„Wir geben nicht auf“
Trotz einhelliger Zustimmung im Gemeinderat noch immer keine Zusage seitens der Landesrätin Waltraud Deeg
Prad/Stilfs/Schluderns - Die Hoffnung war groß, als Bürgermeister Karl Bernhart, Vize-Bürgermeister Werner Egger und Sozialreferent Udo Thoma aus Prad, Bürgermeister Hartwig Tschenett aus Stilfs sowie Bürgermeister Peter Trafoier, Vize-Bürgermeister Andreas Hauser und Referent Heiko Hauser aus Schluderns am 5. März zur Landesrätin Waltraud Deeg nach Bozen fuhren. Sie hofften, endlich eine Zusage für die Verwirklichung einer neuen betreuten Wohnform für Senioren in Prad zu bekommen. 5 Jahre lang hatte die Gemeindeverwaltung von Prad an einem neuen Modell für die Betreuung von Senioren der Pflegestufen 1 bis 3 gearbeitet, eine Machbarkeitsstudie für eine entsprechende Erweiterung der bestehenden Seniorenstruktur „St. Antonius“ erstellen lassen, intensive Gespräche mit den umliegenden Gemeinden sowie Wohn- und Pflegeheimen geführt und mit der Bezirksgemeinschaft verhandelt. Dass es nicht gelang, der Landesrätin für den mühevoll erarbeiteten Kompromissvorschlag am 5. März eine Zusage abzuringen, war für die gesamte Vinschger Delegation eine große Enttäuschung. Karl Bernhart wörtlich: „Die Aussprache dauerte nur wenige Minuten. Wir kamen uns vor wie ‚Schulbuben’. Die Landesrätin machte uns keinerlei Zusagen und wollte eigentlich nur wissen, in welchem Ausmaß sich die Gemeinden Prad und Stilfs am geplanten Altersheim-Neubau in Schluderns finanziell zu beteiligen gedenken.“ Diese Frage wird laut dem Prader Bürgermeister und seinem Stilfser Amtskollegen aber erst dann aktuell, „sobald in Prad etwas heranwächst.“ Zu verstehen ist darunter ein landesweit neuartiges Betreuungs-Modell als Ergänzung zum bestehenden Wohnangebot.
Einhellige Zustimmung im Gemeinderat
Das Lösungsmodell war nur zwei Tage vor der enttäuschenden Aussprache in Bozen dem Gemeinderat in Prad vorgestellt worden. Das Modell und die dazugehörige Machbarkeitsstudie stießen dabei quer durch alle Parteien und Listen auf einhellige Zustimmung. Wie der für Soziales zuständige Gemeindereferent Udo Thoma ausführte, könnte mit dem Prader Modell jene Betreuungslücke geschlossen werden, die es derzeit zwischen dem niederschwelligen Angebot des begleiteten und betreuten Wohnens und der Unterbringung in einem Heim gibt. Wenn Personen mit niederen Pflegestufen in einem Heim untergebracht werden, führe das zu hohen Kosten im gesamten System. Die einzige Alternative zur Heimunterbringung wäre in vielen Fällen die Anstellung einer „Badante.“ Um aus dieser Situation herauszukommen, sollte in Prad in Ergänzung zur bestehenden Tagesstätte und zum begleiteten und betreuten Wohnen (13 Plätze) das neue Angebot mit 16 bis 18 Plätzen geschaffen werden.
Viele Synergien könnten genutzt werden
Thoma: „Prad bietet sich für eine Umsetzung gut an, weil alle Voraussetzungen gegeben sind und viele Synergien am Standort genutzt werden können.“ Als Beispiele nannte der Sozialreferent die Leitung der neuen Zusatzstruktur seitens der Bezirksgemeinschaft, die bereits die zwei bestehenden Einrichtungen leitet, einen besseren Personaleinsatz und Einsparungen infolge der baulichen Integration. Sparen ließe sich aber vor allem auch beim Betrieb der Struktur: „Diese Form der Unterbringung ist sowohl für die öffentliche Hand, als auch für die Bürger um ca. 30% günstiger als eine Unterbringung im Heim.“ In Prad könnte mit diesem Angebot ein Modellprojekt umgesetzt werden, das später landesweit Schule machen könnte, gaben sich Udo Thoma, der Bürgermeister und weitere Referenten und Räte überzeugt. Um das Vorhaben umsetzen zu können, bräuchte die Gemeinde eine Landesfinanzierung, damit die Pilotphase von 3 bis 5 Jahren sichergestellt werden kann.
