Erstmals nach vier Jahren konnte sich die große Schulgemeinschaft des OSZ Schlanders wieder zu einer gemeinsamen Veranstaltung versammeln.
Im Bild (v.l.): Elisabeth Prugger, Herbert Niederfriniger, Georg Kaser, Daria Habicher und Moderatorin Verena Pliger.
Mit Liedern aufgelockert hat die Veranstaltung der Lehrer und Sozialpädagoge Noah Thanei.

Brennen …

… für eine bessere Zukunft!

Publiziert in 3 / 2023 - Erschienen am 14. Februar 2023

Schlanders - Klimawandel, Nachhaltigkeit um Umweltschutz sind Themen, die am Oberschulzentrum Schlanders schon seit Jahren großgeschrieben werden. Im laufenden Schuljahr liegt der Fokus auf dem Haltungswandel. Was können wir als Einzelpersonen und Gesellschaft tun, um den großen Herausforderungen unserer Zeit zu begegnen und vom Träumen ins Tun zu kommen? Mit dieser Frage eröffnete die Moderatorin Verena Pliger am 10. Februar im Kulturhaus in Schlanders eine Podiumsdiskussion zum Thema „Brennen für eine bessere Zukunft!“ Die Schuldirektorin Verena Rinner freute sich, „dass wir heute nach vier Jahren endlich wieder alle hier sein können.“ Sie erinnerte an das Projekt zur Plastikvermeidung, das die Arbeitsgruppe Zukunft des OSZ vor vier Jahren organisiert hatte. Für dieses Schuljahr hat sich die Zukunfts-AG für das Thema Haltungswandel entschieden, und zwar mit dem Ziel, den Schülerinnen und Schülern Werkzeuge in die Hand zu geben, mit denen sie gestärkt in die Zukunft gehen und diese auch positiv mitgestalten können. Zur Podiumsdiskussion konnte Pliger vier „inspirierende, Mut machende Persönlichkeiten“ aus dem Vinschgau begrüßen, „die für etwas gebrannt haben und immer noch brennen, die Zeichen gesetzt und Spuren hinterlassen haben.“

„Vier inspirierende Persönlichkeiten“

Vor rund 600 Schülerinnen und Schülern sowie vor dem Lehrerteam des OSZ warteten Daria Habicher, Georg Kaser, Herbert Niederfriniger und Elisabeth Prugger einleitend mit Kurzreferaten auf. Die Sozioökonomin Daria Habicher aus Prad zeichnete ihren persönlichen Werdegang nach: Oberschule an der WFO in Schlanders, Politikwissenschaften in Wien (Bachelor), Tauchausbildung, Sozioökonomie in Wien (Masterstudium), Projektarbeiten mit Eurac Research und Gründung von „LIA collectice“ (Beratung für öffentliche Körperschaften und Private bei nachhaltigen Projekten). Die großen Herausforderungen sieht Habicher u.a. im Klimawandel und in der Verunreinigung der Ozeane. Ihr persönlicher Werdegang habe ihr gezeigt, „dass im Leben nicht immer alles nach Plan läuft und dass es gut war, das Bauchgefühl nicht auszuklammern.“ Sie ermunterte die jungen Menschen, auf ihr Herz zu hören, „auch bei der Berufswahl.“ Sie sei nach dem Studium in den Vinschgau zurückgekehrt und freue sich, „in diesem privilegierten Tal, in dem so viel Potential steckt, leben und wirken zu dürfen.“

„Wir stecken mitten im Umbruch“

Als den Mahner gegen die Erderwärmung schlechthin stellte Pliger der international anerkannten Klima- und Gletscherforscher Georg Kaser (Karthaus/Innsbruck) vor, der dreimal als einer der Leitautoren den Weltklimabericht mitgeschrieben hat. Schon seit 40 Jahren warnen die Wissenschaftler vor der Erderwärmung und deren Folgen, „und jetzt stecken wir mitten im Umbruch“, sagte Kaser. Hitzewellen, Dürreperioden, außergewöhnlich starke Regengüsse und andere Extremereignisse werden weltweit immer häufiger und werden in Zukunft noch öfter vorkommen. Der Gletscherschwund sei weit fortgeschritten „und der Anstieg des Meeresspiegels ist nicht mehr zu bremsen.“ Es tue ihm leid, auf wenig erfreuliche Entwicklungen hinweisen zu müssen, „aber das sind nun einmal wissenschaftlich belegte Fakten.“ Sollte es nicht gelingen, die CO2-Emissionen bis 2030 stark einzuschränken und die Klimaziele einigermaßen zu erreichen, „haben wir den Kampf verloren und der Klimawandel entwickelt eine unbeeinflussbare Eigendynamik. Zu spät ist es noch nicht.“ 2030 sei nicht eine von der Politik vorgegebene Jahreszahl, „sondern ein Kipppunkt, ein physikalisches Datum.“

