Sozialdienste Vinschgau Von Mensch zu Mensch
Biologischer Gartenbau Latsch

„Mit Geld allein ist der Mensch alleine gelassen!“

Publiziert in 28 / 2009 - Erschienen am 22. Juli 2009
„Unser Sozialwesen ist nicht unser Luxus, sondern der Gradmesser unserer Menschlichkeit und Kultur“: Dieses Zitat steht in der Kurzfassung des Landessozialplanes 2000-2002 und beschreibt die Aufgabe der Sozialdienste genau richtig. Dies unterstreichen auch Johann Wallnöfer, Präsident der Bezirksgemeinschaft, und Martha Stecher, die seit September 1995 Direktorin der Sozialdienste ist. „Der Vinschger“ hat mit ihnen ein Gespräch geführt über das Sozialwesen im Vinschgau. von Daniela di Pilla Stocker (dany) Die Frage lautete: „Was war denn heuer anders als im Vorjahr? Gab es andere Auffälligkeiten in diesem Jahr? Johann Wallnöfer und Martha Stecher berichten ausführlich über die Veränderung im Vergleich zum Vorjahr. Die Daten sind die aktuellsten, nämlich jene des ersten Halbjahres 2009 und sind direkt vergleichbar mit dem Zeitraum vom Vorjahr 2008. Dies wird nicht jedes Mal im Bericht wiederholt. Eine wesentliche Änderung und politische Errungenschaft von Landesrat Richard Theiner war die Einführung der Pflegesicherung und die demnach entstehenden unterschiedlichen Pflegestufen mit wiederum unterschiedlicher Ausschüttung von Pflege­geldern, betont Wallnöfer. Jene Patienten, die in Altenheimen stationär aufgenommen sind, wurden ebenso eingestuft, ­zahlen dann klarerweise die Pflege im Heim. Der Zuwachs an Nachfrage für die Pflege zu Hause sei um 20 bis 25 Prozent gestiegen, berichtet die Direktorin. Warum das so ist? „Es gibt viele Möglichkeiten der Interpretationen“, antwortet Stecher. Ein Grund könnte sein, da alle Patienten neu eingestuft wurden, sind die Angebote wieder gegenwärtiger geworden. „Wir ersetzen nicht die pflegenden ­Angehörigen oder von der ­Familie angestelltes Pflegepersonal, die sogenannten ‚badanti’ (Frauen, die angestellt werden, um die pflegenden Angehörigen zu entlasten; Anm. d. Red.), wir bieten die Grundpflege an, geben Auskunft zu Angeboten und Unterstützungsmöglichkeiten, beraten, geben Pflegetipps“. Die Dienstleistungen würden vermehrt in Anspruch genommen, ein eindeutiger Hinweis, dass sich die Leute einen qualitativ hochwertigen Dienst wünschen und diesen gerne annehmen, sagt Stecher erfreut. Und natürlich haben die Menschen durch das Pflegegeld auch mehr finanzielle Unterstützung sich die Dienste einzukaufen, ergänzt Wallnöfer. Im gesamten Vinschgau habe es im ersten Halbjahr 2009 9.344 Pflegestunden gegeben, dies bedeutet ganze 1.557 im Monat! Das Personal in der Hauspflege sei aufgestockt worden, da mehr Nachfrage bestehe. Natürlich müssen auch Kriterien festgelegt werden, damit die Nach­frage überprüft werden könne. ­Diese erhöhte Nachfrage sei landesweit gegeben. Wallnöfer sagt noch, dass auf politischer Ebene zu entscheiden sei, welche Dienste grundlegende und wichtige Basisdienste seien. Er ergänzt: „Da ich nun mehr Einblick habe, bin ich überzeugt, dass die Dienste, die wir als Bezirksgemeinschaft führen, gewährleistet werden müssen, wenn nicht noch in einzelnen Bereichen ausgebaut. Das sind z.B. die Wohnmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung, die Tagespflegeheime und eben die Hauspflege“. Es brauche Kriterien und zu­mutbare Preise, sagen ­Wallnöfer und