Was bringt das neue Abkommen?
Viele Infos bei Grenzpendlertagung in Schluderns
Nach zweijähriger Corona-Zwangspause konnte die traditionelle Grenzpendlertagung heuer wieder stattfinden.
Josef Trafoier
Rosemarie Mayer
Gerlinde Warger
Karin Sanin
Luise Pörnbacher
Dieter Pinggera
Anke Gähme
Erich Achmüller
Albrecht Plangger

Neuerungen für „zukünftige“ Grenzpendler

Für die „aktuellen“ Pendler ändert sich relativ wenig. Ob die Vereinbarung mit 1. Jänner 2023 in Kraft tritt, ist ungewiss.

Publiziert in 10 / 2022 - Erschienen am 24. Mai 2022

Schluderns - Die Zeiten, als es speziell im Obervinschgau schwierig war, eine Arbeit zu finden, sind vorbei. „Jetzt ist es fast umgekehrt, wir haben einen Arbeitskräftemangel in vielen Bereichen“, sagte Erich Achmüller, der frühere Vorsitzende der „Südtiroler in der Welt“ (KVW-Arbeitsstelle für Heimatferne). Er moderierte die 49. Grenzpendlertagung, die nach zwei pandemiebedingten Ausfällen heuer wieder abgehalten werden konnte. Wenngleich die Tagung nicht mitten im Winter stattfand, wie es bisher Tradition war, sondern am 21. Mai, konnte die neue Vorsitzende der „Südtiroler in der Welt“, Luise Pörnbacher, nicht nur viele Grenzpendlerinnen und Grenzpendler im Kulturhaus in Schluderns begrüßen, sondern auch viele Referenten und Ehrengäste aus der Politik. Die Grüße im Namen des KVW Bezirks Vinschgau überbrachte Josef Bernhart, der stellvertretende Bezirksvorsitzende. Regionalratspräsident Sepp Noggler verwies in seinen Grußworten darauf, dass die Möglichkeit, in der Schweiz zu arbeiten, nach wie vor von vielen genutzt werde: „Es gibt über 1.000 Wochen- und Tagespendler. In manchen Gemeinden im Vinschgau stellen die Pendler bis zu 30 Prozent der gesamten Arbeitnehmerschaft.“

Neues Steuerabkommen im Fokus

Der Kammerabgeordnete Albrecht Plangger, der u.a. auch in der parlamentarischen Gruppe „Amici dei frontalieri“ mitarbeitet, informierte über das neue Steuerabkommen zwischen Italien und der Schweiz für Grenzpendler. Der Vertrag liege derzeit noch zur Behandlung im Parlament auf, „und es ist ungewiss, ober er mit 1. Jänner 2023 tatsächlich in Kraft tritt.“ Es werde wohl noch einen entsprechenden Druck seitens der Schweizer Bundesregierung auf Rom brauchen. „In der Sache selbst dürfte es keine Änderungen mehr geben“, gab sich Plangger überzeugt. Für die „aktuellen“ Grenzpendler werde sich relativ wenig ändern, während auf die „zukünftigen“ sehr wohl Neuerungen zukommen. Das Ziel des Abkommens ist es, eine Doppelbesteuerung zu vermeiden. Der neue Vertrag unterscheidet zwischen „aktuellen“ und „zukünftigen“ Grenzpendlern. Die „aktuellen“ mit Wohnsitz innerhalb des 20-km-Streifens zur Schweizer Grenze werden weiterhin ausschließlich in der Schweiz besteuert. Als „aktuelle“ Grenzpendler werden jene eingestuft, die schon zwischen dem 31. Dezember 2018 und dem Inkrafttreten des Vertrages einer abhängigen Arbeit in der Schweiz nachgegangen sind. Anwendung findet der Vertrag für Grenzpendler in den Schweizer Kantonen Tessin, Wallis und Graubünden, sowie in den der Lombardei, im Piemont, im Aostatal und in Südtirol. Die „zukünftigen“ Grenzpendler werden in der Schweiz und in Italien besteuert, nicht mehr ausschließlich in der Schweiz. Sie machen ihre Steuererklärung - unabhängig vom 20-km-Streifen - in Italien mit den dort geltenden Bestimmungen. Die in der Schweiz rückbehaltene Quellensteuer kann in Abzug gebracht werden. Die Schweiz übermittelt der italienischen Steuerbehörde jährlich die Steuerdaten der „zukünftigen“ Grenzpendler, nicht aber der „aktuellen“. 80% der Quellensteuer bei den „zukünftigen“ Grenzpendlern bleiben und in der Schweiz. Die Schweiz wird den sogenannten Steuerausgleich, der sich progressiv verringern wird, bis einschließlich 2033 an die italienischen Grenzgemeinden überweisen. Nach dieser Übergangszeit bleibt die Quellensteuer zu 100% in der Schweiz.

