Peter Grüner überreicht das Gabriel-Grüner-Stipendium an Helena Lea Manhartsberger und Nora Belghaus (v.l.).
Bei der Verleihung des Gabriel-Grüner-Schülerpreises (v.l.): Gudula Galvan (Lehrerin), Beatrix Stricker und Veronika Liensberger, Sophia Steinegger und Leonie Rita Pichler sowie Helga Graziadei (Lehrerin).
Walter Wüllenweber
Michael Pinggera
Gustav Tschenett
Josef Thurner
Valentin Moriggl
Moderator Roman Drescher mit Karima.

„Nehmt euch Gabriel zum Vorbild“

Stipendium und Schülerpreis in Erinnerung an den „Stern“-Reporter vergeben.

Publiziert in 18 / 2023 - Erschienen am 10. Oktober 2023

Mals - „Es ist großartig, wie ihr das Andenken an Gabriel Grüner pflegt und wie ihr gleichzeitig junge Menschen für guten Journalismus motiviert und begeistert.“ Das sagte der deutsche Journalist und Buchautor Walter Wüllenweber am 5. Oktober im Kulturhaus in Mals. Er hielt anlässlich der Verleihung des heurigen Gabriel-Grüner-Stipendiums und Gabriel-Grüner-Preises den Festvortrag. Wüllenweber war ein guter Freund von Gabriel Grüner aus Mals, der am 13. Juni 1999 zusammen mit dem Fotografen Volker Krämer und dem Dolmetscher Senol Alit im Kosovo ermordet wurde. „Gabriel war ein Schreiber durch und durch. Es ging ihm aber nicht nur um das Erzählen, sondern zu allererst um die Inhalte“, führte Wüllenweber aus, der mit dem Reporter mehrfach in Kriegs- und Krisengebieten unterwegs war, um Reportagen für den „Stern“ zu liefern. „Gabriel interessierte sich für die kleinen Leute, denen es dreckig ging“, so Wüllenweber. Die Reportage als journalistische Darstellungsform sei derzeit bedroht. Gabriel würde sich darüber ärgern und sich dagegen wehren, „dass in Verlagshäusern zunehmend Manager und Controller die Macht übernehmen.“ Die Gewinnerinnen des Stipendiums und des Preises rief er dazu auf, „sich Gabriel zum Vorbild zu nehmen.“

„Unter der Erde die Wahrheit“
Das Gabriel-Grüner-Sti-pendium wurde zum 24. Mal vergeben. 21 Exposés waren im Rahmen der Ausschreibung eingereicht worden. 10 davon kamen in die Vorauswahl und wurden im April von einer eigenen Jury in Mals bewertet. Die Jury hatte sich entschieden, das mit 6.000 Euro dotierte Stipendium ausnahmsweise nicht für eine fertige Reportage zu vergeben, sondern für den Vorschlag für eine Reportage. Es handelt sich um die Recherche-Reportage „Unter der Erde die Wahrheit“. Die Gewinnerinnen des Stipendiums, die Autorin Nora Belghaus und die Fotografin Helena Lea Manhartsberger, beide aus Deutschland, werden demnächst nach Mexiko reisen. Wie Peter Grüner, der Bruder von Gabriel, in seiner Laudatio ausführte, werden Nora und Helena in Mexiko die Arbeit der nichtstaatlichen und gemeinnützigen Einrichtung EAAF beschreiben und erzählen. Die Organisation „Argentine Forensic Anthropology Team“ arbeitet vor allem mit Opfern von Verschwindenlassen, Menschenhandel, organisierter Kriminalität, Migrationsprozessen, Kriegskonflikten und Unfällen. „EAAF hat im Laufe der Jahrzehnte die Überreste zehntausender Menschen exhumiert, untersucht, überprüft, ihre DNA ermittelt und so den vielen verscharrten Leichen ihre Würde und den Namen zurückgegeben“, so Peter Grüner, seines Zeichens auch Mitglied der Jury. Die Arbeit in Mexiko, an deren Grenze zur USA immer wieder Geflüchtete den Tod finden, „stellt im Vergleich zu Diktaturen, Bürgerkriegen und Genoziden in Lateinamerika eine besondere Herausforderung dar, weil es sich dort um ein komplexes Gewaltsystem handelt, in dem der Staat nicht mehr als zentraler Akteur der Gewalt aufscheint.“

Zwei Schülerinnen-Reportagen ausgezeichnet
Der Gabriel-Grüner-Schüler-preis 2023, der zum 9. Mal vergeben wurde, ging an Beatrix Stricker und Veronika Liensberger vom Gymnasium Walther von der Vogelweide in Bozen für ihre Reportage „Zuhaus im Mutterhaus“ über das Klosterleben der Tertiar-Schwestern in Brixen, sowie an Sophia Stein-
egger und Leonie Rita Pichler vom Kunstgymnasium Meran für die Reportage „Karimas Weg in die Freiheit“, die Geschichte einer Flucht von Afghanistan nach Innsbruck. Bildungsdirektor Gustav Tschenett lobte die Qualität der Reportagen und würdigte die Preisvergabe als ambitioniertes Projekt der Begabtenförderung, sowie auch als Chance für junge Menschen, in Begleitung von Experten und Lehrpersonen erste praktische Erfahrungen mit der journalistischen Arbeit zu machen. Der Schülerpreis ermöglicht es den Gewinnerinnen, ein Praktikum beim Magazin „Stern“ in Hamburg bzw. bei der Wochenzeitschrift „ff“ in Bozen zu absolvieren. Die Vergabe des Stipendiums und des Schülerpreises sind ein Gemeinschaftsprojekt des Bildungsausschusses Mals, der Gemeinde Mals, von „Zeitenspiegel Reportagen“, der Wochenzeitschrift „ff“ und der Pädagogischen Abteilung der Deutschen Bildungsdirektion.

Viel Lob für die Veranstalter
Worte des Dankes und der Anerkennung für alle, die das Gedenken an Gabriel Grüner hochhalten und die Vergabe des Stipendiums und Preises Jahr für Jahr organisieren, überbrachten u.a. Bürgermeister Josef Thurner, der Vorsitzende des Bildungsausschusses, Michael Pinggera, sowie Gustav Tschenett. Anwesend waren auch Angehörige der Familie von Gabriel Grüner sowie dessen Geschwister. Für Josef Thurner gehört die Verleihung des Stipendiums und Preises zu den schönsten Veranstaltungen in Mals im Jahresverlauf: „Gabriel ist seinerzeit von Mals weggezogen, jetzt kommt die Welt durch ihn nach Mals zurück.“

Josef Laner
Josef Laner

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