Nah beim Volk
BM Franz Heinisch im Interview
Bürgermeister Franz Heinisch in seinem neuen Büro

„Meine Nummr hosch jo“

Franz Heinisch macht Gemeindepolitik auf seine Art. „Offenes Ohr für alle und stets die ganze Gemeinde im Blick“

Publiziert in 1 / 2022 - Erschienen am 19. Januar 2022

Stilfs - Franz Heinisch gehört zusammen mit Verena Tröger (Laas), Franz Prieth (Graun), Mauro Dalla Barba (Latsch), Josef Thurner (Mals), Rafael Alber (Prad) und Heiko Hauser (Schluderns) zur Riege der Neuen, die im Herbst 2020 - mitten in der Corona-Pandemie - im politischen Bezirk Vinschgau für das Bürgermeisteramt gewählt wurden. „Die Pandemie hat alle Gemeindeverwaltungen vor besondere Herausforderungen gestellt und es war nicht gerade ‚fein’, mitten in der Corona-Zeit mit der Verwaltungstätigkeit zu beginnen“, resümiert Franz Heinisch. Zugute kamen ihm und vielen anderen die Erfahrungen, die bereits vor den Wahlen gesammelt worden waren. Franz Heinisch zum Beispiel hatte bereits zwei Perioden als Vizebürgermeister hinter sich, kannte so gut wie alle Gemeindeverwalter im Bezirk und war viele Male zu Aussprachen nach Bozen gefahren. An seiner etwas besonderen Art, Gemeindepolitik zu machen, hat sich seit seiner Bürgermeisterwahl - er hatte sich als Kandidat der SVP mit 58,2 Prozent der Stimmen gegen Simone Platzer von der Süd-Tiroler Freiheit durchgesetzt - bis heute nichts geändert. Nicht Gesetze, Paragraphen und Bestimmungen sind sein Steckenpferd. Er setzt vielmehr auf das persönliche Gespräch und auf eine „einfache und menschliche Art von Politik“, wenn man das so formulieren kann. Ein besonderes Anliegen ist es ihm seit jeher, nah bei der Bevölkerung zu sein und das direkte Gespräch zu suchen. Zu den Leuten, die etwas auf dem Herzen haben, sagt er nicht selten: „Du konnsch di jederzeit meldn, meine Nummr hosch jo.“

der Vinschger: Herr Heinisch, haben Sie es seit ihrem Amtsantritt schon einmal bereut, Bürgermeister geworden zu sein?

Franz Heinisch: Nein, nie. Mir gefällt diese Tätigkeit. Wir arbeiten im Ausschuss gut zusammen und ziehen in der Regel immer am selben Strang. Ein Bürgermeister arbeitet nie allein und ist insofern immer so stark oder so schwach, wie es der Ausschuss ist. Auch die Zusammenarbeit im Gemeinderat, inklusive der Opposition, ist meistens konstruktiv.

Beziehen Sie sich mit „meistens“ auf die 4 Ratsmitglieder der Süd-Tiroler Freiheit?

Zur Opposition möchte ich nur so viel sagen, dass es mir manchmal lieber wäre, wenn schon im Vorfeld der Ratssitzungen das direkte Gespräch mit uns gesucht würde. Dadurch könnten eventuelle Missverständnisse schon vorab ausgeräumt werden.

Seit Dezember 2021 befinden sich die Gemeindeämter endlich am neuen Sitz im Haus der Dorfgemeinschaft. Fühlen sich die Gemeindebediensteten und Sie selbst in der neuen Heimstätte wohl?

Ja, es gefällt uns hier sehr gut. Der Umzug hat sich zwar über Jahre verzögert - was übrigens nicht der Gemeindeverwaltung anzukreiden ist - aber jetzt dürfen wir sagen: Ende gut, alles gut. Dem gesamten Mitarbeiterteam gebührt übrigens ein großer Dank. Wir haben Gott sei Dank ein gutes hausinternes Arbeitsklima. Alle arbeiten mit viel Einsatz und Motivation. Besonders gefreut habe ich mich übrigens über den Herrgott, den mir Pfarrer Florian Öttl für das neue Bürgermeisterbüro geschenkt hat.

Was geschieht mit dem alten Rathaus?

Mittel- bzw. langfristig möchten wir dort ein zweistöckiges Parkhaus bauen. Was oberhalb davon entstehen wird, steht noch nicht fest. Die Vorstellungen reichen von der Unterbringung der Bibliothek und der Raika-Zweigstelle bis hin zur Errichtung von Seniorenwohnungen. Diese Entscheidungen hat natürlich der Gemeinderat zu fällen. Sicher ist, dass der Abriss erst dann erfolgt, wenn für den Verein „Stilzer Webnetz“ ein neuer Standort gefunden ist. Wir bemühen uns als Gemeinde, eine neue Heimstatt ausfindig zu machen, bitten aber auch den Verein selbst, sich auf die Suche zu begeben.

