Rohstoff Hanf
Amalia Wallnöfer, Christoph Kirchler, Karl Luggin (Anbauer) und Rudi Maurer (Umweltschutzgruppe, v.l.) witzeln über die magere, männliche Hanf-Pflanze.

Regionale Autonomie, die aus dem Boden kommt

Publiziert in 29 / 2015 - Erschienen am 25. August 2015
Aus Hanf kann fast alles entstehen: Medizin, Stoffe, Lebensmittel, Ziegelsteine, Speiseöl und Müslikerne. Auf was wartet der Obervinschgau noch? Lichtenberg - Die Griechen hätten ihr Alphabet nicht exportieren können, Kolumbus wäre ein Fischer in Ligurien geblieben - von wegen Amerika entdecken. Die Alpen wären noch immer nicht erstiegen und erobert, hätte es keine Hanfseile gegeben. „Wo wären wir heute in der Geschichte, hätten die Menschen nicht den Hanf gekannt und genützt?“, fragte der Pusterer Christoph Kirchler am Rande eines Hanffeldes in ­Lichtenberg. Mit ­missionarischem Eifer erklärte er den 30 Interessierten, warum er trotz Jacke, Hemd und langer Hose in der Juli-Hitze 2015 nicht schwitze. „Hanfkleidung kühlt im Sommer und wärmt im Winter, absorbiert den Schweiß, ist schadstofffrei und robust bei Nässe.“ Zusammen mit Werner Schönthaler aus Eyrs und der Hanfanbauerin Amalia Wallnöfer aus Lichtenberg versuchte der Gründer von „ecopassion“ den Umstehenden klar zu machen, dass der Hanf­anbau im Vinschgau die Probleme der intensiven und biologischen Landwirtschaft zum Vorteil aller lösen könnte. Während Amalia ­Wallnöfer ihren selbst produzierten Hanf-Sirup verdünnte und als Durstlöscher verteilte, versuchte Kirchler nicht nur zu schwärmen, sondern auch wissenschaftlich zu erklären. Hinter einem Tischchen mit „Bio Hanfprotein, Bio Hanfnussmehl, Bio Hanfnüsse, Bio Hanfnüsse schonend geschält und Bio Hanfnüsse geschrötet“ zerrieb er weibliche Hanf­blüten und zählte die Eigenschaften und Möglichkeiten der „stärksten Faser“ der Welt auf. Er sprach von der Verteufelung des Hanfs als Drogenpflanze und dessen unwahrscheinlicher Vielseitigkeit als Rohstoff für Ernährung, Bekleidung, Wohnen und Wellness. Er erwähnte das „Hanf-Auto“ des Henry Ford aus dem Jahre 1940, das sich nicht durchsetzen konnte, weil die petrochemische Lobby dagegen auftrat. Immer wieder nahm er die Begriffe „ein Südtiroler Bodenschatz“, „Wirtschaft im Gleichgewicht“ und „regionale Autonomie“ in den Mund. Kirchler erzählte von der Begrenzung des anzukaufenden Saatgutes und von der Verpflichtung, das Säen ins eigene Feld bei Kontrolle auch zu belegen. Die Betriebsbesichtigung oder besser der Lokalaugenschein beim Kultur-Hanffeld der Amalia Wallnöfer in Lichtenberg war von der Umweltschutzgruppe Vinschgau zusammen mit dem „Südtiroler Hanfsystem ­ecopassion“ in ­Bruneck angeregt worden. Derzeit stehen Vinschger Hanffelder in Alsack (Gemeinde Mals), Glurns, Schluderns, Lichtenberg, Agums (Gemeinde Prad) und Stilfs. Hanf wird den Anbauern von „ecopassion“ abgenommen. Hanf-Bäuerin Wallnöfer konzentriert sich auf die Produktion von Hanf-Öl und Hanf-Mehl. S
Günther Schöpf
Günther Schöpf
Vinschger Sonderausgabe

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