläubigern kann der Fusionsakt abgeschlossen und im Handelsregister eingetragen werden. Läuft alles nach Plan, wird die Fusion voraussichtlich mit 1. Dezember 2017 wirksam werden. 

Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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