Hugo Daniel, der ärztliche Leiter des Bürgerheims in Schlanders

„Ein zweischneidiges Schwert“

Hugo Daniel: „Weitere Lockerungen im Bürgerheim noch nicht absehbar.“

Publiziert in 23/24 / 2020 - Erschienen am 16. Juli 2020

Schlanders - Sie sind groß, die psychischen und zum Teil auch körperlichen Belastungen, denen nicht nur die über 80 Bewohner des Bürgerheims in Schlanders seit Monaten ausgesetzt sind, sondern auch ihre Angehörigen und nicht zuletzt die Pflegekräfte im Haus. „Die Menschen sind nach so vielen Monaten stuff, denn die Belastungen sind zum Teil wirklich groß“, bestätigt Hugo Daniel, Arzt für Innere Medizin im Krankenhaus Schlanders und ärztlicher Leiter des Bürgerheims. Ihm und auch den Führungskräften des Heims sei die schwierige Lage durchaus bewusst, „doch wir haben es mit einem zweischneidigen Schwert zu tun.“ Um das Auftreten von Corona-Fällen zu vermeiden, seien strengste Abschirmungsmaßnahmen unerlässlich. Daniel: „Wir haben das Bürgerheim frühzeitig zugesperrt und weitere Maßnahmen gesetzt. Im Gegensatz zu anderen Heimen im Land, wo die Situation eskaliert ist, konnte im Bürgerheim und in anderen Heimen im Vinschgau eine Verbreitung des Virus verhindert werden.“ 

Große Belastungen

Zur Frage, ob es angesichts der Tatsache, dass nicht wenige Heimbewohner während dieser endlosen Monate psychisch, geistig und auch körperlich zum Teil stark abgebaut haben und dass auch die Situation für viele Pflegekräfte, die Angst davor haben, das Virus in das Heim zu tragen bzw. es mit nach Hause zu bringen, zum Teil unerträglich geworden ist, endlich Lockerungen einzuführen, meinte der Arzt: „Wir haben das, was uns die jeweiligen Beschlüsse und Verordnungen des Landes vorgeben bzw. erlauben, umgesetzt. Ob es in Kürze weitere Lockerungen geben wird, können wir heute (14. Juli, Anmerkung der Redaktion) nicht vorhersehen.“ Vor über einem Monat wurde im Eingangsbereich des Heims ein Besucherraum mit einer Plexiglaswand errichtet. Dort können Bewohner und Angehörige einander nach vorheriger Terminvereinbarung treffen. Außerdem wurde die Möglichkeit von Begegnungen im Garten geschaffen, wobei natürlich ebenfalls darauf geachtet wird, dass die Abstände und hygienischen Covid-19-Vorgaben eingehalten werden. Überwacht und koordiniert werden die Treffen und Begegnungen von Andreas Wiesler, der in normalen Zeiten im Bürgerheim für die Freizeitgestaltung zuständig ist.

„Normal“ ist noch vieles nicht

„Normal“ ist im Bürgerheim seit dem Ausbruch der Pandemie vieles nicht mehr. So bleiben etwa die Bewohner der einzelnen Stockwerke weiterhin abgeschirmt. „Wenn in einem Stockwerk ein Virusfall auftrifft, kann damit die Ausbreitung auf die anderen Stockwerke unterbunden werden“, sagt Hugo Daniel. Nach wie vor bestehen bleibt ein isolierter Bereich im dritten Stock, wo stets 5 Betten für eventuelle Covid-19-Patienten frei bleiben. Der Versuch, für die Bewohner unter der Einhaltung der strengen Sicherheitsvorgaben eine gemeinsame Messfeier in der Kapelle zu ermöglichen, sei gescheitert. Hugo Daniel: „Nun wird es so gehandhabt, dass Pater Max, der selbst Bewohner im Heim ist, abwechselnd in den Stockwerken eine Messe zelebriert.“ Was vielen Seniorinnen und Senioren abgeht, ist der körperliche Kontakt mit Angehörigen und Freunden. „Es ist nicht dasselbe, ob man einander durch eine Plexiglaswand anschaut bzw. aus einer bestimmten Entfernung miteinander spricht, oder ob man jemanden umarmen oder ihm zumindest die Hand schütteln kann,“ bestätigt der ärztliche Leiter. Außerdem sei nicht zu vergessen, dass sich ältere Mitbürger im Umgang mit Telefon oder Handy schwer tun. 

Körperlicher Kontakt fehlt vielen

Zusätzlich zu seiner Arbeit im Krankenhaus und der Tätigkeit als ärztlicher Leiter hat Daniel seit dem Ausscheiden des Gemeindearztes Oswald Tappeiner auch die ärztliche Betreuung jener Bürgerheim-Bewohner übernommen, die von Tappeiner betreut worden waren. Wann sich die Lage in den Heimen entspannen wird und wann es zu weitreichenderen Lockerungen kommen wird, wagt Daniel nicht abzuschätzen: „Darüber entscheiden nicht wir, sondern die Landesregierung.“ Zu den wenigen Neuigkeiten gehöre die Tatsache, dass seit kurzem wieder neue Heimbewohner aufgenommen werden können. Auch hierbei gelten strenge Vorgaben, etwa ein negativer Covid-19-Test, der nicht älter als 4 Tage sein darf. Vorerst unverändert bleibt die Verantwortung, die auf den ärztlichen Leitern der Seniorenheime lastet. Laut der derzeitigen Regelung müssen sie im Extremfall auch mit ihrem privaten Vermögen haften. Vorerst ausgesetzt bleiben im Bürgerheim in Schlanders auch der Barbetrieb, der Einsatz der Freiwilligen und weitere Aktivitäten.

Josef Laner
Josef Laner

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