Reinhold Tappeiner geht in die Offensive
Publiziert in 23 / 2013 - Erschienen am 19. Juni 2013
„Ausverkauf der Heimat“. Georg Lechner kontert. Die Position der Gemeinde
Laas - Nach außen scheint alles wie am Schnürchen zu laufen. Eine Erfolgsmeldung jagd die andere. Was nicht alle wissen: Die Aktien der Lechner Marmor AG gehören zu 93% Schweizern bzw. Deutschen. Georg Lechner, geschäftsführendes Verwaltungsratsmitglied bis auf Widerruf, hält 7%. Das Gesellschaftskapital beläuft sich laut hinterlegter Akten bei der Handelskammer (April 2013) auf 10 Millionen Euro: 2 Millionen Aktien zum Wert von je 5 Euro. Das Kapital ist wie folgt aufgeteilt: 480.000 Stammaktien gehören Bernhard Burgener (Schweiz, Medienunternehmer), 480.000 der Victorinox AG (Schweiz, Messerhersteller), 336.000 Alois Erath (Schweiz), 235.500 Renè Camenzind (Schweiz), 235.500 Lydia Meister (Schweiz), 140.000 Georg Lechner (Laas), 45.000 Klaus Helbert (Deutschland) und 48.000 Martin Wagner (Schweiz). Die Lechner Marmor AG ist zu 100 Prozent Eigentümerin der Laaser Marmorindustrie GmbH (abgekürzt Lasa Marmo GmbH). Als Verwalter dieser GmbH scheinen Paul Graf und Georg Lechner auf, jeweils bis auf Widerruf. „Da muss schon die Frage erlaubt sein, was von der großen Lechner-Tradition noch übrig geblieben ist. Meiner Ansicht nach sehr wenig.“ Wer das sagt, ist Reinhold Tappeiner aus Laas, Sohn der Elisabeth Lechner, der Erbin von einem Viertel der Schürfrechte im Jennwandbruch. Dieses Viertel gehört nun grundbücherlich Reinhold Tappeiner. Die Schürfrechte hatten sich seinerzeit Josef Lechner Senior - auch „Marmor-Lechner“ genannt - und Josef Lechner Junior (Enkel Georg Lechner und Reinhold Tappeiner) gesichert. Josef Lechner, geboren 1851, gilt als lokaler Begründer des Marmorabbaus in Laas. Er beschäftigte während der besten Jahre bis zu 100 Arbeiter. Sein Sohn Josef Lechner Junior (Großvater von Georg Lechner und Reinhold Tappeiner), geboren 1892, setzte 1972 eine Überlassungsurkunde auf. In diesem Dokument, das auf jeden Fall einen historischen Wert hat, kommt zum Ausdruck, dass es ihm darum ging, die Schürfrechte in der Familie zu belassen. In der Urkunde überlässt Josef Lechner Junior den Söhnen Josef Dominikus Lechner (Vater von Georg Lechner) und Sigmund Lechner das Recht der Marmorgewinnung zu je der Hälfte. Nach dem Tod von Sigmund ging dessen Hälfte an Josef Dominikus Lechner und an dessen Schwester Elisabeth Anna Lechner in Tappeiner. Ein Viertel wurde dann von Josef Dominikus Lechner im Schenkungsweg an die Lechner AG übergeben sowie ein Viertel der Schürfrechte von Elisabeth Anna an den Sohn Reinhold weitergegeben. Bezüglich des Erbanteils von Maria Lechner Peer, der Mutter von Josef Dominikus, Sigmund und Elisabeth Anna ist noch immer ein Rechtsstreit anhängig. „Weder bei der medial groß aufgebauschten Übernahme der Lasa Marmo durch die Lechner AG noch bei sonst irgendeinem Anlass wurde ich als Mitinhaber von Schürfrechten informiert oder erwähnt,“ ärgert sich Tappeiner.
