Edelweiß unter Strom
6. Februar 2006 in Laas: Im Nachhinein betrachtet ein fast historischer Moment: Die Bürgermeister der 3 Anrainergemeinden Martell, Laas und Latsch, Peter Gamper, Andreas Tappeiner und Karl Weiss, sowie der damalige VEK-Präsident Sepp Noggler mit dem Ansuchen für die „Marteller Konzession“, das noch an diesem Tag nach Bozen gebracht wurde.

„Man kann jetzt nicht so tun, als wäre nichts gewesen“

Publiziert in 13 / 2013 - Erschienen am 10. April 2013
Mit sich selbst und seinen Entscheidungen sei er im Reinen, sonst aber gebe es derzeit gewaltige Probleme, räumt SVP-Obmann Richard Theiner ein. Den Watschenmann für Fehler anderer wolle er nicht mehr spielen: „Der Obmann hat nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht, die politische Linie der Partei nach außen zu vertreten.“ 50 Jahre Haideralm, 10 Jahre Umfahrungsstraßen von Naturns und Staben, Bezirksfeuerwehrtag in Laas und Konzert der Musikkapelle Goldrain-Morter: ein ganz normaler Samstag für Landeshauptmannstellvertreter und Parteiobmann Richard Theiner. Und zwischendurch immer wieder politische Gespräche, Interviews und „Überraschungen“. Etwa jene, wonach der Hauptgrund seines Rückzugs als Mitbewerber um die Position des SVP-Spitzenkandidaten für die Landtagwahlen eine Umfrage gewesen sei. der Vinschger: Herr Theiner, laut dieser angeblichen Umfrage hätten Sie bei der Basiswahl gegen Ihren Mitbewerber Arno Kompatscher eine schwere Niederlage eingefahren. Richard Theiner: Ich habe nie eine solche Umfrage in Auftrag gegeben und weiß überhaupt nichts von einer solchen, geschweige denn von deren Ergebnis. Das ist eine totale Ente. Der Inhaber des vermeintlichen Meinungsforschungsinstituts ­sicherte mir soeben zu, diese Unwahrheiten in der Öffentlichkeit klarzustellen. Stimmt es, dass es in der Landesregierungssitzung vom 2. April zwischen Ihnen und Landeshauptmann Luis Durnwalder ziemlich laut wurde? Ich habe in dieser Sitzung das vorgebracht, was ich schon seit Wochen und Monaten in der Landesregierung aufs Tapet bringe, nämlich die Causa SEL und die Neuausrichtung der Energiepolitik. Seit den Enthüllungen im Herbst 2012 und seit dem schwerwiegenden, nunmehr erhärteten Verdacht, dass auch beim Kraftwerk Martell-Laas getrickst wurde, ist es höchste Zeit zu handeln. Wir müssen die Eigentumsstruktur der SEL zugunsten der Gemeinden umbauen und radikale Änderungen vornehmen. Wie hat der Landeshauptmann darauf reagiert? Wir lieferten uns ein lautstarkes Wortgefecht, sodass ich die ­Sitzung wutentbrannt verließ. Besonders enttäuscht hat mich, dass Durnwalder meine Äußerungen in der Energiefrage öffentlich als eine Art Wahlkampfstrategie meinerseits für die Basiswahlen bezeichnet hatte. War dem nicht so? Das eine hat mit dem anderen überhaupt nichts zu tun. Der Parteiausschuss hatte schon im Jänner 2012 in einem Positionspapier eine Neuausrichtung der SEL festgelegt. Darin steht auch geschrieben, dass die Gemeinden stärker beteiligt und die Strompreise für den Grundverbrauch der Familien im höchstmöglichen Ausmaß reduziert werden sollen. Ich darf schon auch daran erinnern, dass ich mich als Parteiobmann seinerzeit öffentlich für die SEL-Vorkommnisse entschuldigt habe, obwohl ich mir persönlich sicher nichts vorzuwerfen habe. Diese Entschuldigung hat vielen Verantwortungsträgern nicht gefallen. Im Gegensatz zu so manchen „Stromkämpfern“ im Vinschgau, die schon in der Vergangenheit mutig und in aller Öffentlichkeit gegen die Energiepolitik des Landes aufgetreten sind, hat man von Ihnen diesbezüglich eher wenig vernommen. Meine Hauptaufgabe in allen diesen Jahren war es, in Abstimmung mit dem jetzigen Kammerabgeordneten Albrecht Plangger den Faden zur Landesregierung nie ganz reißen zu lassen und alles zu unternehmen, damit es zu einer einvernehmlichen Lösung zwischen dem Land und den Gemeinden kommt. Am 2. April aber kam es in der Landesregierung zu einem Bruch. Als Sie wenige Stunden nach dieser Sitzung Ihren Rückzug bekannt gaben, sprachen Sie aber auch von einem „infamen Übergriff“ seitens Ihres Mitbewerbers Arno Kompatscher. Dieser hatte Ihre Äußerungen in der Energiefrage ebenfalls als Wahlkampfmanöver gedeutet. Dass mich Arno Kompatscher über Facebook mit Berlusconi verglichen hat, der Versprechungen macht, um Wahlen zu gewinnen, hat mich schwer getroffen. Diese Sache war aber nur der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Der Hauptgrund war die Ausseinandersetzung in der Energiefrage. Komptascher meinte nachher, er habe den Eintrag etwas flapsig formuliert, inhaltlich aber stehe er dazu. Ich weiß nicht, ob diese „flapsigen“ Bemerkungen Teil der angeblichen, vielgepriesenen „Erneuerungen“ sind. Jedenfalls, dass man ausgerechnet mich mit ­Berlusconi vergleicht, ist ein starkes Stück. Das geht tief. Das heißt im Klartext, der Parteiobmann ist so unseriös und opportunistisch wie Berlusconi, mag