Beim Einfahren ins Dorf sah ich soeben, wie ein Linienbus den Rückgang einlegen musste, um wenden zu können.

Das ist leider ein Zustand, den man so auf Dauer nicht akzeptieren kann. Die Errichtung eines Buswendeplatzes im Bereich des Dorfeingangs gehört daher zu den dringendsten Vorhaben, die wir hier in Stilfs umsetzen möchten.

Mit Stilfs, Sulden, Trafoi, Gomagoi und Stilfser Brücke ist Ihre Gemeinde eine weit verzweigte. Wie stark ist das Kirchturmdenken?

Natürlich haben alle Dörfer und Ortschaften ihre Besonderheiten und auch ihre jeweils eigenen Anliegen und Bedürfnisse. Wir als Verwaltung und auch ich als Bürgermeister bemühen uns sehr, die Gemeinde immer als Ganzes zu sehen, ausgleichend zu wirken und alle Ortschaften zu berücksichtigen.

Dass Sie selbst in Sulden leben, spielt also keine Rolle?

Nein, überhaupt nicht. Das zeigen schon allein die Investitionen, die bisher im gesamten Gemeindegebiet getätigt wurden bzw. geplant sind. In Trafoi zum Beispiel wurde in den vergangenen Jahren sehr viel investiert, ich nenne nur die Stichworte Parkplatz, Gehsteige oder Trinkwasserversorgung. Auch heuer sind große Investitionsausgaben für Trafoi vorgesehen.

Gibt es Pläne für eine Nutzung der ehemaligen „Polizeischule“ in der Örtlichkeit Heilige Drei Brunnen?

Konkrete Pläne gibt es bis dato leider noch immer nicht. Am Laufen ist eine Studie in Zusammenarbeit mit dem Land. Es ist Andrian Gamper, der Direktor unserer Ferienregion, der sich auch mit diesem Thema befasst.

Die Straße von Trafoi zum Wallfahrtsort ist noch immer in einem sehr schlechten Zustand.

Ja, das ist leider so. Ich habe hierzu in Kürze eine Aussprache beim Landeshauptmann Arno Kompatscher. Wir hoffen sehr, dass das Land die Instandsetzungskosten, die sich immerhin auf ca. 500.000 Euro belaufen, übernimmt. Schließlich wurde die Straße infolge des Schotterabtransportes beschädigt, den das Land in Auftrag gegeben hatte.

Wie sieht es mit der Errichtung des Wasserkraftwerkes aus, das die Gemeinde zusammen mit dem E-Werk Stilfs am Suldenbach errichten möchte?

Auch hierzu habe ich demnächst eine Aussprache mit dem Landeshauptmann. Der Haken an der Sache ist, dass die Möglichkeit zur Errichtung eines Kraftwerks zwar im Nationalparkplan vorgesehen wurde, dieser Plan aber noch nicht genehmigt ist. Für unsere Gemeinde wäre dieses Werk von enormer Bedeutung. Wir reden immerhin von einer Jahresleistung von ca. 21 Millionen kWh. Das entspräche in etwa einer Strommenge, wie sie das Rambach-Werk produziert. Der Gemeinde würde dieses Werk dauerhafte Einnahmen sichern und dem E-Werk würden Strom-Zukäufe erspart. Weil das E-Werk derzeit noch einen Teil des Stroms zukaufen muss, dürften sich die rasant gestiegenen Energiepreise zum Teil auch auf den Strompreis in unserer Gemeinde auswirken.

Wo soll das Krafthaus entstehen?

Es ist geplant, die Druckleitung zwischen Außersulden und Gomagoi entlang des Suldenbachs zu bauen. Das Krafthaus soll in Gomagoi errichtet werden. Unser großer Wunsch ist es, die Leitung und das Werk zeitgleich mit dem Bau des Abwassersammlers zu errichten. Der Abwassersammler von der Kläranlage Sulden bis zum Anschluss an den bestehenden Sammler in Gomagoi wird von der Bezirksgemeinschaft errichtet und ist bereits finanziert.

Bei einer Bürgerversammlung hier im Haus der Dorfgemeinschaft haben sich Leute aus Stilfser Brücke darüber beklagt, dass diese Ortschaft zurzeit eine einzige Baustelle ist und nichts für die Bewohner bzw. die Gestaltung des Ortes getan werde.

