Noch ist der „Krieg“ nicht gewonnen
Über 300 positive getestete Personen zwischen der Töll und dem Reschen wurden beim Corona-Screening „herausgefischt“.
Vinschgau - Zu den größten Gefahrenquellen bei der Verbreitung des Coronavirus gehören jene Personen, die zwar infiziert sind, aber keine Symptome haben und somit meistens gar nicht wissen, dass sie andere Personen, mit denen sie Kontakt haben, anstecken können. Mit dem Corona-Screening, das vom 20. bis zum 22. November in Südtirol durchgeführt wurde, ist es gelungen, landesweit 3.185 infizierte Personen „herauszufischen“ und zu isolieren. In den 16 Gemeinden von Partschins bis Graun wurden im genannten Dreitageszeitraum 322 Personen positiv getestet (siehe Tabelle). Im Gesundheitsbezirk Meran waren es insgesamt 949. Landesweit belief sich die Zahl der positiv Getesteten auf 3.185. Dass sich von der Zielgruppe von 350.000 Südtiro-
lerinnen und Südtirolern an den drei Tagen über 343.000 freiwillig würden testen lassen, hatten wohl die wenigstens angenommen. Selbst das Land und der Sanitätsbetrieb hatten bei weitem nicht mit einer derart hohen Beteiligung gerechnet. „Unsere Erwartungen wurden weit übertroffen“, sagte Landeshauptmann Arno Kompatscher nach dem Abschluss der dreitätigen Aktion „Südtirol testet“. Die Aktion wurde nach den 3 Tagen mit Tests in Apotheken sowie bei Hausärzten und Basiskinderärzten bis zum 25. November fortgesetzt. Am Abend des 24. November belief sich die Gesamtzahl der landesweit Getesteten bereits auf über 356.000.
„Großer Verantwortungssinn“
Kompatscher bescheinigte der Südtiroler Bevölkerung bereits unmittelbar nach dem Abschluss der 3 Testtage großen Bürger- und Verantwortungssinn. Dank der außerordentlich hohen Beteiligung an den flächendeckenden Antigen-Schnelltests sei es gelungen, einen wichtigen Schritt gegen eine weitere Ausbreitung des Cornonavirus zu tun. Die Zahl der landesweit getesteten Personen, die sich allein an den drei Tagen an der Aktion beteiligten, belief sich auf 343.227. Das entspricht 61,9 Prozent der in Südtirol ansässigen Menschen. Der Prozentsatz der positiv Getesteten lag landesweit bei 0,9. Es war allgemein von einem höheren Prozentsatz ausgegangen worden. Bereits bis zum vergangenen Montagabend wurde das Ziel von 350.000 Teilnehmenden mit fast 352.000 Getesteten übertroffen. Die Zahl der positiv auf das Virus getesteten Personen belief sich zu diesem Zeitpunkt auf 3.370. Wie Kompatscher nach dem dreitägigen Corona-Screening vor den Medien präzisierte, liege der Wert der gemeinsamen Aktion „Südtirol testet“ darin, die „Reproduktionszahl R von 1,5, wie wir sie letzthin in Südtirol hatten“, zu senken und damit eine exponentielle Verbreitung des Virus zu verhindern.
„Ergebnis nicht zunichte machen“
Um das „großartige Ergebnis“ der Aktion nicht zunichte zu machen, „braucht es weiterhin Disziplin.“ Das Ergebnis habe allen in Südtirol und vor allem dem Gesundheitswesen sehr viel gebracht, „nämlich die Kontrolle wieder zurückzubekommen und die Möglichkeit zu haben, schrittweise ab dem 30. November wieder öffnen zu können“, so Kompatscher. Kleinkindbetreuung, Kindergarten und Grundschule starteten bereits am 24. November wieder in Präsenz. Um das gemeinsam Erreichte nicht zu gefährden, „heißt es genau jetzt, besonders diszipliniert zu sein.“ Der Landeshauptmann, der Generaldirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebes, Florian Zerzer, der „Südtirol testet“-Projektleiter Patrick Franzoni und weitere Verantwortungsträger riefen unisono dazu auf, „weiterhin die Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen zu beachten, also weiterhin Mund-Nasenschutz zu tragen, Abstand zu halten, häufig die Hände zu waschen, Treffen mit Menschen aus anderen Haushalten zu vermeiden und die Vorgaben der Verordnung einzuhalten.“ Dies gelte vor allem auch bei negativem Testergebnis.