„Nie informiert oder erwähnt“
Die Haltung seines Großvaters sei gemäß der genannten Urkunde eine andere gewesen: „...steht es jedem Käufer (gemeint sind Josef und Sigmund Lechner) zu, eigenständig im Bruch zu schürfen ohne die Erlaubnis des anderen Partners einholen zu müssen jedoch mit der Auflage den Ort, die Zeit und das Ausmaß der Schürfung drei Monate vor Arbeitsbeginn bekannt zu geben.“ Tappeiner: „Mir wurde bisher nie etwas bekannt gegeben.“ Für den Fall, dass der eine oder andere verpachten oder verkaufen sollte, „kann dies nur mit ausdrücklicher Zustimmung von beiden Seiten erfolgen,“ heißt es weiter. Laut Reinhold Tappeiner ging es seinem Großvater in erster Linie darum, „dass die Schürfrechte in der Familie bleiben.“ Angesichts des Einstiegs ortsfremder Investoren frage er sich, „was aus der einst berühmten Lechner-Tradition geworden ist.“ Er werte das Ganze eher als Ausverkauf der Heimat. „Mein Großvater würde sich bei so manchen Schlagzeilen, wie sie in Medien zu lesen waren, im Grab umdrehen,“ so Tappeiner. Er verweist auf das Schenkungsverfahren der Lechner AG zugunsten der Schweizer Investoren aus dem Jahr 2006: „Recht der Marmorgewinnung im Schenkungswege an die Gesellschaft Lechner Marmor AG.“ Abgesehen vom Abbau, der Verarbeitung und dem Verkauf des Marmors sei nichts Wesentliches geschehen, wobei er allerdings Veranstaltungen wie etwa „Marmor und Marillen“, Franz-Tumler-Literaturpreis und Führungen durchaus positiv sehe. Als nachhaltige Initiative sei natürlich auch die 1982 erfolgte Wiedergründung der Berufsfachschule für Steinbearbeitung zu sehen, was aber mit der Lechner AG nichts zu tun hat. Es habe in den vergangenen Jahren zwar Studien und viele Ideen gegeben, „und man verkaufte der Bevölkerung Luftschlösser, aber konkret getan hat sich bisher kaum etwas.“
Wo bleibt der versprochene Aufschwung?
Von einem großen touristischen bzw. kulturellen Aufschwung könne keine Rede sein. Tappeiner fragt sich weiters, ob der historische Wert der Schrägbahn nach deren Sanierung überhaupt noch gegeben sein wird. In diesem Zusammenhang sollte man sich auch der Studie entsinnen, die seinerzeit für die Wiederaufnahme der Lechnerbrüche erstellt worden ist. Darin ist von Abbaumengen im Ausmaß von 3.000 Kubikmetern ab dem 4. Jahr die Rede und von Arbeiten zur Verstärkung der Straße ins Laaser Tal. Die Fraktion Laas erhielt 2012 als Eigentümerin des Weißwasserbruchs 530.000 Euro als Pachtschillig für 4.088 Kubikmeter an abgebautem Marmor. Beim Jennwand-Bruch sind die Dinge anders gelagert. Im Bericht über die technisch Realisierbarkeit des Abbaus ist ein Abbau von 20.600 Kubikmetern vorgesehen, tatsächlich lagern riesige Mengen an Marmor im Berg. Wie Fraktionspräsident Oswald Angerer auf Anfrage bestätigte, würde die Fraktion bei einem Abbau im Jennwand-Bruch keinen Pachtschilling bekommen, denn die Schürfrechte sind im Gegensatz zum Weißwasserbruch privates Eigentum. Lediglich für die Durchfahrt durch fraktionseigene Grundflächen bzw. die Nutzung der Transportstrukturen stünde der Fraktion eine Entschädigung zu. Angelaufen ist der Abbau im Jennwand-Bruch bis heute nicht. Die Genehmigung des Abbaus hat Landesrat Thomas Widmann seinerzeit für eine Dauer von 3 Jahren bis zum 12. Februar 2014 verlängert. Dass er der Eigentümer eines Viertels der Schürfrechte ist, sei zwar grundbücherlich verankert, doch sein Name scheine in sonstigen Schriften und Dokumenten nicht auf, „auch nicht, als 2006 ein Viertel der Schürfrechte an die Lechner AG übertragen wurde oder als 1992 die Hälfte der Schürfrechte zu Gunsten der Lechner AG einverleibt wurde.