Echt oder...
Bei der vorerst letzten ­„Marienerscheinung“ im ­Kiefernwald in der „Kultur“

Von überzeugt bis sehr skeptisch

Publiziert in 27 / 2013 - Erschienen am 24. Juli 2013
Hunderte strömen allmonatlich zu angeblichen Marienerscheinungen nach Prad. Elisabeth Gurschler: „Bin Seherin aus der Gnade Gottes“ Prad/Tschengls - Am Stammtisch, auf der Straße oder daheim: Schon seit Monaten wird in Prad, im ganzen Vinschgau und zum Teil auch darüber hinaus über angebliche Marienerscheinungen in der so genannten „Kultur“ in Prad gesprochen. Die Meinungen gehen stark ­auseinander. Die einen glauben fest an die „Erscheinungen“, die anderen geben sich erstaunt, wieder andere hegen starke Zweifel und tun alles als „Lug und Trug“ ab, als Einbildung oder gar gezielte Irreführung. Neugierig sind ebenfalls viele. der Vinschger war bei einer der „Erscheinungen“ mit dabei und hat mit Elisabeth Gurschler, die sich als Seherin bezeichnet, und mit Martin Georg Johann, dem Pfarrer von Prad und Lichtenberg, gesprochen. Hunderte Personen aus nah und fern Zur vorerst jüngsten „Erscheinung“ am 8. Juli sind mehrere hunderte Personen gekommen. Viele waren mit Bussen angereist. Österreicher waren ebenso mit dabei, wie Schweizer, Deutsche, Gruppen aus dem Fassatal, Vinschger und Südtiroler aus anderen Landesteilen. Ein junger Mann aus dem Fassatal und weitere Personen haben Marienstatuten oder Bilder mitgebracht. Eine Frau aus Hall erzählt, sie sei vor 12 Jahren in Medjugorje gewesen und von seelischen und körperlichen Leiden erlöst worden. Sie kam schon öfters nach Prad. In Medjugorje soll es seit den 1980er Jahren Marienerscheinungen geben. Etliche Vinschger sagen, sich das „Ganze“ nur aus Neugier ansehen zu wollen. Eine gebürtige Schlanderserin meint: „Hier in Prad erscheint die Maria und Ihr Vinschger geht nicht einmal hin.“ Eine weitere Frau ersucht darum, „ja nichts Schlechtes zu schreiben.“ Auch gebrechliche Menschen sind zu sehen und Mütter mit Kindern in Rollstühlen. Zum Auftakt der öffentlichen Zusammenkünfte - sie finden seit über einem Jahr jeweils am 8. des Monats statt - zelebriert ein katholischer Kaplan aus Liechtenstein einen Gottesdienst im tridentinischen Ritus, momentan in der Pfarrkirche Agums. Betend zum angeblichen Erscheinungsort Anschließend pilgert die Schar betend in den Kiefernwald in die so genannte „Kultur“. Und zwar zu jener Stelle, „wo mir am 29. Februar 2008 die Mutter Gottes erstmals als ‚Apokalyptische Frau von der Sonne umkleidet‘ erschienen ist,“ wie Elisabeth Gurschler behauptet. Die ersten Erscheinungen habe sie 2006 gehabt. Als sie am 29. Februar 2008 betend durch den Kiefernwald gegangen sei, „trug mir die Mutter Gottes auf, eine Marienstatue in Auftrag zu geben. Auch die Maße teilte sie mir mit.“ Angefertigt hat die über 3 Meter große Statue ein Grödner Künstler. „Die Statue wurde in Prad geweiht und die Mutter Gottes hat mir genau den Standplatz im Kiefernwald gezeigt, an dem sie in einer Kapelle aufgestellt werden soll,“ so Elisabeth Gurschler. Die Statue steht derzeit in der Pfarrkirche von Tschengls. Laut Gurschler und Günther Theiner - sie bilden zusammen mit Theiners Bruder Karl seit 2006 die „Gebetsgruppe St. Josef in Prad“ - hatte die Gemeinde dem Bau einer ca. 6 Meter hohen, muschelförmigen Kapelle zwar zugestimmt, doch die Fraktion, die Eigentümerin des Grundes, habe aus baurechtlichen Gründen abgelehnt. Dabei gäbe es bereits ein Skizze, „die ein Architekt genau nach den Maßen, wie sie mir Maria mitgeteilt hat, entworfen hat,“ beteuert ­Gurschler. Sie stammt übrigens aus Laas, ist mit einem Laaser verheiratet, lebt in Prad, hat zwei Kinder und war bis vor einiger Zeit als Krankenschwester tätig. „Auf zum Schwur“ als Schlusslied „Neben der Mutter Gottes spricht auch Jesus zu mir“, sagt Gurschler. Als Kernbotschaften an die Menschen nennt sie den Aufruf zur Bekehrung, zur Reinigung der Kirche und zum Gebet, vor allem für Priester. „Wir leben in einer Zeit eines großen Umbruchs, die Menschheit befindet sich in großer Drangsal.