Riesenerfolg trotz technischer Pannen
Im Rahmen der bisher in dieser Form einmaligen Testaktion in Südtirol kam es auch zu einigen technischen Pannen bzw. Problemen, vor allem im Zusammenhang mit der Mitteilung der Testergebnisse und Übermittlung der Daten. Im Großen und Ganzen darf man aber von einer vorbildhaften und einzigartigen Gemeinschaftsleistung aller Beteiligten sprechen. Den größten Part zum Gelingen der Massentests haben die Bürgerinnen und Bürger geleistet, die sich testen ließen. Mächtig ins Zeug gelegt haben sich neben dem Sanitätsbetrieb, dem Zivilschutz und den zuständigen Landesstellen auch die Gemeinden mit ihren Mitarbeiterteams, die Freiwilligen Feuerwehren, das Weiße Kreuz, die Ortspolizei, Ärzte und Pfleger, Apotheker und nicht zuletzt viele Freiwillige. Vor allem in kleineren Gemeinden war es keine leichte Herausforderung, die Standorte für die Durchführung der Tests entsprechend herzurichten und viele weitere logistische Vorbereitungen zu treffen.
„Verantwortung übernommen“
Auch die Vinschger Gemeindeverwaltungen hatten die Bevölkerung vor der Aktion und auch während der Testtage vollherzig zur Teilnahme aufgerufen. Nicht gefehlt haben dann auch die Dankesworte der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister. Der Schludernser BM Heiko Hauser zum Beispiel teilte über Facebook mit, dass er sich eine Teilnehmerzahl von rund 1.300 nie und nimmer erwartet hätte. „Wenn man dann noch die ca. 300 Personen dazu rechnet, die in den letzten drei Monaten positiv oder in Quarantäne waren, dann kann man sagen, dass 1.600 Schludernser Bürgerinnen und Bürger getestet wurden“, so Hauser. Das sei eine „wirklich gewaltige Anzahl.“ Bewältigt werden konnte die „Herkulesaufgabe“ nur, weil man auf viele Menschen zurückgreifen konnte. Die Schludernser hätten gezeigt, dass sie Verantwortung für sich selber, aber auch für ihre Mitbürger übernehmen, und dass sie zusammenhalten können. „Die Abwicklung einer solchen Aktion bedarf eines guten Zusammenspiels und wäre sonst nicht zu schaffen gewesen. Besonders erfreut waren wir über die sofortige Bereitschaft von Euch allen, mitzuhelfen, Verantwortung zu übernehmen und die verschiedenen Arbeiten mitzutragen.“ Mit diesen Worten bedankten sich die Bürgermeisterin von Laas, Verena Tröger, und ihre Stellvertreterin Franziska Riedl bei allen, die bei der Aktion mitgeholfen haben, sowie auch bei der Bevölkerung, die zahlreich teilgenommen hat. Durch die große Disziplin und Umsicht aller konnten die Tests problemlos vor Ort durchgeführt werden. „Bleiben wir weiterhin vorsichtig und halten wir uns an die verschiedenen Sicherheits- und Hygienemaßnahmen. Dann werden wir hoffentlich die derzeit schwierige Situation in den Griff bekommen“, so Verena Tröger und Franziska Riedl.
„Negativtest ist kein Freipass“
Die Beteiligung an den Massentests, das „Herausfischen“ von vielen Infizierten, die keine Symptome haben, und die Tendenz, wonach der Druck auf die Krankenhäuser langsam abflaut, haben zwar allgemein für etwas Erleichterung gesorgt, doch die Zeit für eine euphorische Stimmung ist wohl noch lange nicht gekommen. Vor allem auch Personen, deren Testergebnis negativ war, dürfen sich jetzt keinesfalls in Sicherheit wiegen, denn ein „Negativtest ist kein Freipass“, wie es Franzoni auf den Punkt brachte.
