„In Mals regiert das Volk“
Die Obervinschger „Hauptstadt“ Mals.

Transparenz und Bürgerbeteiliung als Kernpunkte

Publiziert in 39 / 2012 - Erschienen am 31. Oktober 2012
Seit dreieinhalb Jahren ist Ulrich Veith Bürgermeister in Mals. Was ist ihm seither gelungen? Was lief schief? Was ist in nächster Zeit geplant? "Der Vinschger": Herr Veith, Sie sind seit 3. Mai 2009 Bürgermeister von Mals. Nach Ihrem Amtsantritt gab es Zukunftswerkstätten im Hauptort und in allen Fraktionen. Nicht wenige sagten damals: viel Diskussion und viel Papier, aber konkret wird sich nicht viel tun. Ulrich Veith: Es war gut, die Bedürfnisse, Wünsche und Anliegen der Bürger zu erheben. Wir sind alle als neue Verwalter angetreten. Bei den Werkstätten und Diskussionen erfuhren wir, was den Menschen wichtig ist und was sie sich wünschen. Wünsche und Ziele sind eine Sache, ihre Umsetzung eine andere. Ja klar. Wenn wir aber zurückschauen, können wir sagen, ziemlich viel umgesetzt zu haben. Das soll nicht nach Selbstlob klingen, aber es ist tatsächlich viel Positives geschehen. Viele motivierte Bürgerinnen und Bürger, das Team der Gemeinde, aktive Gemeinderäte und der Ausschuss haben dazu beigetragen. Vielleicht hätten wir das Positive besser nach außen kommunizieren sollen. Die Umsetzung der Fußgängerzone hat aber ziemlich lange gedauert und die diesbezüglichen Polemiken sind immer noch nicht gänzlich abgeflaut. Die Fußgängerzone war über Jahrzehnte ein brennendes Thema. Es war höchste Zeit, das Thema konkret anzugehen. Wir haben nichts von oben diktiert, sondern konsequent umgesetzt, was mit demokratischer Mehrheit gewollt war, in der Bevölkerung ebenso wie im Gemeinderat. Aber es wurden dennoch Gräben aufgerissen, teils auch persönliche. Natürlich gibt es einige, die nicht damit einverstanden sind. Jede Entscheidung führt zu Veränderungen, zu einer Umstellung der Gewohnheiten. Es gibt Vor- und Nachteile. Uns als Verwalter wurde in der Ausarbeitungsphase klar, dass sich Mals ohne Fußgängerzone nicht weiterent­wickeln kann. Ich bekomme viele positive Rückmeldungen aus der Bevölkerung und von Gästen. Selbstverständlich gibt es noch Verbesserungspotential. Daran arbeiten wir. Auch in der Nutzung alter Bausubstanz hat sich einiges getan. Nicht nur wir als Verwalter, sondern auch Private setzten hier wertvolle Initiativen zur Aufwertung des Dorfkerns. Einige Geschäftsleute klagen aber auch über Einbußen. Außerdem gibt es Kritik seitens der Nutzer der öffentlichen Verkehrsmittel. Ich kenne die Zahlen nicht. Allerdings kenne ich Wirtschaftstreibende in der Fußgängerzone, die gegen die Einführung waren und heute bestätigen, bereits diesen Sommer mehr Umsatz gemacht zu haben. Für Verbesserungsvorschläge sind wir immer offen. Diese können direkt bei mir oder über die Arbeitsgruppe eingebracht werden. Die Umsetzung der Fußgängerzone birgt aus meiner Sicht große Chancen für die Wirtschaft im Zentrum, die es zu nutzen gilt. Ich wünsche mir beispielsweise, dass der öffentliche Raum verwendet wird, um Waren besser zur Schau zu stellen und anzupreisen. Für die Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel brachte die Fußgängerzone allerdings einen Rückschritt. Diese Entscheidungen müssen gemeinsam mit dem Land überdacht werden. Die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln muss erleichtert werden. Das Gesamtkonzept der Dorfentwicklung wird nun schrittweise umgesetzt. Selbstverständlich ist es zielführender, wenn alle an einem Strang ziehen. Wir erreichen dadurch unser Ziel schneller. Wie