Zwischen Prad und Stilfser Brücke sind derzeit tatsächlich viele Arbeiten im Gang, die Gott sei Dank alle im Rahmen eines Mehrzweckprojektes in einem Zug umgesetzt werden: Druckleitung für das E-Werk Prad, neue Beregnungsleitung, Fahrrad-Aufstiegspur, Versetzung der Straße in zwei Bereichen und Trinkwasserleitung. Um auszuloten, was man machen kann, um in Stilfser Brücke Gestaltungsmaßnahmen zu setzen, ist demnächst ein Treffen vor Ort geplant. Auch wir möchten nicht, dass Stilfser Brücke zu einem reinen Durchzugsort für Autos, Motorräder und Radfahrer wird.

Bei der neuen Trinkwasserleitung handelt es sich um ein Teilstück der Leitung, über die in Zukunft Wasser von den Rosim-Quellen in Sulden bis nach Prad geleitet wird. Im Zusammenhang mit dieser Leitung gab es auch Kritik, vor allem in Sulden. Ist diese Debatte immer noch „heiß“.

Ich habe den Eindruck, dass sich die Diskussion mittlerweile etwas beruhigt hat und kann nur wiederholen, dass Sulden und die ganze Gemeinde Stilfs keine Nachteile haben, wenn ein Teil des Wassers der Rosim-Quelle nach Prad geleitet wird. Im Gegenteil, wir haben Vorteile. Würde das Wasser weiterhin „leer“ den Bach hinunterrinnen, hätte niemand etwas davon.

Wird es ab dem heurigen Sommer tatsächlich Lärmkontrollen entlang der Passstraße auf das Stilfser Joch geben?

Ja, das wird es. Wir möchten in Zusammenarbeit mit der Ortspolizei nicht nur Lärm-, sondern auch Geschwindigkeitskontrollen durchführen. Es darf nicht länger sein, dass man den Motorradlärm sogar auf dem Ortler-Gipfel hört und manche Biker regelrecht um die Wette fahren.

Bei der letzten Ratssitzung 2021 (siehe Bericht auf Seite 24, Anmerkung der Redaktion) haben Sie angekündigt, dass über den Nationalpark 800.000 Euro für die energetische Sanierung des Zivilschutzgebäudes in Sulden fließen werden und weitere 600.000 Euro für das Aufräumen von Schadholz in den Nationalparkgemeinden. Wie gelang Ihnen dieser „Glücksgriff“.

Das ist relativ einfach gesagt: seit ich Vizepräsident des Südtiroler Nationalpark-Führungsausschusses bin, habe ich viel mehr Einblick in den Park und das ganze Geschehen. Ehrlich gesagt, hatten wir vorher von dieser Fördermöglichkeit nichts gewusst. Als ich davon erfuhr, legte ich mich zusammen mit meinem Stellvertreter Armin Angerer sofort ins Zeug und reichte die Ansuchen ein.

Das Skikarussell „Ortler Ronda“ ist noch immer nicht vollständig. Wie sieht es derzeit aus?

Wir als Gemeinde haben ein großes Interesse daran, dass es der Seilbahnen Sulden GmbH gelingt, die Hintergratbahn als letztes Teilstück des Skikarussells zu bauen. Das Projekt wurde leider angefochten und eine Entscheidung des Staatsrates in Rom steht bis dato aus. Viel Zuspruch bei Einheimischen und Gästen findet indessen die neue Kanzel-10er-Kabinenbahn.

Von Sulden nach Gomagoi: Ist das Projekt „Festung Gomagoi“ völlig von der Bildfläche verschwunden?

Es gab bereits Pläne und auch die Finanzierung war gesichert. Aufgrund der Corona-Krise lief aber alles den Bach hinunter. Nun müssen wir wieder von vorne beginnen.

Wie stark hat die Pandemie der Tourismuswirtschaft in Ihrer Gemeinde zugesetzt?

Wie in allen anderen Gemeinden, in denen der Tourismus eine tragende Säule der Wirtschaft ist, haben auch wir die negativen Folgen zum Teil arg zu spüren bekommen. Besonders schlimm wirken sich die derzeitigen Corona-Reisebestimmungen in Deutschland aus. Vor allem Familien mit Kindern haben Buchungen storniert.

Zum Schluss noch zwei persönliche Fragen: sind Sie immer noch Weiß-Kreuzler mit Leib und Seele und wie geht es mit Ihrer Disco „Apres Club Sulden“ weiter?

Am Weißen Kreuz Sulden hänge ich wie seit eh und je. Im Frühjahr wird ein neuer Sektions-Ausschuss gewählt. Wie es aussieht, will man mich als Sektionsleiter nicht gehen lassen. Auch als Freiwilliger bin ich nach wie vor im Einsatz und rund um die Uhr in Bereitschaft. Die Disco möchte ich - sobald es Corona zulässt - noch einmal öffnen, zu einer gehörigen Abschiedsfeier einladen und sie dann verpachten.

Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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