“ Mit einem drohenden Weltuntergang hätten die Botschaften nichts zu tun, „auch nicht mit Patriotismus. Wenn seit einiger Zeit ‚Auf zum Schwur‘ gesungen wird, so deshalb, weil uns Jesus zur Erneuerung des Herz-Jesu-Bundes mahnt.“ Nach den ersten Erscheinungen habe ihr die Mutter Gottes aufgetragen, für 6 Jahre „im Verborgenen zu leben und zu beten.“ Seit dem Juli 2012 hätten die Erscheinungen offiziellen Charakter. Elisabeth Gurschler schreibt unmittelbar nach jeder Erscheinung in einem Zug eine Botschaft nieder. Diese Botschaften werden laut ­Gurschler von einem ­katholischen Priester gegengelesen, von einem italienischen Mann, der nach Medjugorje pilgert, ins Italienische übersetzt und sind in Form kleiner Broschüren gegen eine Spende erhältlich. Auf die Frage, ob es stimme, dass zum Beispiel eine Frau aus Prad ihre gesamte Rente spendet, antwortet Gurschler: „Das ist ebenso unwahr wie so manch andere Gerüchte über mich und über den Gebetskreis. Wir nehmen freiwillige Spenden nur für Bilder und für die Botschaften entgegen. Für das, was der Himmel sagt, wird kein Geld verlangt. Die Leute geben Spenden von sich aus. Erst dann verwenden wir sie für das Drucken der Botschaften. Der Impuls kommt nicht von uns.“ Was war ihre bisher schönste Erfahrung bzw. ihre schlimmste? Gurschler: „Das Schönste waren und sind die Erscheinungen. Das Schlimmste ist das Gefühl, als sündiger Mensch ohnmächtig zu sein und die Liebe der Muttergottes und von Jesus nicht besser und stärker aufnehmen zu können.“ „Amtskirche sagt weder Ja noch Nein“ Und was sagt die Amtskirche zu den Erscheinungen? ­Gurschler: „Wir hatten sowohl mit dem Bischof als auch mit dem Generalvikar Kontakt. Ihre Haltung ist grundsätzlich neutral. Es gibt derzeit also weder ein Ja noch ein Nein. Wir jedenfalls fühlen uns im Einklang mit der katholischen Kirche. Es ist uns ein Anliegen, mit ihr zu gehen.“ Es sei ihr auch bewusst, „dass es viel Zeit für Untersuchungen und Überprüfungen braucht.“ Wäre sie bereit, solange zu warten, wie es etwa in Fátima gedauert hat, wo die erste Erscheinung auf 1917 zurückging und die Erscheinungen erst 1930 durch den Bischof von Leiria als „glaubwürdig erklärt und die öffentliche Verehrung Unserer Lieben Frau von Fátima gestattet“ wurden? Gurschler: „Ich werde immer im Dienst der Mutter ­Gottes und von Jesus stehen.“ „Solange sie nur beten“ Martin Georg Johann, der Pfarrer von Prad und Lichtenberg, wird sich bei einer der nächsten „Erscheinungen“ persönlich ein Bild vom ganzen Geschehen verschaffen, und zwar vom tridentinischen Gottesdienst und der Prozession bis hin zur „Erscheinung“ im Kiefernwald. Er will zunächst kein Urteil fällen, weder im positiven noch im negativen Sinn. Falls Entscheidungen notwendig werden, läge es nicht in seiner Kompetenz, solche zu treffen. Grundsätzlich hält ­Martin Georg Johann nur eines fest: „Wenn wir es tatsächlich mit echten Erscheinungen zu tun haben, wäre dies ein großes Geschenk des Himmels. Um das festzustellen, braucht es auf jeden Fall viele Untersuchungen und viel Zeit. Sollten sich die ‚Erscheinungen’ als unecht erweisen, so muss das Ganze sofort beendet werden, vor allem auch aus Rücksicht auf jene, die in Nöten sind und sich aus diesem Grund in die Irre führen oder sogar ausnutzen lassen.“ Beten sei selten etwas Schlechtes, „und solange Menschen im Geiste Jesu beten, kann es nur gut sein“, so der Pfarrer. Sepp Laner
Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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