“ Er und seine Mutter hätten sich zwar mehrfach an die Mitbesitzer der Jennwand-Brüche gewandt, doch sie hätten nie eine Auskunft darüber erhalten, wie der Stand der Dinge bei der Marmorgewinnung ausschaut, welche Arbeiten durchgeführt werden oder was künftig im Jennwand-Bruch geplant ist. „Sowohl Sigmund Lechner, der frühere Besitzer zur Hälfte der Schürfrechte, als auch meine Mutter und ich haben lediglich aus der Presse erfahren, was angeblich läuft oder geplant ist,“ so Reinhold Tappeiner. Er habe niemandem die Ermächtigung erteilt, den Abbau zu tätigen oder sonstige Veränderungen vorzunehmen, „und es ist unverständlich, dass ein Mitbesitzer nicht respektiert wird.“ Zu einem Gerichtsverfahren bezüglich der Schürfrechte sei es bis jetzt nicht gekommen. Das könne sich in Zukunft aber ändern.
„Aufgeputschte“ Medienberichte
Buchstäblich an Wahnsinn grenzen seiner Meinung nach bestimmte, bewusst „aufgeputschte“ Medienberichte. Laut Tappeiner sollte Laas an der wahren Tradition festhalten und auf nachhaltige Initiativen setzen. Tappeiner bedauert sehr, dass es seinerzeit kein einheimisches Unternehmen gewagt hat, die damalige Lasa Marmo zu übernehmen.
Georg Lechner: „Wir haben die Mehrheit und wir bestimmen“
Georg Lechner, den wir mit der Kritik von Tappeiner konfrontierten, zeigte sich wenig beeindruckt: „Was die Schürfrechte betrifft, wären wir bereit gewesen, zusammen etwas zu unternehmen. Tatsache ist, dass wir die Mehrheit und somit auch das Sagen haben.“ Es seien schon seit vielen Jahren rechtliche Auseinandersetzungen im Gang. „Ich leite diese Dinge stets an unsere Anwälte weiter, denn ich habe als Unternehmer und Wirtschafter Wichtigeres zu tun, als meine Zeit dafür zu verwenden,“ so Lechner. Er und seine Geschäftspartner jedenfalls hätten sich stets sauber und korrekt verhalten. Alle Diskussionsversuche seien vergebens gewesen. Es liege ihm wenig daran, in der Öffentlichkeit mit Dreck um sich zu schleudern, „sonst müsste ich von ganz anderen Dingen reden.“ Den Vorwurf „Ausverkauf der Heimat“ schickt er an die Adresse des Absenders zurück: „Bevor jemand solche Behauptungen aufstellt, sollte er zunächst vor seiner eigenen Tür kehren. Was ist zum Beispiel aus dem für Laas sehr wertvollen, alten Lechner-Areal geworden? Wie viel der wertvollen Bestände und Unterlagen sind noch da?“, so Georg Lechner. Wie Recherchen ergaben, wäre das Land grundsätzlich bereit gewesen, dieses Areal anzukaufen, um im Zusammenspiel mit der Fachschule offene Werkstätten zu errichten bzw. einen Teil des Areals museal zu nutzen. Dass es am Ende nicht dazu kam, ist auf die Uneinigkeit innerhalb der zwei „Lechner-Clans“ zurückzuführen. Wie bestätigt wurde, war diese Idee vor allem von Reinhold Tappeiner lanciert und unterstützt worden. Mittlerweile sieht es so aus, als wäre das Areal nicht mehr zu retten.
