Stolz darauf, zur Arbeit zu gehen
Im Bild die HOPPE-Gruppe mit (von links): Christian Pfitscher, Lukas Graiss, Armin Wellenzohn und Matthias Thaler; auf dem Titelfoto ist die Gemeinde-Gruppe zu sehen (von links): Peter Rechenmacher, Franz Angerer und Manfred Planötscher.

Nicht die Menschen den Strukturen anpassen...

Publiziert in 19 / 2013 - Erschienen am 23. Mai 2013
...sondern die Strukturen den Menschen. Zwei Beispiele gelungener ­Arbeitsintegration von Menschen mit Beeinträchtigungen. Schlanders - Arbeitsplätze sind derzeit generell Mangelware. Umso schwieriger ist es, für Menschen mit Beeinträchtigungen eine Beschäftigung finden. Dass es dennoch gelingen kann, belegen zwei Beispiele der Lebenshilfe Vinschgau. Bereits vor über zwei Jahren hat die Firma HOPPE gemeinsam mit der Lebenshilfe ein Konzept ausgearbeitet, das vorsieht, dass die Menschen mit Behinderung im Endfertigungsbereich des Herstellers für Tür- und Fenstergriffe im Werk in Laas ihre Arbeit an einer so genannten „Fertigungsinsel“ verrichten. Sie arbeiten eigenständig, sind aber vollständig in den übrigen Fertigungsbereich eingegliedert und stehen in direktem Kontakt zu den übrigen Mitarbeitern. Im Dezember 2011 wurde der Firma HOPPE für dieses Konzept der Integrationspreis des Landes verliehen. Der HOPPE-Gruppe gehören 4 bis 5 Männer an, die von einem Betreuer der Lebenshilfe begleitet werden. Die Männer, die von Montag bis Freitag nach Laas gebracht und wieder abgeholt werden, sind stolz darauf, eine Arbeit zu haben. Ihr Selbstwertgefühl steigt enorm. Noch dazu gibt es monatlich ein Taschengeld. Zusätzlich zu den Einsätzen in Laas werden in einer Werkstätte der Lebens­hilfe Produkt-Bestandteile für die HOPPE zusammengebaut. Die Beschäftigung im HOPPE-Werk fußt auf einem Dienstleistungsvertrag zwischen der Lebenshilfe und der Firma. Pflege von Spielplätzen und Parkanlagen Dank eines solchen Dienstleistungsvertrages mit der Gemeinde Schlanders sind seit dem Frühjahr 2012 drei weitere betreute Männer damit beschäftigt, die Spielplätze und Parkanlagen im Hauptort Schlanders und in den Fraktionen zu pflegen. Auch sie werden von einem Betreuer der Lebenshilfe begleitet. Die Arbeiten erfolgen in Zusammenarbeit und Absprache mit dem Bauhof und dem Gemeindegärtner Hansjörg Eberhöfer. Auch bei der Vollversammlung der Lebenshilfe Vinschgau am 9. Mai im Haus „Slaranusa“ wurden diese zwei Modelle der Arbeitseingliederung lobend hervorgehoben. Dieter Pinggera, der Präsident der Lebenshilfe Vinschgau, und der Leiter des Hauses sowie Leiter der Bereiche Arbeit und Wohnen in der Lebenshilfe Südtirol, Georg Horrer, stimmten darin überein, dass es noch mehr derartige Modelle geben sollte. Franz Angerer von der Gemeinde-Gruppe und Lukas Graiss von der HOPPE-Gruppe berichteten über ihre Arbeitserfahrungen. Die Freude über das Gefühl, gebraucht zu werden und zudem ein Taschengeld zu verdienen, war ihnen anzusehen. Evaluation brachte ein neues Klima Die 2007 von Felix Finster vom Servicezentrum für Evaluation und Entwicklung der Lebenshilfe Tirol in Zusammenarbeit mit Sascha Plangger, Universitätsassistent am Institut für Erziehungswissenschaft in Innsbruck, durchgeführte Evaluation brachte ein neues Klima. „Es wurden die Stärken, aber auch die Schwächen der Lebenshilfe Vinschgau erhoben und wir können heute feststellen, dass es in nahezu allen Bereiche zu Neuerungen und Fortschritten gekommen ist, sei es in den Werkstätten, im Bereich Wohnen, in der Freizeitgestaltung oder bei der Wochenendbetreuung,“ sagte Pinggera. Wertvolle Hilfe leiste die Integrierte Volkshochschule Vinschgau, angesiedelt bei der Genossenschaft für Weiterbildung und Regionalentwicklung in Spondinig. Der Arbeitsschwerpunkt ist die Weiterbildung von Menschen mit und ohne Behinderung. Juliane Stocker fungiert als Koordinatorin. Ihr Mann Sascha Plangger unterstützt sie. Auch mit dem Arbeitskreis Eltern Behinderter (AEB) und anderen Partnern wird zusammengearbeitet. Sozialgenossenschaft für Arbeitsintegration An der Gründung einer neuen Sozialgenossenschaft für Arbeitsintegration sind laut ­Dieter Pinggera alles 13 Vinschger Bürgermeister interessiert: „Die Machbarkeitsstudie für diese Genossenschaft wird derzeit abgeschlossen.