Stecher. Im Mittelvinschgau wurden 150 Menschen zu Hause gepflegt, im Obervinschgau 124. Auch über die Auslastung der Tagespflegeheime gibt die ­Direktorin Auskunft. In Prad herrscht die volle Auslastung, so dass es ab September 2009 einen zusätzlichen dritten Öffnungs­tag in der Woche geben wird. In Latsch gibt es eine höhere Nachfrage als bisher. In Mals gibt es das Angebot an einem Tag, und die Nachfrage habe sich seit kurzem verdoppelt. „Es ist gut, dass die Menschen dieses Angebot vermehrt annehmen“, unterstreicht ­Stecher, „denn es ist ein guter Dienst in Kombination mit der Pflege zu Hause und eine Entlastung für die pflegenden Angehörigen“. In Zusammenarbeit mit der Gemeinde Prad habe es bereits schon früher eine Umfrage gegeben, wonach der Wunsch nach einem dritten Öffnungstag des Tages­pflegeheimes laut geworden war. Und nun könne man ­diesem nachkommen. Das Pflegegeld wird nach den Pflegestufen eins bis vier berechnet und ausbezahlt. Das Pflegegeld soll für qualitative Dienste im Sinne und für den Betreuten eingesetzt werden, ist Stecher überzeugt. Es brauche Regelungen, es brauche eine Mischung zwischen Geld und Dienstleistung. Denn „mit Geld allein ist der Mensch alleine gelassen“, betont Stecher. Im Pflegesicherungsgesetz steht, dass es nicht nur um das Geld gehe, sondern auch um die Dienste, und diesen Auftrag nehme die Bezirksgemeinschaft Vinschgau sehr ernst, sagt Wallnöfer. Die Pflege, die ambulante Betreuung und das Altenheim seien die Pfeiler der Sozialdienste. Ohne Freiwillige allerdings ginge es aber nicht. Es ist toll, dass bei uns so viele Freiwillige einige Dienste versehen, wie etwa „Essen auf Rädern“, betonen Wallnöfer und Stecher. Eine spürbare Entwicklung nach oben gebe es auch in der finanziellen Sozialhilfe. Im ersten Halbjahr waren im Obervinschgau 10 Prozent mehr Klienten, im Mittelvinschgau sogar 15 Prozent mehr. Die Ausgaben betreffend soziales Mindesteinkommen, Mietzuschuss und Wohnungsnebenkosten sind im Mittelvinschgau um 30 (!) Prozent gestiegen, im Obervinschgau um 10 Prozent. Nicht zu vergessen dabei, dass das Lebensminimum um 100 Euro monatlich angehoben worden war, trotzdem mehr Ausgaben da sind, da mehr Leute die finanzielle Sozialhilfe beanspruchen. Abschließend sagen Wallnöfer und Stecher, dass es zu ­schauen gilt, was in den jeweiligen Bereichen welche Qualität haben muss: Eine große Heraus­forderung, dass man eben hinschaut und auf Qualität setzt. „Hoffentlich ist der politische Wille auf Landesebene gegeben, diese Qualität auch zu ­sichern.“ Auch in Krisenzeiten sollen Projekte angegangen werden, zum Beispiel in der Vorsorge, denn dadurch geraten weniger Menschen in Not, schließt Wallnöfer ab. „Wir arbeiten kontinuierlich an Konzepten für Qualität in Sprengeln und Einrichtungen.“ Die Interreg-Programme würden dies ermöglichen. Die Sozialdienste im Vinschgau Es gibt im Vinschgau den Sprengel Obervinschgau und den Sprengel Mittelvinschgau. Dort sind die Gesundheits- und Sozialdienste vereint. ­Telefonnummer des Sprengels Obervinschgau 0473 83 60 00, des Sprengels Mittelvinschgau Gesundheitsdienste 0473 73 66 00, der Sozialdienste 0473 73 67 00. Es gibt eine Broschüre, die in den Sprengeln aufliegt mit allen wichtigsten Informationen.
Daniela di Pilla
Daniela di Pilla
Vinschger Sonderausgabe

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