Erwin Tappeiner über den Dächern von München auf der Terrasse seines Hotels.

„Die Weltstars als Gäste“ 

Vom „Hiatabua“ zum Hotel-Direktor. Ein Nachruf für Erwin Tappeiner von Stephan Gander.

Publiziert in 20 / 2025 - Erschienen am 4. November 2025

München/Goldrain - Vom „Hiatabua“ zum Hotel-Direktor und „Mr. Munich“: Der aus Goldrain gebürtige Erwin Tappeiner verstarb im Sommer 2025 im 88. Lebensjahr nach einem erfüllten und spannenden Hoteliers-Leben in München. Erwin Tappeiner war bekannt dafür, dass er die Weltstars als seine Gäste hatte und dass er ihnen „jeden Wunsch erfüllte“. Unlängst hatte ihm die Familie seinen letzten Wunsch erfüllt: Erwin wurde im engsten Familien- und Freundeskreis in seiner geliebten Heimat Südtirol beigesetzt. Angefangen hatte alles sehr bescheiden: 1937 wurde Erwin in Goldrain in eine schwierige Zeit hineingeboren. Geprägt von der Armut und Not der Kriegs- und Nachkriegsjahre, als viele Menschen wenig bis nichts auf den Tellern hatten, musste der junge Erwin nach der Schule immer Kühe hüten, dabei fühlte er sich „trostlos einsam“, er hatte immer das Gefühl: „Ich muss hier raus“ und träumte davon, die große weite Welt zu erkunden. Der erste Schritt in diese Richtung war Meran: Dort wohnte er bei seinen Verwandten in Algund und besuchte die Hotelfachschule „Savoy“, wo er später kurzzeitig auch als Lehrer tätig war. Der Grundstein für seine Hotellaufbahn war gelegt. Stets seinem Kindheitstraum im Fokus, reiste er viel und schließlich kam er der Liebe wegen nach München. Im Hotel „Vier Jahreszeiten Kempinski“ ging es mit seiner Karriere steil bergauf, Erwin Tappeiner wurde zum Vize-Direktor und wirkte dort 27 Jahre. Diese Zeit nutzte er, um sein vielschichtiges Netzwerk mit sagenhaften Kontakten aufzubauen, so wurde er auch liebevoll „Mr. Munich“ genannt, weil er in München eine Institution war: „Jeder kannte mich und ich kannte alle, die wichtig waren“, erzählte er mir. 1995 wechselte Erwin ins renommierte Hotel Rafael, das im Jahre 2000 von der internationalen Luxus-Hotelgruppe „Mandarin Oriental“ übernommen wurde. Dort assistierte Erwin Tappeiner der Hoteldirektion als „Internationaler Verkaufs Repräsentant“ und das für knapp 25 Jahre.

Weltstars als Gäste

Wenn Erwin von seinen Erlebnissen mit Gästen erzählte, leuchteten seine Augen und er kam ins Schwärmen: Ob Kaiser, Könige, Prinzen, Staatschefs, Opernsänger oder Fußball-Stars, seine Liste liest sich wie das „Who ist Who“ der Weltstars: Brigitte Bardot, Claudia Cardinale, Sophia Loren, Liz Taylor oder Luciano Pavarotti, Placido Domingo, Robert Redford, Kaiser Hirohito von Japan, Prinz Charles von England, die Fürsten von Monaco, darunter Fürst Rainier III. mit Gemahlin Grace Kelly, Prinz Albert, der Dalai Lama oder auch Fußball-Gott Pelè und Diego Maradona, Politiker wie Kanzler Helmuth Kohl oder Argentiniens Präsident Carlos Menem und der italienische Staatspräsident Sandro Pertini, alle waren sie bei Erwin Tappeiner zu Gast, alle betreute er sie persönlich, erfüllte Kundenwünsche und pflegte freundschaftliche Beziehungen zu ihnen. 

Extrawünsche? – Ja natürlich!