“ Gedacht werde unter anderem daran, dass die Gemeinden bestimmte Dienste auslagern, etwa die Pflege von Grünflächen. Die Angebote der im Obervinschgau operativen Assistenzplattform für die mobile Betreuung von Senioren und Menschen mit Behinderungen werden angenommen, „und wenn sich dieses ESF-Projekt weiterhin bewährt, möchten wir es auf das ganze Tal ausdehnen,“ kündigte der Präsident der Lebenshilfe an. Insgesamt gehe es darum, sich vom Prinzip, Menschen mit Behinderungen in stationären Einrichtungen zu betreuen, etwas zu lösen und mehr in Richtung personenbezogenes Handeln und Denken zu gehen, also auf mehr Lebensqualität für die Betroffenen zu setzen. „Die Menschen nicht auf ihre Mängel reduzieren“ Auf dieses Thema ging auch ­Sascha Plangger in seinem Impulsreferat ein. Die Betreuten dürften nicht als Objekte der Fürsorge angesehen werden, sondern als Menschen mit vielen Stärken, Fähigkeiten und Potentialen. Leider sei es oft so, dass die Gesellschaft Menschen mit Beeinträchtigungen als Defizit-Menschen wahrnimmt: „Man reduziert sie auf bestimmte Mängel, ihre vielen Fähigkeiten werden ausgeblendet.“ Ziel sei es, Menschen mit Beeinträchtigungen möglichst nicht in Einrichtungen zu verbannen, sondern als Teil und Potential der Gesellschaft zu sehen und zu integrieren. Für das Gelingen dieses Weges der Inklusion nannte Plangger vier Elemente: Visionen und Träume, ein Ziel, einen Plan und den Einsatz eines Unterstützerkreises. Auch mit einem Fallbeispiel dazu wartete er auf. So ist es einem Unterstützerkreis gelungen, für ein Mädchen aus Naturns assisitierte Arbeitsmöglichkeiten anzubieten. 52 begleitete Personen Von der Lebenshilfe Vinschgau werden derzeit 52 Personen betreut und begleitet. Im Vorjahr hatte man laut Pinggera und Horrer unter anderem stark dafür kämpfen müssen, dass die Dienste im Zuge der Vorgabe, sie europaweit ausschreiben zu müssen, doch gehalten werden konnten. Die Lebenshilfe kann die Dienste demnach für fünf Jahre weiterführen und sie für weitere drei Jahre verlängern. Gedankt wurde in diesem Zusammenhang dem Generalsekretär der Bezirksgemeinschaft Konrad Raffeiner. Pinggera verwies auch darauf, „dass die Sozialdienste der Bezirksgemeinschaft Vinschgau seit Jahren einem harten Sparzwang unterliegen.“ Dennoch sei es gelungen, alle wesentlichen Dienste zu halten. Einen besonderen Dank zollten Pinggera und Horrer den zwei Bereichsleitern Emma Pinzger (Wohnen) und Manfred Ratschiller (Arbeiten). Die Zahl der Wohngemeinschaften ist mittlerweile auf fünf gestiegen. Am Bestreben, das Haus noch stärker nach außen zu öffnen, sprich die betreuten Menschen am Leben und am Alltag im Dorf teilhaben zu lassen, wird laut Georg Horrer festgehalten. Neuwahlen Auch die Neuwahl des Vorstandes stand heuer an. Der Vorstand wurde einstimmig bestätigt: Sieglinde Gufler Sgammini, Helmut Haller, Monika Holzner Wunderer, Margareth Kainz Moriggl, Dieter Pinggera, Johanna Stecher und Irene Steiner. An der Vollversammlung nahmen auch die Landespräsidentin der Lebenshilfe, Paola Gasser Amort, und der Geschäftsleiter Wolfgang Obwexer teil. Sepp Laner
Josef Laner
Josef Laner

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