24-stündige Anwesenheit von Personal
Konkret sieht das Modell insgesamt 16 bis 18 Einzelzimmer mit Nasszellen, verteilt auf zwei Stockwerke, vor, eine Küche und einen Wohnraum sowie eine durchgehende, sprich 24-stündige Anwesenheit von Personal, also auch während der Nachtstunden, wobei zusätzlich zur Einstellung von Fachkräften auch die Einbindung von Freiwilligen für bestimmte Dienste vorgesehen ist sowie die Nutzung von Ressourcen und Fähigkeiten der Bewohnerinnen und Bewohner. Auch ein Personalschlüssel wurde erarbeitet. Mehrfach durchgerechnet wurden außerdem die Kosten und Tagessätze. Thoma: „Liegt der Tagessatz in einem Heim bei ca. 130 Euro, wären es beim neuen Modell rund 91 Euro.“ Über den Bau des Zusatzgebäudes, das als 2. Baulos bei der Seniorenstruktur errichtet werden sollte, informierte Vizebürgermeister Werner Egger. Im Untergeschoss ist eine Tiefgarage mit 16 Stellplätzen vorgesehen, im Erdgeschoss soll die neue Kindertagesstätte für zwei Gruppen untergebracht werden und in den Obergeschossen jeweils 8 bis 9 Zimmer für Seniorinnen und Senioren der 1., 2. und 3. Pflegestufe. Die Stockwerke mit den Zimmern sollen architektonisch verbunden werden: Stiege, Aufzug und durchlässige Gestaltung des Gangbereichs. Die geschätzten Gesamtbaukosten bezifferte Egger mit ca. 3 Millionen Euro.
Es geht um eine politische Entscheidung
Wie der Bürgermeister ausführte, ist das Prader Modell als landesweite Neuheit anzusehen und falle somit nicht unter die derzeitigen Finanzierungsmodelle: „Es geht im Grunde um eine politische Entscheidung und darum, ob die Politik die Pflegelandschaft um ein neues innovatives Angebot ergänzen will.“ Er habe sich zusammen mit seinen Mitverwaltern die Füße wundgelaufen, um in Absprache mit den Gemeinden Stilfs und Schluderns, der Bezirksgemeinschaft, Führungskräften von Heimen und weiteren Beteiligten zu diesem Kompromiss zu gelangen. „Und jetzt sieht es leider so aus, dass wir immer noch nicht weiterkommen“, ärgerte sich Bernhart nach dem „Blitzbesuch“ bei der Landesrätin. Er verweist erneut darauf, dass die Gemeinden Prad und Stilfs insgesamt fast 5.000 Einwohner haben und dass es nicht angehen kann, „dass man das zukunftsweisende Prader Modell offensichtlich nicht unterstützen will.“ Der Bau eines eigenen Wohn- und Pflegeheims in Prad wird vom Land abgelehnt, da das aufgrund des geltenden, landesweiten Bettenzahl-Schlüssels nicht möglich sei und nur Erweiterungen und Renovierungen bestehender Strukturen unterstützt werden.
Teurer Neubau in Schluderns
Keine kleine Rolle spielt in der ganzen Geschichte der geplante Neubau des Altersheims in Schluderns. Vorgesehen ist der Abriss der derzeitigen Struktur und der Bau eines neuen Wohn- und Pflegeheims mit 50 Einzelbettzimmern, 10 Plätzen für die Tagespflege und einem Arztambulatorium. Die Kosten für den Bau und die Einrichtung belaufen sich auf stolze 14,430 Millionen Euro. Nach der Vorstellung des Landes sollten sich nun die Gemeinden des Einzugsgebietes an der Finanzierung des Altersheimbaus in Schluderns beteiligen. Die Gemeinden Prad und Stilfs sind auch bereit, über eine Beteiligung an den Kosten am Neubau in Schluderns zu reden, wenn eine verbindliche Zusage einer Unterstützung zum Prader Modell aus Bozen erfolgt.
Taube Ohren bei der Landesrätin
Dass man bei der Landesrätin vorerst auf taube Ohren gestoßen sei, könne er beim besten Willen nicht nachvollziehen: „Vor allem auch deshalb nicht, weil unser Modell nicht nur die öffentliche Hand und die umliegenden Altersheime entlasten würde, sondern auch die Gemeinden und deren Bewohner.“ Detail am Rande: Derzeit leben 18 Seniorinnen und Senioren aus der Gemeinde Prad im Heim in Schluderns. Eines steht für Karl Bernhart und seine Mitstreiter fest: „Wir geben nicht auf und werden weiterhin für unser Modell kämpfen. Jetzt erst recht.“