alles zum Teufel gehen, Hauptsache der Parteiobmann wird gewählt. Diese Aussage ist eine schwere persönliche Beleidigung und eine politische Herabsetzung. Ohne den Erfolg der SVP bei den Parlamentswahlen hätten wir jetzt wieder Berlusconi als Ministerpräsident. Ich hatte bei den Parlamentswahlen wirklich alles auf eine Karte gesetzt. Und wir haben gewonnen, obwohl mächtige Kreise unser Abkommen mit dem PD und auch mich als Obmann heftig bekämpft hatten. Ich war nie ein Knecht von Lobbys und Medien und werde es auch nie sein. Sie bleiben weiterhin Obmann der SVP und treten auch bei den Landtagswahlen im Herbst als Kandidat an. Was sagen Sie jenen Mitgliedern, die enttäuscht sind, dass Sie sich nicht mehr der Basiswahl für die Ermittlung des SVP-Spitzenkandidaten stellen? Ich habe aus dem ganzen Land und vor allem aus dem Vinschgau Solidaritätsbekundungen erhalten. Ginge es mir nur um meine persönlichen Ambitionen, hätte ich die Äußerungen ­Kompatschers leicht zu meinen Gunsten ausnützen können. Aber darum geht es mir nicht. Ich will keine Schlammschlacht. Erfolg ja, aber nicht um jeden Preis! Gerade im Vinschgau sind sehr viele enttäuscht, dass ich mich nicht mehr als Spitzenkandidat bewerbe, aber zugleich wird auch Verständnis für meine Haltung geäußert. Sie haben mittlerweile zweimal mit Kompatscher gesprochen. Ist das Eis tatsächlich gebrochen, wie dies von Medien kolportiert wurde? So einfach geht das nicht. Das Eis ist nicht gebrochen. Man kann jetzt nicht einfach zur Tagesordnung übergehen und so tun, als wäre nichts gewesen. Das heißt? Dass wir am Montag (8. April, Anm. der Redaktion) in der Parteileitung gründlich reden müssen, sehr gründlich. Nicht nur über das, was mit Kompatscher passiert ist, sondern über die Partei insgesamt und auch über die Frage der Energie. Steht die Partei noch voll hinter Ihnen? Auch das ist zu klären. Für mich stellt sich vor allem eine Frage: Muss der Parteiobmann nur den Watschenmann für Fehler spielen, die andere begangen haben, oder hat der Obmann nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht, die politische Linie der Partei nach außen zu vertreten? Womit wir wieder beim Thema Energie wären. Ja. Die Vorschläge, wie sie der Stromschlichter Giuseppe Caia kürzlich der Landesregierung unterbreitet hat, sind völlig inakzeptabel. Eine Neuausschreibung der Konzessionen darf es nicht geben, denn sonst könnten Auswärtige zum Zug kommen. Wir würden Gefahr laufen, am Ende ganz durch die Finger zu schauen. Moralisch absolut nicht tragbar wäre es, die nicht manipulierten Akten der SEL zu suchen, um sie zu einer neuerlichen Bewertung zuzulassen. Für so etwas hat niemand Verständnis. Wer betrogen hat, kann nicht weiter am Tisch sitzen und so tun, als wäre nichts passiert. Im Herbst finden Landtagswahlen statt. Glauben Sie wirklich, die Causa SEL bis dahin aus der Welt räumen zu können? Ich bin überzeugt, dass dies möglich ist, jedenfalls was das Kraftwerk Laas-Martell und andere offene Energiefragen im Vinschgau betrifft. Und landesweit? Der Landeshauptmann sagt, man sollte zunächst die Gerichtsurteile abwarten. Auch bei den ENEL-Konzessionen ist Handlungsbedarf geboten. Wenn man sich auf absurde Prozesse einlässt, vergehen Jahre, wenn nicht Jahrzehnte. Und wer am Ende draufzahlt, ist immer der Bürger. In diesem Punkt sind Durnwalder und ich der gleichen Ansicht: es muss gelingen, diese Geschichte außergerichtlich beizulegen. Meiner Auffassung nach kann sollte dies möglichst schnell passieren. Sonst? Sonst werden uns die Bürger bei den Landtagswahlen im Herbst die Rechnung präsentieren. Die richtige Wahl findet nämlich im Oktober statt. Interview: Sepp Laner „Der SEL sind die Flügel zu stutzen und auch der Name ist zu ändern“ „Was wir wollen, sind nicht ein paar SEL-Aktien, sondern eine Direktbeteiligung an der Produktion des Kraftwerks Laas-Martell,“ sagt der Kammerabgeordnete Albrecht Plangger (im Bild), seines Zeichen aus Präsident des Vinschgauer Energiekonsortiums VEK. Er traf kürzlich in Bologna mit dem vom Land beauftragten Stromschlichter Giuseppe Caia zusammen. „Ich akzeptiere Caia als Vermittler, nicht aber als Schiedsrichter,“ sagte Plangger dem der Vinschger. Er habe Caia mit sehr viel Hintergrundinformationen versorgt. Was die Neuausrichtung der SEL insgesamt betrifft, „so sind ihr die Flügel zu stützen“, sagt „Abi“ im Jägerjargon. Für Fehler, die begangen wurden, sei zu zahlen. Es gelte, landesweit von der Energiepolitik à la Edison abzugehen. Sogar der Name „SEL“ sei zu ändern. Eine große Herausforderung sieht Plangger im Umbau der Beteiligungsstruktur der SEL: „Es ist darauf zu achten, finanzschwache, also arme Gemeinden angemessen zu berücksichtigen.“ Auch manche „reiche“ SELFIN-Gemeinden müssten dies einsehen. Sepp
Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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