Die Position der Gemeinde
Zum Umstand, dass die übergroße Mehrheit der Aktien der Lechner Marmor AG im Eigentum ortsfremder Investoren steht, meinte Bürgermeister Andreas Tappeiner: „Für uns als Gemeinde und auch nach Auffassung der Fraktion Laas ist es in erster Linie wichtig, vor Ort einen Ansprechpartner mit Handschlagqualität zu haben. Diesen Anforderungen wurde Georg Lechner bisher gerecht.“ Was Gemeinde und Fraktion gleichermaßen einfordern, ist, dass die Arbeitsplätze Einheimischen vorbehalten werden, dass an der Transportstruktur per Seilbahn und Schiene (Schrägbahn) festgehalten wird und dass sämtliche Tätigkeiten bezüglich Abbau und Transport in gegenseitiger Absprache erfolgen. Tappeiner kündigte eine Aussprache mit dem Bruchbetreiber an, „um über diese für uns wichtigen Punkte eingehend zu diskutieren.“ Um aus dem Laaser Marmor kulturell und touristisch mehr herauszuholen, sei die Genossenschaft „Marmor plus“ gegründet worden. Einige Maßnahmen seien über ein eigenes Interreg-Projekt bereits gesetzt worden, weitere sollen folgen. Andreas Tappeiner: „Als Stützpunkt für die Aktivitäten, wie Führungen zum Werk oder Besichtigungen der Bringstruktur, haben wir der Genossenschaft das Wärterhaus beim Bahnhof überlassen.“ Es sei als Höhepunkt der Angebote auch geplant, Besucher im Weißwasserbruch durch die unterirdischen Stollen zu führen.
Sanierung der Schrägbahn
im Visier
Dem Landeshauptmann Luis Durnwalder wurde laut Andreas Tappeiner kürzlich ein Finanzierungsmodell für die Sanierung der Schrägbahn vorgestellt. Es gehe darum, die Schrägbahn in ihrem heutigen Erscheinungsbild mit Ausgaben in Höhe von ca. 10 Mio. Euro zu sanieren. Ist es richtig, dass das Land bereit ist, einen Teil der Kosten mit Steuergeld mitzufinanzieren? Andreas Tappeiner: „Ja. Es geht hier um den Erhalt eines Kulturdenkmals. Außerdem soll das obere Maschinenhaus in eine museale Einrichtung verwandelt werden.“ Mit einer Unterstützung des Landes sei aber nur dann zu rechnen, wenn die Transportstruktur übergemeindlich genutzt wird. Und was geschieht, wenn der Göflaner Marmor weiterhin über die Straße zu Tal gebracht wird? Das wäre laut dem Laaser BM aus betriebswirtschaftlicher Sicht eine Wettbewerbsverzerrung. In seinem solchen Fall kann er sich vorstellen, dass auch seitens des Bruchbetreibers in Laas ein Transport über die Straße gefordert wird: „Das Angebot von Laaser Seite, den Göflaner Marmor für 100 Euro pro Kubikmeter über die Strukturen in Laas zu Tal zu bringen, steht nach wie vor.“ Auch Georg Lechner bestätigt: „Das 100-Euro-Angebot ist nach wie vor da. Unsere Türen sind offen. Wir zahlen immerhin ca. 180 Euro an Transportkosten pro Kubikmeter.“ Laut Lechner hänge das Thema Abtransport eng mit den Entscheidungen des Nationalparks und des Landes zusammen. Bezüglich des geplanten Abbaus in den Jennbrüchen werde laut Andreas Tappeiner mittel- bzw. langfristig ein Stollen vom Weißwasserbruch in Richtung Nesselwand ins Auge gefasst, sodass dem geologisch unstabilen Straßenbereich in der Talsohle ausgewichen werden kann.
Man darf gespannt ein, was sich in Sachen Marmor in Laas, aber auch in Schlanders und Göflan in nächster Zukunft tun wird. Tatsache ist, dass das „weiße Gold“ aus dem Vinschgau besser in Szene gesetzt werden könnte. Was wohl niemand will, ist ein Raubbau, bei dem es nur darum geht, die Geldtaschen von Privatpersonen zu füllen.
Sepp Laner
Josef Laner