Im Bild (von links): Robert Peer (Demenzfreundlicher Vinschgau), Referentin Anita Tscholl und Annemarie Kainz (KVW-Bezirk Vinschgau).

Leben (mit)bestimmen bis zuletzt

Vortragsabend zum Thema „Patientenverfügung bei Demenz“.

Publiziert in 10 / 2023 - Erschienen am 23. Mai 2023

Glurns - Den eigenen Tod oder den eines Familienmitgliedes lässt man nicht gerne in sein Leben. Die Auseinandersetzung mit der Endlichkeit macht Angst und wird gerne bei Seite geschoben. Viele Betroffene und Angehörige trauen sich nicht, über den nahenden Abschied oder das Danach zu reden. Dabei wäre es so wichtig, seine letzten Dinge schon zu Lebzeiten zu regeln und seine Wünsche bei Krankheit, im Alter oder am Beginn des Sterbeprozesses zu äußern. Dies betonte kürzlich auch Anita Tscholl, die Koordinatorin der Hospizbewegung Vinschgau, bei ihrem Vortrag „Patientenverfügung bei Demenz“, einer Veranstaltung der Vereinigung „Demenzfreundlicher Vinschgau“, im Gemeindehaus von Glurns. Zu Beginn ihres Referates stellte Anita Tscholl die Caritas-Hospizbewegung vor, die sich die Begleitung von Schwerkranken, Sterbenden, pflegenden Angehörigen und Trauernden zur Aufgabe gemacht hat. „Landesweit gibt es rund 200 Ehrenamtliche, die in der  Sterbe- und Trauerbegleitung ausgebildet sind“, so die Referentin.

In welcher Situation möchte ich noch leben?

Wer sich rechtzeitig um seine gesundheitliche und soziale Vorsorge kümmert, kann noch selbst bestimmen, wie er am Lebensende behandelt oder gepflegt werden möchte. Dank den Fortschritten der modernen Medizin sind die Möglichkeiten enorm gewachsen, menschliches Leben auch bei schwersten Unfällen und Erkrankungen zu erhalten. Wenn Maßnahmen aber nur das Leiden und den Sterbeprozess verlängern, stellt sich die Frage, ob das noch im Interesse des Patienten steht. Dabei macht vielen Menschen Angst, dass sie irgendwann nicht mehr eigene Entscheidungen treffen können und dass Angehörige, Ärztinnen und Ärzte und Pflegende vor diesen schweren Entscheidungen stehen. Für diese Situation ist die Patientenverfügung ein geeignetes Instrument, eigene Wünsche bezüglich medizinischer Behandlung oder Nichtbehandlung mitzuteilen und die Angehörigen in diesen Fragen zu entlasten. 

Selbstbestimmungsrecht des Patienten

Jede entscheidungs- und handlungsfähige volljährige Person sollte, besonders mit höherem Lebensalter, bei progressiver Erkrankung oder vor medizinischen Eingriffen eine Patientenverfügung machen. Im Falle einer dementiellen Erkrankung muss die Patientenverfügung in einem frühen Stadium verfasst werden. In der Patientenverfügung kann ich diagnostische therapeutische Eingriffe oder Behandlungsmaßnahmen ablehnen oder ihnen zustimmen. Der Patient im Vollbesitz seiner Entscheidungsfähigkeit hat das Recht, jederzeit die medizinische Behandlung zu verweigern, auch wenn diese Entscheidung sein Leben gefährdet. „Ich entscheide heute für die Zukunft, für eine Situation, in der ich mich nicht mehr entscheiden kann“, so Anita Tscholl, „und ich kann jederzeit meinen Willen, gleich wie beim Testament, ändern oder widerrufen. Vorausgesetzt, ich bin bei klarem Verstand. Die Verfügung mit dem jüngsten Datum ist gültig und anzuwenden“. Die behandelnden Ärzte müssen den Willen respektieren und sind zivil- und strafrechtlich geschützt. Das Gesetz sieht eine Vertrauensperson vor, die jede Person selbst einsetzen kann und die in der Patientenverfügung mit Unterschrift angegeben wird. Die Patientenverfügung kann mit dem Hausarzt gemeinsam erstellt werden; es reicht aber auch die Unterschrift des Arztes. Die Vertrauensperson sollte eine Kopie der Patientenverfügung erhalten. Eine weitere wird beim Meldeamt der Gemeinde hinterlegt und das Original bewahrt man selbst auf. Broschüren sind online herunterzuladen und liegen beim Amt für Gesundheitsordnung, in den Sprengelsitzen, in Arztpraxen und im Büro der Caritas-Hospizbewegung in Schlanders auf.

Ingeborg Rainalter Rechenmacher
Ingeborg Rainalter Rechenmacher
Vinschger Sonderausgabe

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