Jetzt Volk, entscheide du!
Vom Rambach unmittelbar betroffen die Fraktion Rifair, Gemeinde Taufers im Münstertal

Opus für vier Gemeinden und drei Szenarien

Publiziert in 22 / 2012 - Erschienen am 6. Juni 2012
Die Meinungsbildung zur Zukunft des Rambachs endete in der Turnhalle der Laatscher Grundschule. Die Positionen reichten von ergebnislos bis sehr erfolgreich. Laatsch - Peter Kasal, Direktor des Landesamtes für Landschafts­ökologie, zog ein sachliches Fazit vor gut 150 Personen: „Immerhin haben sich 20 Personen die Zeit genommen und sich vier Mal zum Rambachdialog mit den Bürgermeistern von Taufers im Münstertal, Mals und Glurns, den Vertretern von Umweltschutzgruppe Vinschgau, Bürgerinitiative ‚Pro Rambach‘, Fischereiverein, Tourismusverein, Unternehmer, Landwirtschaft, Wildbach- und Lawinenverbauung West, Gewässerschutz und Landschaftsökologie getroffen.“ Ergeben hätten sich drei Szenarien: 1. eine energiewirtschaftliche Nutzung, 2. eine touristisch nutzbares Erlebniszentrum für den Oberen Vinschgau und 3. ein grenzüberschreitendes Biosphärenreservat am Rambach. Überraschende Ergebnisse Die Fachleute der auf „integrative Naturraumplanung“ spezialisierten Firma Revital aus Osttirol waren mit ihrem Bewertungsschema auf Grundlage der Kategorien „Wirtschaftlichkeit und Entwicklung, Klima und Energie, Nachhaltigkeit und Image, Naturraum und Ökologie“ und 11 Bewertungskriterien zu denselben Ergebnissen gekommen wie die Teilnehmer am Rambachdialog. Beides Mal lag das Szenario 3 mit der „Erhaltung und Revitalisierung des Rambaches und Schaffung einer Modellregion“ vorne. Genau dafür durfte sich ­Christoph Wallnöfer von der Gruppe „Pro Rambach“ als Anwalt einsetzen. Sein Plädoyer mit dem provokant moralisierenden Titel „Rambach oder Geld – was zählt?“ sollte helfen, Antworten auf diese Frage zu finden. Wallnöfer forderte die Zuhörer auf, sich bewusst zu werden, dass der Rambach einer der wenigen größeren Flüsse in den Alpen sei, der noch nicht für die Stromgewinnung genutzt werde. Er forderte die Landesregierung auf, das Angebot zur Zusammenarbeit von Biosfera Val Müstair, Schweizer Nationalpark und Pro Natura anzunehmen. Im Kern lautete die Botschaft, den Rambach vor Ableitungen für die Stromgewinnung zu ­schützen und ihn als Ort der Erholung zu erhalten. Jede Verbauung und jedes E-Werk würden den nächsten Generationen Entwicklungsmöglichkeiten verschließen. Wallnöfers Gegenspieler war Wasserbauingenieur Walter Gostner. Der versuchte in Laatsch mit allen Registern der Wissenschaftlichkeit und mit Argumenten zum Aspekt Restwasser­menge eine Lanze für „Naturschutz und Wasserkraft am Rambach – eine Chance für nachhaltiges Wirtschaften in unserer Region“ zu brechen. Den Rambach könne man wegen des Geschiebehaushalts, der Wasserqualität und der Sperrverbauungen nicht als natürlich bezeichnen, meinte ­Gostner, der die technischen Daten eines Kraftwerkes mit Fassung am Valgarolabach und dem Krafthaus bei der Calven­brücke präsentierte. Als Vorteile zählte Gostner die jährlichen Einkünfte für die Gemeinden (2 bis 2,5 Millionen Euro), die wirtschaftlichen Aktivitäten während der Bauzeit und den Beitrag zum Klimaschutz auf. Sieben Ausgleichsmaßnahmen – darunter alles, was „Pro Rambach“ auch forderte – stellte der Referent in Aussicht, von Revitalisierungsmaßnahmen über jährliche „Fixinvestitionen in Umweltmaßnahmen“ bis zur Einbindung in die Biosfera Münstertal. Sie sind das Volk Die Stimmen aus dem „Volk“ in der Laatscher Turnhalle bezogen sich auf die Zweifel an den angegebenen Restwassermengen der Kraftwerkbefürworter. Es fiel der Ausdruck „alles derstunken und derlogen“. Es lag die Furcht vor einem Einstieg der Landesenergiegesellschaft SEL oder privater Unternehmer in der Luft. Von Seiten der Verwalter wurde aufmerksam gemacht, dass man sich viele Einrichtungen nicht mehr leisten könne. Konkret wurde ein Jugendbetreuer oder eine Kindertagesstätte in Taufers genannt. Im Falle eines Kraftwerksbaus könnten „Bach und Geld weg“ sein, weil das Land weniger Uferzinsgelder zuweisen würde, machte ein ­Rifairer Neubürger aufmerksam. Von den Bürgermeistern wurde verlangt, die Karten auf den Tisch zu legen. Für den ersten Bürger von Taufers, Hermann Fliri, war eine bindende Volksbefragung unausweichlich. Ebenso für Ulrich Veith, wenn zwei Drittel des Gemeinderates dies anstrebten. Zu entscheiden sei allerdings, ob in der ganzen Gemeinde oder nur in einer Fraktion. Bürgermeister Erich Wallnöfer wollte in Glurns bei Bedarf entscheiden lassen. Der sich als Zaungast fühlende Schludernser Bürgermeister Erwin Wegmann war für einen ökologisch vertretbaren Kraftwerksbau. Eine Volksbefragung werde es in Schluderns nicht geben. Der Spezialist für direkte Demokratie, Gerhard Kapeller aus Taufers, freute sich, dass man jetzt auf das Volk zurückgreife, machte aber auf die Schwierigkeiten einer Befragung aufmerksam. „Wie werden die Menschen informiert?“, fragte er. „Was passiert, wenn eine Gemeinde dafür, die andere dagegen stimmt?“ Günther Schöpf
Günther Schöpf
Günther Schöpf

Diese Seite verwendet Cookies für funktionale und analytische Zwecke. Lesen Sie unsere Cookie-Richtlinien für weitere Informationen. Durch die Nutzung dieser Website erklären Sie sich damit einverstanden.