Neue „Musi“in der Holzvermarktung
Thomas Egger ist Verantwortlicher von Leader plus für den Bereich Landwirtschaft in den Gebieten Ulten, Deutschnonsberg und Vinschgau.

Vinschger Nutzholz gemeinsam vermarkten

Publiziert in 22 / 2006 - Erschienen am 11. Oktober 2006
Absatz- und Erlössicherung für die Mitglieder: Das ist das Hauptziel, das sich der Verband der Vinschgauer Obst- und Gemüsegenossenschaften VI.P auf die Fahne geschrieben hat. Der Grundpfeiler dabei ist die gemeinsame Vermarktung. Mit einer Art VI.P in der Holzbranche vergleicht der Bauernbundbezirksobmann Andreas Tappeiner das Projekt einer gemeinsamen Holzvermarktung im Vinschgau, das jetzt vor der Umsetzung steht. Andreas Tappeiner ist eines der Mitglieder der Arbeitsgruppe, die am vorletzten Freitag in Schlanders aus der Taufe gehoben wurde, um einen erfolgreichen Start der gemeinsamen Holzvermarktung zu gewährleisten. 18 Eigenverwaltungen bzw. Gemeinden von Reschen bis Kastelbell sind derzeit am Projekt beteiligt. Dies entspricht mehr als der Hälfte der Holzbestände bzw. Holzreserven im Tal. Es gibt aber auch Skeptiker, die mit einer gemeinsamen Holzvermarktung nicht einverstanden sind. Von Sepp Laner Über die Möglichkeit, Energieholz gemeinsam zu vermarkten, ist in der seit über einem Jahr bestehenden Arbeitsgruppe Biomasse Vinschgau, in der die Forstverwaltung, Fernheizwerkbetreiber, der Bauernbund, Eigenverwaltungen sowie der Maschinenring und Leader plus vertreten sind, schon vor einiger Zeit diskutiert worden. Die Forstverwaltung Vinschgau erstellte eine Studie über die optimale Bringung, Lagerung und Trocknung von Energieholz. Die Vertreter mehrerer Eigenverwaltungen gaben seinerzeit zu bedenken, dass der Energie-Holzmarkt sehr schlecht läuft, der Aufwand für die Vermarktung sehr hoch ist und dass die Erlöse zu gering und teilweise nicht kostendeckend sind. Aus diesen Überlegungen heraus wurde es als sinnvoll erachtet, das gesamte Nutzholz, als Energieholz und Bauholz, gemeinsam zu vermarkten. Mittlerweile sind die Holzpreise merklich angestiegen. „Man war und ist sich darin einig, dass eine gemeinsame Holvermarktung im Interesse aller Beteiligten ist, der Eigenverwaltungen als Waldbesitzer ebenso wie der Fernheizwerke und der Holzhändler,“ hält Thomas Egger dem „Vinschger“ gegenüber fest. Egger hat in seiner Funktion als Verantwortlicher von Leader plus für den Bereich Landwirtschaft in den Gebieten Ulten, Deutschnonsberg und Vinschgau die Betreuung des Projekts übernommen. Im Zuge der Sitzung am vorletzten Freitag im Richterzimmer der Schlandersburg in Schlanders legte er die Liste der Fraktionen bzw. Gemeinden vor, welche bisher eine Verpflichtungserklärung unterzeichnet haben: Glurns, Göflan, Kortsch, Laatsch, Lichtenberg, Martell, Matsch, Planeil, Reschen, Schlanders, Schluderns, Stilfs, Sulden, Tartsch, Taufers im Münstertal, Trumsberg, Tschengls sowie Ulten/Alsack. Damit ist mit einer Gesamtsumme von 21.518 Vfm (Vorratsfestmeter) mehr als die Hälfte des Vinschger Holzes am Projekt beteiligt. Die Ziele des Projektes sind: den gesamten Holzmarkt (Energie- und Bauholz) im Interesse der Eigenverwaltungen besser zu koor­dinieren, die Kontinuität in der Holzvermarktung zu verbessern, die Eigenverwaltungen organisatorisch und in den bürokratischen Abläufen zu unterstützen und die Erlöse für die Eigenverwaltungen mittelfristig zu sichern und zu