1,4 Mio. Euro an Steuerausgleich

In einem Einvernehmensprotokoll wird festgelegt, dass Italien bis 2033 den aktuellen Steuerausgleich in Höhe von ca. 88 Millionen Schweizer Franken (2019) für rund 65.000 Grenzpendler mit eigenen Finanzmitteln garantiert und dass er die nun progressiv sinkenden Überweisungen aus der Schweiz ausgleichen wird. Nach 2034 soll dieser Betrag nur mehr durch die Steuereinnahmen des Staates aus der erhöhten Besteuerung der „zukünftigen“ Grenzpendler gedeckt werden. Über die Verwendung der Geldmittel in Höhe von ca. 1,4 Mio. Euro, die als Steuerausgleich für das Jahr 2019 in den Vinschgau geflossen sind, informierte Dieter Pinggera, der Präsident der Bezirksgemeinschaft Vinschgau. Es handle sich um wichtige Geldmittel für die Gemeinden, die zum Wohl der Allgemeinheit in öffentliche Strukturen investiertet wurden. Bedauerlich sei, dass der Staat mit der Zahlung zwei Jahre im Verzug ist. Die Beitragshöhe spiegelt die Anzahl der Grenzpendler wider. Den größten Betrag für das Jahr 2019 bekam mit 440.000 Euro die Gemeinde Mals, gefolgt von Graun (270.000), Taufers im Münstertal (179.000), Prad (142.000), Schluderns (136.000), Laas (94.000), Schlanders (56.000), Glurns (42.000) und Stilfs (19.000).

Geballte Infos zu vielen Themen

Mit detaillierten Informationen über das einheitliche Kindergeld in Italien wartete Karin Sanin vom KVW-Patronat auf. Es gebe leider noch etliche offene Fragen, die vom Nationalinstitut für Soziale Fürsorge INPS/INPS zu klären seien. Laut Sanin sollte die Politik diesbezüglich beim Nationalinstitut intervenieren. Gerlinde Warger Pegoraro (Lohnverantwortliche Diala Treuhand AG) referierte über Neuerungen beim Kindergeld und der Vaterschaftsentschädigung in der Schweiz, während Rosemarie Mayer (KVW-Mitarbeiterin Südtiroler in der Welt) über das Kindergeld und weitere Themen in Österreich informierte. Das Schweizer Rentensystem stand im Mittelpunkt der Ausführungen von Anke Gähme, der Regionalleiterin der Grenzgängergewerkschaft Unia. Mit arbeitsrechtlichen Anliegen in der Schweiz und weiteren Anliegen können sich die Grenzpendler an das Grenzpendlerbüro „Südtiroler in der Welt“ in Mals wenden. Francesco Brevetti (Unia) ist einmal im Monat für Beratungsgespräche in Mals. Das Grenzpendlerbüro ist derzeit nur mit Aushilfskräften besetzt (Terminvereinbarungen unter Tel. 0471 941705).

„Abschiedsrede“ von Josef Trafoier

Mit einer Art Abschiedsrede wartete der langjährige Sprecher der Grenzpendler, Josef Trafoier aus Schluderns, auf. Nach 40 Jahren sei es ihm ein Anliegen, nicht nur der Arbeitsstelle für Heimatferne zu danken, sondern auch den Mitgliedern der Grenzpendler-Arbeitsgruppe, die sich ehrenamtlich für die Anliegen der Grenzpendler eingesetzt haben und immer noch einsetzen. Einen besonderen Dank zollte er Albrecht Plangger. Zum neuen Abkommen meinte Trafoier, dass es auch für „zukünftige“ Pendler trotz der ins Haus stehenden Neuerungen interessant sein werde, in der Schweiz zu arbeiten. Kritik übte er am Nationalinstitut für Soziale Fürsorge INPS/INPS in Sachen Kinderzulagen: „Die Auszahlungen werden blockiert bzw. verkompliziert.“ Bedauert hat Trafoier, dass sein seinerzeitiger Aufruf an die Grenzpendler, die Arbeitsstelle für Heimatferne mit einem freiwilligen, kleinen Beitrag zu unterstützen, ungehört verhallt sei.

Sommertreffen in Mals

Das Sommertreffen der „Südtiroler in der Welt“ findet heuer übrigens im Vinschgau statt, genauer gesagt am 30. Juli in Mals. Die KVW Ortsgruppen der Gemeinde Mals laden alle Südtirolerinnen und Südtiroler in der Welt mit ihren Familien und Bekannten sowie alle in der Heimatfernen-Arbeit tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des KVW zum Sommertreffen ein (Information und Anmeldung: Arbeitsstelle Südtiroler in der Welt; Tel. 0471 309176; E-Mail:
suedtiroler-welt@kvw.org; Anmeldeschluss: 14. Juli). 

Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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