„Ein erster Schritt“
Der Vereinssaal in Graun war bis auf den letzten Stehplatz besetzt

„Rubatschers Angebot gibt es für uns nicht mehr“

Publiziert in 44 / 2013 - Erschienen am 11. Dezember 2013
Anbindung mit Kauntertal ist vorerst vom Tisch. Haider AG entscheidet am 16. Dezember. „Wir Langtauferer schauen erneut durch die Finger“ Graun - „Nach der Absage des Investors Hans Rubatscher, die er uns am 11. November mitteilte, gibt es das Angebot von Rubatscher für uns als Gemeinde nicht mehr.“ Dies sagte BM Heinrich Noggler bei einer Informations- und Bürgerversammlung am 3. Dezember im bis zum letzten Stehplatz besetzten Vereinssaal in Graun. Nun werde sich die Gemeinde zusammen mit der Schöneben AG für die Errichtung einer Verbindungsbahn von St. Valentin ins Skigebiet ­Schöneben einsetzen. Zumal das Angebot von Rubatscher, das laut Noggler am 13. Juni eintraf und mit 10. Juli befristet war, zu wenig präzise und unklar gewesen sei und zudem weder verbindliche Zusagen noch feste Garantien enthalten habe, „haben wir als Gemeinde Techniker beauftragt, um genaue Zahlen und Fakten auf den Tisch zu bekommen, die jetzt da sind.“ Es wurden mehrere Machbarkeitsstudien erarbeitet, die am 3. Dezember vorgestellt wurden. Ingenieur Massimo Calderara hatte das von einer Arbeitsgruppe erarbeitete Gesamtkonzept „Sanierung durch qualitative Aufwertung Haideralm-Maseben mittels Gletscheranbindung“ überprüft. Die Gesamtkosten des Ausbaus bzw. der Erweiterung des Skigebietes Haideralm (Sessellifte, Pisten, Beschneiung, Lawinenschutz) bezifferte er mit ca. 13,8 Mio. Euro. Die Gletscheranbindung Langtaufers-Kaunertal (Gondelbahn bis zum Karlesjoch, Pisten, Anbindung mit Maseben, Beschneiung, Lawinenschutz, 400 Autoabstellplätze) dürfte bei einer Förderleistung der Gondelbahn von 1.800 Personen pro Stunde in etwa 31,4 Mio. Euro kosten. Bei einer Förderleistung von 1.200 Personen könnten die Kosten um ca. 1,6 Mio. gesenkt werden. Ingenieur Erwin Gasser stellte mehrere Varianten einer skitechnischen Verbindung der Haideralm mit Schöneben vor. Von der Variante, mit Kosten von ca. 11,2 Mio. Euro von der Seebodenspitze aus eine 7 km lange Verbindungspiste nach Schöneben zu bauen, sei abzuraten. Zum einen sei diese Trasse an bestimmten Stellen beidseitig und permanent lawinengefährdet und zum anderen wäre nur eine Hinfahrt in Richtung Schöneben möglich, was für beide Skigebiete kaum Vorteile bringen würde. Gasser plädierte für eine ca. 5,1 km lange Verbindungsbahn mit Mittelstation von der Talstation der Haideralm ins Skigebiet ­Schöneben. Von der neuen Bergstation aus würde ein 4,7 km langer Skiweg gebaut, über den man zurück zur Mittelstation gelangt. Laut Gasser handelt es sich hier um ein Varianteprojekt zu einem früheren Vorschlag, den der Umweltbeirat negativ begutachtet, die Landesregierung aber nicht verworfen hat. Bei der neuen Variante sei versucht worden, bestimmte Vorgaben zu erfüllen: 30% weniger Waldschlägerungen, Ausgleich der gerodeten Waldflächen mit ebenso großen Aufforstungsflächen und weitere Vorgaben mehr. Die Gesamtkosten dieser Variante bezifferte Gasser mit ca. 19,6 Mio. Euro. Auf der Haideralm würden 2 Lifte abgebaut, ein Lift würde bleiben. „Von 25 auf 45 Mio. Euro“ „Beim Gesamtkonzept der Arbeitsgruppe war für den Ausbau der Haideralm und die Verbindung mit dem Kauntertal von einer Gesamtsumme von ca. 25. Mio. die Rede. Jetzt sehen wir, dass die Kosten insgesamt bei 45 Mio. liegen und zusammen mit der Verbindung über die Seebodenspitze nach Schöneben kämen wir sogar auf 55 Mio,“ resümierte der Bürgermeister. Die Verwaltung habe gut daran getan, nicht aus dem Bauch heraus zu entscheiden, sondern vorerst durch Studien die Kosten prüfen zu lassen. Auch eine mögliche Fremdbestimmung, die mit dem Einstieg eines Investors zwangsläufig einhergehe, sei zu bedenken sagte Noggler. „Das heißt aber nicht, dass die Gletscheranbindung jetzt für alle Zeit gestorben ist. Wir haben uns diesbezüglich nichts verbaut“, so Noggler wörtlich.   Gemeindeverwaltung unter Beschuss   Vor allem von Diskussionsteilnehmern aus Langtaufers, aber nicht nur, mussten sich der BM und seine Mitverwalter teils harsche Kritik anhören. Der Verwaltung wurde vorgeworfen, mit dem „seriösen, erfolgreichen und erfahrenen“ Geschäftsmann Hans Rubatscher alles eher als professionell und korrekt umgegangen zu sein. Es könne doch nicht sein, dass es der Verwaltung nicht gelungen ist, „diesen Mann für einen Termin in die Gemeinde zu holen.“ Noggler wies diese Kritik zurück. Rubatscher sei sehr wohl eingeladen worden, man habe ihm als Ersten die neuen Machbarkeitsstudien vorstellen wollen, „aber er hat ausgeschlagen und war nicht bereit, nach Graun zu kommen.