verbessern. Thomas Egger sicherte ausdrücklich zu, dass die „letzten Entscheidungen“ auch weiterhin bei den Eigenverwaltungen bzw. Gemeinden bleiben werden. „Holzkoordinator“ gesucht Um die genannten Ziele zu erreichen, wird nun eine geeignete Person mit dem Aufbau und der Durchführung der Vermarktung beauftragt. Dieser Koordinator soll die Interessen der Eigenverwaltungen bzw. Waldbesitzer vertreten. Zu den Aufgabenbreichen zählen enge Kontakte zu allen beteiligten Eigenverwaltungen und zur Forstbehörde, das Führen von Verhandlungen mit Fernheizwerken, Holzhändlern und Schlägerungsfirmen sowie die Vorbereitung der Entscheidungen für die Eigenverwaltungen, wobei die Letztentscheidung auch zukünftig bei den einzelnen Eigenverwaltungen liegen wird. Weiters soll der „Holzkoordinator“ Angebote zur Schlägerung, zum Häckseln und zum Transport einholen sowie die gesamte Logistik aufbauen und koordinieren. Die Suche nach dem Koordinator ist jetzt der nächste konkrete Schritt. Die geplante gemeinsame Holzvermarktung wird auch weiterhin und jederzeit für alle Eigenverwaltungen, Gemeinden und Waldbesitzer offen stehen, und zwar auch für jene, die bisher kein Interesse an einer Teilnahme bekundet haben. Zum Aufbau des Projekts für eine gemeinsame Holzvermarktung im Vinschgau wurde bei der letzten Leader-Sitzung eine Gesamtsumme von 21.000 Euro genehmigt. Davon sind 13.650 Euro (65 %) Leader-Beitrag und 7.350 Euro (35 %) Restkosten, die von den derzeit 18 teilnehmenden Eigenverwaltungen gedeckt werden müssen. Zur Abdeckung der Restkosten sollen auf jeden verkauften Kubikmeter Holz zwischen 30 und 50 Cent abgezogen werden. Ressourcen besser nutzen Andreas Tappeiner ist überzeugt, dass die Holzressourcen im Vinschgau dank des neuen Projekts künftig besser genutzt werden können. Er wertet das Konzept als Hilfestellung für die Eigenverwaltungen, und zwar bei der Holzbringung ebenso wie bei der Vermarktung. Auch für die Hackschnitzelwerke dürften sich Vorteile ergeben: „Derzeit sind die Heizwerke bei der Beschaffung von Hackgut, das vor Ort nur beschränkt vorhanden ist, auf sich allein gestellt.“ Künftig können sie sozusagen mit einem großen „Anbieter“ vor Ort rechnen, der auch große Lieferungen kontinuierlich garantieren kann. Weiters könne man sich von einem koordinierten Auftreten im Holzmarkt laut Tappeiner auch eine bessere Waldpflege erwarten. Es ist geplant, den ganzen Vinschgau in das Konzept einzubinden. Tappeiner glaubt, dass in rund einem Jahr auch die Skeptiker, die es derzeit noch gibt, anderer Meinung sein werden. Matthias Oberhofer skeptisch Zu den Skeptikern zählt unter anderem Matthias Oberhofer, Präsident der Eigenverwaltung Latsch. Bedenken hegt er unter anderem deshalb, weil eine eigene Person eingestellt werden muss und weil noch mit zusätzlichen Ausgaben zu Lasten der Fraktionen zu rechnen sein wird. Außerdem kann er sich nur schwer vorstellen, dass der Maschinenring die Durchführung übernimmt. Das Einzugsgebiet im Vinschgau sei einfach zu groß: „Wir sind hier nicht im Sarntal, wo die Wälder zu 100 Prozent den Privaten gehören. Hier bei uns gehören fast alle Wälder den Eigenverwaltungen bzw. den Gemeinden.“ Zumal die Holzpreise jetzt um bis zu 20 Prozent angestiegen sind und es vermutlich noch weitere Preissteigerungen geben wird, „sind die Fraktionen durchaus in der Lage, ihr Holz selbst zu verkaufen. Früher blieben die Fraktionen auf dem Holz sitzen und jetzt sind plötzlich 5 Kaufwillige da. Wenn ein Fraktionsvorsteher nicht imstande ist, das Holz gut zu verkaufen, ist er ohnehin fehl am Platz.