steht es mit dem Vorhaben Nordeinfahrt? Das Ausführungsprojekt ist fertig. Wir möchten die Nordeinfahrt im nächsten Jahr bauen. Für den Hauptort ist dieses Vorhaben, das in etwa 300.000 Euro kostet, de facto wie eine Umfahrung und somit von größter Bedeutung. Gibt es noch weitere Vorhaben für die Einschränkung des Individualverkehrs? Es ist uns gelungen, über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) einen Betrag von 130.000 Euro für ein sehr interessantes Projekt zu erhalten. Wir werden am Bahnhof eine ­Carsharing-Station mit mehreren Autos einrichten. Wir werden das so handhaben, dass die Autos möglichst unbürokratisch benutzt werden können. Gedacht wird an eine Magnetkarte, im Idealfall den Südtirol Pass. Zusätzlich zum ökologischen Aspekt kann durch Carsharing viel Geld gespart werden. Erfahrungen in der Schweiz zeigen, dass im Vergleich zum Privatauto mit der Kombination von Carsharing und öffentlichem Verkehr jährlich rund 3.300 Euro gespart werden können. In Ihrer Gemeinde wurden bereits etliche E-Werke gebaut bzw. sind im Entstehen oder in der Planung, etwa in Matsch. Im Bereich Energie hat sich in den letzten Jahren viel getan. Es ist gelungen, die Stromproduktion aus erneuerbaren Quellen innerhalb der Gemeinde stark zu steigern. Neben dem Ausbau der Produktion haben wir auch Projekte zur Einsparung von Energie umgesetzt. Beispiele dafür sind die energetische Sanierung der Mittelschule, der Ausbau des Fernwärmenetzes oder der Verleih von E-Bikes. In diesem Bereich gibt es noch viel Potential. Die Windräder aber sind verschwunden. Hier wurden Fehler gemacht. Es bringt jetzt nichts, den Wind­rädern nachzuweinen. Es gilt aus den Erfahrungen zu lernen und es bei zukünftigen Projekten besser zu machen. Ihre hohen INPS-Beiträge werden mit Steuergeld bezahlt. Mehrere Medien brachten dies unlängst als große „Enthüllung“. Dies sieht das Gesetz für alle Arbeitnehmer-Bürgermeister vor. Auch kann von Enthüllung keine Rede sein. Ich habe meine Situation von Anfang an offen kommuniziert. Allerdings bin auch ich der Meinung, dass die Regelung geändert werden muss. Es soll nicht entscheidend sein, was der Bürgermeister vor seiner Wahl gemacht hat. Es muss für alle dasselbe Recht gelten. Wie bei jedem anderen Angestellten soll auch für den Bürgermeister ein Teil der Sozialbeiträge vom Arbeitgeber und ein Teil vom Arbeitnehmer bezahlt werden. Halten Sie am neuen Politikstil, wie Sie ihn schon in der Vorwahlzeit ankündigten, noch immer fest? Ja. Die Kernpunkte sind Transparenz und Partizipation. Ich meine die „totale“ Transparenz. Die Verwaltung hat vor der Bevölkerung nichts zu verbergen und will auch nichts verbergen. Es gibt sehr viele Bürgerinnen und Bürger, die aktiv an der Entwicklung der Gemeinschaft arbeiten. Die Erfahrungen der ersten drei Jahre haben gezeigt, dass Menschen mitgestalten und mitentscheiden wollen. Sie sind bereit sich einzubringen und Verantwortung zu übernehmen. Das freut mich sehr und auf diesem Fundament kann man für die Zukunft bauen. Fühlen Sie sich in Ihrer Partei noch immer wohl? Die SVP wird zurzeit infolge der SEL-Affäre ganz schön durch die Lüfte gebeutelt. Äußerst ungut sind die internen Grabenkämpfe im Hintergrund der SEL-Affäre. Ich bin froh, dass wir einen Obmann wie Richard Theiner haben. Er beharrt seit jeher auf Transparenz und lückenlose Aufklärung. Hierbei muss ihn jeder von uns unterstützen. Interview: Sepp Laner
Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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