Erwin Tappeiners Credo als Hoteldirektor war stets, Kundenwünsche ernst zu nehmen: „NEIN gibt es in der Luxushotellerie nicht“. Ein paar Beispiele aus Erwins Erzählungen: Um Diego Maradona samt Mannschaft ins Hotel zu bekommen, war es für Maradona wichtig, einen privaten Whirlpool im Zimmer zu haben. Erwin: „Wir hatten keinen, aber innerhalb von wenigen Tagen war er installiert und Diego war happy.“ Als Paul McCartney für ein Konzert auf dem Weg nach München war, „rief er mich aus dem Privat-Flieger an: Er hatte bei uns gebucht und klagte über fürchterliche Zahnschmerzen. Er wünschte sich von einem Zahnarzt behandelt zu werden, am liebsten diskret und direkt in unserer Hotelsuite. Gesagt getan … Tags darauf hat er seine beiden ausverkauften Konzerte erfolgreich und ohne Zahnschmerzen über die Bühne gebracht.“ Mit dem argentinischen Präsidenten Carlos Menem hat Erwin persönlich Tennis gespielt – weil dieser in München keinen Tennispartner fand und unbedingt spielen wollte. Unvergessen bleibt auch die Nacht, als Chelsa „dahoam“ in München den FC Bayern im Champions-League Finale schlug: „Die Feier war geplant und doch nicht geplant, weil wir ja nicht wussten, wer das Spiel gewinnen würde, am Ende war es aber ein unbeschreibliches Gefühl: Ganz München war wie ausgestorben, einzig bei uns auf der Dachterrasse wurde gefeiert“, erinnerte sich Erwin.

Tappeiners Erfolgsrezept

Erwin Tappeiners Anekdoten zeigen sein Erfolgsrezept: 100% persönliches Engagement, Einfühlungsvermögen in die Bedürfnisse seiner Gäste, durch außergewöhnliche Freundschaftsdienste Vertrauen aufbauen und auf jeden Kundenwunsch eingehen. Nicht von ungefähr schrieb die SZ (Süddeutsche Zeitung) über Erwin Tappeiner: „Der Mann für Extrawünsche!“ Auch gute Kontakte sind wichtig: Nicht von ungefähr hatte Erwin über 2.500 Kontakte auf seinem Handy gespeichert. Selbstverständlich sind Aufmerksamkeit, Freundlichkeit und Herzlichkeit auch im Luxussegment Standard. Sehr wichtig war ihm auch maximale Diskretion: „Ob vertrauliche Gespräche oder geheime Liebschaften der Gäste – Klatsch und Tratsch gibt es bei mir nicht.“ Dies wusste auch Prinz Charles zu schätzen, der Erwin über viele Jahre pünktlich zum Geburtstag eine Glückwunschkarte geschickt hat.

Welt als Bühne, Südtirol als Heimat

Als „Internationaler Sales Repräsentant“ für Mandarin Oriental führte er im übertragenen Sinne ein Leben zwischen „Rio, New York und Tokio“: Gekonnt gelang es Erwin, gut betuchte Kunden aus aller Welt anzuwerben und nach München zu bringen. Erwin hat sich so seinen Kindheitswunsch erfüllt: Er konnte in seinem Leben die große weite Welt erkunden und er hatte einen Beruf gefunden, der für ihn bis ins hohe Alter mehr als nur Berufung, sondern vielmehr Freude und Lebensaufgabe war. Trotz seiner Liebe zum Reisen, hat es Erwin stets in seine Heimat Südtirol gezogen, am liebsten im Herbst zur Törggele-Zeit. Das einfache Leben auf dem Land und die authentischen Südtiroler Gerichte, die er aus seiner Kindheit kannte, sah er als den wahren Luxus an.  Abschließend möchte ich Erwin Tappeiner als das würdigen, was er war: Eine große Persönlichkeit, mit positiver Energie und Lebensfreude, Stil und Format, Herz und Verstand, Empathie und Charisma. Er war Weltbürger, Münchner und Südtiroler. Für Erwin war es neben seiner Arbeit wichtig, junge Menschen zu fördern und für die Welt der Hotellerie zu begeistern. Gar einige Südtiroler haben beim „Herrn Tappeiner“ in München ein Praktikum ablegen dürfen, so konnten sie von seinem riesigen Erfahrungsschatz lernen und in einem spannenden Umfeld interessante Erfahrungen sammeln. Erwin war auch ein wichtiger „Ambassador“ Südtirols in München. So ist es ihm gelungen, viele Menschen aus den unterschiedlichsten Ländern der Welt für Südtirol zu begeistern. Sein ganzer Stolz waren seine beiden Söhne: Florian, der im internationalen Finanzbereich tätig ist, und Maximilian, der Erwin in seine Fußstapfen im Bereich der Luxus-Hotellerie gefolgt ist. Aber auch seine Enkelkinder erfüllten ihn mit großer Freude. Seine Familie hat einen geliebten Vater und Großvater verloren, München eine starke Persönlichkeit, Südtirol einen wichtigen Fürsprecher und viele von uns- darunter auch ich - einen Freund. 

Redaktion

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