“ „Und wenn manche glauben, dass wir Vinschger mit einer gemeinsamen Holzvermarktung irgendeinen Einfluss auf die Preise haben werden, dann ist das eine Illusion,“ ist Matthias Oberhofer überzeugt. „Wenn in den 33 Fraktionen im Vinschgau jährlich zwischen 35.000 und 36.000 Festmeter ausgezeigt werden – und zwischen 25 und 30 Prozent davon sind Brennholz - , dann ist das im internationalen Vergleich nur sehr wenig.“ „Holzriese“ Pfeifer hat im Vinschgau Fuß gefasst Oberhofer erinnert in diesem Zusammenhang auch an die Übernahme der Firma Lamprecht in Tschars, die vorwiegend Holzkisten herstellt, seitens der Holzindustrie-Gruppe Pfeifer aus Nordtirol. „Mit welchen Dimensionen es wir hier zu tun haben, belegt schon der Umstand, dass die Pfeifer-Gruppe laut Medienberichten jährlich 2,3 Millionen Festmeter Rundholz verarbeitet. Da werden die paar 10.000 Festmeter, die pro Jahr im ganzen Vinschgau anfallen, verschwindend klein,“ sagt Matthias Oberhofer. Dass die „Vinschger Sagler“ (Sägewerke) in Aufregung sind, sei daher nicht weiter verwunderlich. Bei den Sägewerken rumort es Die Firma Pfeifer, sprich Oskar Pfeifer, der das Unternehmen Lamprecht übernommen hat, wollte dem „Vinschger“ gegenüber keine Stellung­nahme abgeben. Dass es in Sägewerk-Kreisen rumort, ist aber kein Geheimnis. Erich Pichler, Präsident der Gemeinschaft Südtiroler Sägewerker (GSS), versuchte kürzlich zu beruhigen: „Man darf das nicht so negativ sehen. Ich nehme an, dass der Betrieb Lamprecht gut in das Gesamtkonzept der Pfeifer-Gruppe hineinpasst.“ Es bestehe kein Grund zum Dramatisieren, die Grenzen seien frei, der Markt auch. Das Bild von „David gegen Goliath“ an die Wand zu malen, sei nicht angebracht. Für Ängste der Sägewerker aber, „dass das Holz vor der Haustür alles aufgekauft wird,“ habe er schon Verständnis. Nicht vergessen darf man laut dem Latscher Fraktionsvorsteher auch die „Warnung“ von Landesrat Michl Laimer. Dieser hat unlängst erklärt, dass die jährlich steigende Nachfrage nach Holz zu einer Verknappung des Rohstoffs und damit auch zu einem Preisanstieg führen dürfte. Laimer appellierte an die künftigen Betreiber von Fernheizwerken, mehr denn je auf deren Wirtschaftlichkeit zu achten. „Hier wird wohl suggeriert, auch Gas zu nutzen, was dem Land, sprich seiner Selgas AG, nur recht sein kann,“ mutmaßt Oberhofer. „Eine gute Chance“ Durchaus positiv wertet Andreas Feichter, der Leiter des Forstinspektorates Schlanders, eine gemeinsame Holzvermarktung: „Grundsätzlich sehe ich darin schon eine gute Chance, die man nutzen sollte.“ Mit größeren Mengen und der Gewähr regelmäßiger Lieferungen könnten bessere Preise erzielt werden. Sobald der Koordinator gefunden ist, werde sich die Forstbehörde ausklinken, auch aus der Arbeitsgruppe, „denn die Holzvermarktung gehört nicht zu unserem Aufgabenfeld.“ Wohl aber werde das Forstinspektorat weiterhin in beratender Funktion einspringen, falls dies gewünscht wird, etwa mit der Bereitstellung von Waldwirtschaftsplänen. Auch im Bereich von Waldpflegemaßnahmen, sprich Durchforstungen, können fachliche Beratungen hilfreich sein.
Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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