„Die Köpfe verändern kann die Wissenschaft nicht“

Die Wissenschaft könne nur aufzeigen, was Sache ist, „die Köpfe der Menschen verändern kann sie nicht.“ Wie Kaser auch bei der Diskussion unterstrich, müsse der Ölindustrie und den weltweit agierenden Lobbys, die am Stand der Dinge und am ungebremsten Wirtschaftswachstum festhalten wollen, ernsthaft der Kampf angesagt werden. Er befürchte, dass die repräsentativen Demokratien diesbezüglich überfordert seien. Begrüßenswert wären Bürger/innen-Räte. Auch Daria Habicher meinte, „dass wir uns mehr zusammenschließen und politischer werden müssen.“ Habicher und weitere Podiumsgäste stellten sich hinter die Aktion von Klima-Aktivisten im Naturmuseum in Bozen, die unlängst für Schlagzeilen gesorgt hat. Es habe sich um eine gewaltfreie Aktion mit dem einzigen Ziel gehandelt, um den Klimawandel aufmerksam zu machen. Laut Kaser sei es schon erstaunlich, wie viel Energie aufgewendet wird, „um die Überbinger von Botschaften niederzumachen, anstatt endlich heilige Kühe zu schlachten.“

Naturverbunden, einfach, nachhaltig

Mit diesen drei Worten fasste Herbert Niederfriniger, Firmengründer und Geschäftsführer der Firma holzius, das Credo des Betriebs zusammen, der derzeit 55 Mitarbeitende beschäftigt. Nach diesem Credo wurde auch der neue Betriebssitz „holzius Heimstatt“ in der Handwerkerzone in Eyrs gebaut. „Wir dürfen die Kraft der Natur nicht mit Chemie bändigen, sondern sie nachhaltig nutzen“, so Niederfriniger. Auch er blickte kurz auf seinen Werdegang zurück. Niederfriniger wuchs auf einem Bergbauernhof in Tanas auf. Er lernte das Tischlerhandwerk, wurde Förster und setzte später seine Vision von einem möglichst naturnahen Wohnen um: holzius baut Massivholzhäuser aus leim- und metallfreien Holzelementen. Die Mission des Unternehmens sei es, „gesunde Wohn-Lebensräume zu schaffen. Wir sind Impulsgeber und zeigen Wege auf, die Natur und Mensch harmonisch verbinden.“ Große Bedeutung komme dem Denken und Handeln in kleinen Kreisläufen zu. Überzeugt ist Niederfriniger, „dass Nachhaltigkeit von innen heraus gelebt werden muss. Es ist eine Frage des Herzens.“

„Kleinbäuerlicher Vielfaltsbetrieb“

Von der extremen Vielfalt der Landwirtschaft seit jeher fasziniert ist Elisabeth Prugger, die in Tschengls zusammen mit ihrem Freund Simon vor allem Gemüse anbaut und dabei auf die Sortenvielfalt, die Gesundheit des Bodens und auf die Erzeugung gesunder Lebensmittel setzt. Der Boden hat laut Prugger keine Lobby: „Wir wissen viel über das, was uns am Leben erhält, aber wenig über den Boden.“ Landwirtschaft müsse nicht neu erfunden, sonders nur anders gedacht werden. Immer mehr junge Menschen seien bestrebt, aus dem Konsumzwang auszubrechen und sich zukunftsfähigen Anbausystemen zu widmen. Auch über ihr Mitwirken bei der Bürgergenossenschaft Obervinschgau und der Bio-Dorfsennerei Prad berichtete Elisabeth Prugger. Das Gemüse des „kleinbäuerlichen Vielfaltsbetriebs“ in Tschengls kann man u.a. auch an der „Gemüsefeldküche“ genießen, mit der Elisabeth und Simon manchmal aufwarten: „Gemüse ist nicht nur Beilage“, so Prugger.

„China weiß, was es macht“

„Was bringen uns alle Bemühungen, wenn China, Indien und weitere Länder weiterhin derart viel CO2-Emissionen verursachen?“ Zu dieser Frage eines Oberschülers meinte Georg Kaser, dass vor allem China als Bedrohung wahrgenommen werde, wobei aber nicht gesagt werde, „dass der CO2-Ausstoß pro Kopf in China viel niedriger ist als zum Beispiel in Südtirol und in Indien ist er noch niedriger.“ Nicht zu vergessen sei auch die lange Ein-Kind-Politik in China: „Ohne diese Politik würden heuet einige Milliarden mehr Menschen auf der Welt leben.“ China sei zwar eine Diktatur, „weiß aber, was es macht.“ Und der Klimaforscher holte noch weiter aus: „Der globale Süden der Welt wurde jahrhundertelang ausgebeutet und wir müssen diesen Ländern Entwicklungsmöglichkeiten zugestehen, damit auch sie ein gewisses Maß an Wohlstand erreichen können.“ In der sogenannten westlichen Welt herrsche zwar weitgehend Wohlstand, das Wohlbefinden aber nehme immer weiter ab. In seinen Schlussworten meinte Kaser: „Es lohnt sich zu kämpfen, auch wenn es für viele Millionen Menschen kein Morgen geben wird.“ Niederfriniger hingegen glaubt an ein Morgen. Abgeschlossen hat die Veranstaltung Verena Rinner mit dem Hinweis, „dass die heutige Podiumsdiskussion der Anfang für mehrwöchiges Arbeiten in den Klassen ist.“

Josef Laner
Josef Laner

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