“ Von einem Investor erwarte er sich, dass er sich so verhält, wie zum Beispiel René Benko mit seinem Kaufhausprojekt in Bozen. Der Gemeindeverwaltung wurde auch vorgeworfen, Rubatschers Angebot nie wirklich ernst genommen zu haben. Hansi Klöckner von der Ski Maseben KG und weitere Vertreter/innen aus Langtaufers bedauerten, dass ihr Tal „erneut durch die Finger schaut“. Seit 30 Jahren geschehe in Langtaufers so gut wie nichts. Um die Zukunft, vor allem jener der Jugend, sei es schlecht bestellt. Es wurde auch an die vielen Unterschriften erinnert, die in Langtaufers für die Anbindung an den Kauntertaler Gletscher und für den Erhalt des Kleinskigebietes Maseben gesammelt worden waren. „Der Wille der Langtauferer wurde klar geäußert und die Politik hat die Aufgabe, diesen Willen in die Tat umzusetzen“, hieß es unter anderem wörtlich. Entscheidung in St. Valentin steht bevor Dass sich die Gemeinde jetzt hinter die Umsetzung der Verbindungsbahn St. Valentin-Schöneben stellt, ging nicht nur aus der Stellungnahme des Bürgermeisters klar hervor. Auch die Präsidenten der Schöneben AG und der Haider AG, Oswald Folie und Roman Hohenegger, ließen dazu keine Zweifel aufkommen. „Der Verwaltungsrat der Schöneben AG und auch die Vollversammlung haben Ende Oktober  beschlossen, dass die Verbindung Haideralm-Schöneben für uns erste Priorität hat“, sagte Folie. Er bedauerte, dass die Diskussionen rund um die Entwicklung bisher oft teilweise recht polemisch geführt worden seien. Die Schöneben AG sei zum Thema „Ausbau Haideralm und Kaunertal“ nie richtig involviert worden. Jetzt geht es laut Folie darum, „dass wir mit der Haider AG und der Gemeinde zusammenarbeiten. Wenn alle wollen, wird es auch möglich sein, diese skitechnische Verbindung zu finanzieren. Die Schöneben AG allein schafft es nicht.“ Nun gehe der Ball an die Haider AG und an die Gemeinde. Das Hauptproblem im Tourismus ortet Folie in der geringen Bettenanzahl: „In der Gemeinde Graun haben wir pro Lift 140 Betten, in Nauders sind es 280.“ Roman Hohenegger kündigte an, dass die Haider AG bei der für den 16. Dezember anberaumten Vollversammlung eine Entscheidung fällen wird: „Der Verwaltungsrat steht hinter der Verbindungsbahn und ich gehe stark davon aus, dass sich auch die Vollversammlung dafür ausspricht.“ Eines stellte Hohenegger in aller Deutlichkeit klar: „Die Haideralm ist im heurigen Winter geöffnet, sie wird es im Sommer 2014 sein und auch im nächsten Winter.“ Er hofft, dass die Verbindungsbahn 2015 gebaut werden kann. „Problemkind“ Haideralm Bei der Diskussion hieß es auch, dass die Haideralm seit vielen Jahren ein „Problemkind“ sei. Derzeit lasten rund 600.000 Euro Schulden auf der Gesellschaft. Außerdem stehen kostspielige Revisionsarbeiten ins Haus. Es sollte überlegt werden, ob es nicht vernünftiger wäre, eine gute Skibusverbindung nach Reschen auf die Beine zu stellen, anstatt neuerdings viele Mio. Euro zu investieren. Laut Erwin Gasser könne die Bettenauslastung in St. Valentin dank der Anbindung mit Schöneben erhöht werden. Zur Frage der Finanzierung meinte Noggler, dass dabei neben dem Land auch mit der Unterstützung der Schöneben AG und der Gemeinde zu rechnen sei. Ein stärkerer Zusammenhalt innerhalb der Gemeinde wurde bei der Diskussion ebenso angeregt, wie mehr Ehrlichkeit und ein respektvolles Miteinander. Zur Sprache gebracht wurde auch die gesamte künftige Entwicklung der Gemeinde. Die Verbindung Haideralm-Schöneben sei in diesem Sinn ein erster Schritt. Auch für Langtaufers sei etwas zu tun. Für immer ad acta legen dürfe man die Gletscheranbindung aber nicht. Wie der Bürgermeister und auch der Schöneben-Präsident bestätigten, bestehen gute Aussichten, dass auch die Skigebiete Watles sowie Maseben in Kürze in den Skikarten-Verbund der Ferienregion Reschenpass (Schöneben, Haideralm, Nauders) mitaufgenommen werden, und dass ein gemeinsamer Skibus eingerichtet wird. Wie BM Noggler dem der Vinschger bestätigte, ist für Langtaufers bereits die Ausarbeitung eines Langlaufkonzeptes in Auftrag gegeben worden. Gemeinden müssen nicht aus Gesellschaften aussteigen Zugute kommt der Gemeinde Graun - und nicht nur ihr - der Umstand, dass sie ihre Beteiligungen an Skigebieten höchstwahrscheinlich nicht abstoßen muss. Ein Dekret der Regierung Monti hatte vorgesehen, dass Gemeinden aus defizitären Gesellschaften aussteigen müssen. Dem Kammerabgeordneten Albrecht Plangger ist es in Rom gelungen, die Abschaffung dieses Dekretes in die Wege zu leiten. Der Senat gab bereits grünes Licht. Stimmt auch die Abgeordnetenkammer zu, was zu erwarten ist, können die Gemeinden in den Gesellschaften verbleiben, mithelfen und mitgestalten. Sepp Laner
Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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