Plädoyer für die Koppelweide
Der Klimawandel wirkt sich auch auf die Almen aus. „Rechtzeitiger Auftrieb, gelenkte Weideführung und Anpassung der Tierzahlen.“
Burgeis - Der Klimawandel macht auch vor den Almen nicht Halt. „Um die Weideflächen zu erhalten, sind Anpassungen in der Almbewirtschaftung unerlässlich und dazu gehört auch die Vorverlegung der Termine für den Viehauftrieb“, gab sich Siegfried Steinberger von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft am 18. März in der Fachschule für Land- und Forstwirtschaft Fürstenburg in Burgeis überzeugt. Steinberger war der Hauptreferent der Almwirtschaftstagung, zu der Markus Joos vom Bezirksamt für Landwirtschaft West im Namen der Genossenschaft für Weiterbildung und Regionalentwicklung, der Fachschule Fürstenburg, des Bezirksamtes für Landwirtschaft und der Arbeitsgemeinschaft Vinschger Milchviehalmen viele Alpobleute, Alpverantwortliche und Alminteressierte begrüßen konnte. „Die Winter werden zunehmend kürzer und die Vegetation setzt früher ein“, sagte Steinberger. Zumal das Vieh seit jeher frisches und junges Gras bevorzugt, „ist es notwendig, die Auftriebszeiten vorzulegen.“ Vom Festhalten an bestimmten Traditionen nach dem Muster „Das haben wir immer schon so gemacht“ sei Abschied zu nehmen. Das Problem sei, dass der Futterzuwachs den Futterverbrauch übersteigt. Dort, wo das Gras nicht zur rechten Zeit sauber abgefressen wird, breiten sich der Bürstling, Sträucher und Jungbäume aus. „Die Wildnis holt sich die Weideflächen zurück“, warnte der Referent. Von einer künstlichen Vergrößerung von Weideflächen hält Steinberger wenig. Wohl aber plädierte er für die Einführung der Koppelwirtschaft: „Damit wird erreicht, dass das Gras von Koppel zu Koppel sauber abgefressen wird. Geschieht das nicht, degeneriert das Gras. Kein Rind frisst braune Stängel.“ Wenn zu spät aufgetrieben wird und das Vieh nicht in Koppeln weidet, kommt es dazu, dass der Futterüberschuss im Frühjahr zum Futtermangel im Herbst führt. Steinberger: „Wenn es nicht gelingt, den ersten Aufwuchs gut abzuweiden, schaffen wir es nicht mehr, den Futterzuwachs mit dem Futterverbrauch auszugleichen.“ Der Referent sprach sich auch klar für eine starke Viehbestoßung auf den Almen aus: „Eine Begrenzung des Tierbesatzes, wie zum Beispiel auf zwei Großvieheinheiten pro Hektar, fördert das langsame Sterben der Almen.“ Das „magische Dreieck der Almbewirtschaftung brachte der Experte so auf den Punkt: „Rechtzeitiger Auftrieb, gelenkte Weideführung und Anpassung der Tierzahlen.“ Überzeugt ist er außerdem, dass die Artenvielfalt bei einer Koppelweide zunimmt. Über seine Erfahrungen mit der Koppelweide auf der Laatscher Alm berichtete Elmar Frank. Der 38-Jährige ist seit 3 Jahren Hirte auf der Laatscher Alm. Seine Frau Bernadette Gostner ist dort seit 4 Jahren Sennerin. Seine Ideen und Ziele fasste Elmar Frank - er ist übriges gelernter Koch - so zusammen: früheres Auftreiben, Reduzierung von Heu (Zufütterung), gezielte Kraftfutterzugabe und späterer Abtrieb. „Wir wollen nicht Kraftfutterkäse erzeugen, sondern Alpkäse“, so Frank. Als Vorteile der Koppelweide - die Weideflächen sind in 5 Koppeln aufgeteilt - nannte der Hirte einen dichteren Graswuchs, mehr Frischgras, einen geringen Weideverlust, eine optimale Beweidung, einen intensiven Weidedruck und ein schnelles Zusammentreiben der Tiere: „In 20 Minuten sind die Kühe im Stall und zwar ohne Hirtenhund.“ Aber es gibt auch Nachteile: großer Zeitaufwand für das Zäunen und weitere Wege bis zu den Koppeln. Außerdem seien die Kühe die Zäune nicht gewöhnt. Wichtig sei es, die Weiden immer von unten nach oben zu bestoßen. Kälber sollten nicht vom Stall direkt auf die Alm kommen, sondern vorher das Weiden lernen. „Was Kälbchen nicht lernt, lernt Kuh nimmermehr“, hatte Steinberger zu diesem Thema festgehalten. Was Elmar Frank viel größere Sorgen bereitet als der Klimawandel oder die Koppelweide sind die Großraubtiere Wolf und Bär. Abgeschlossen hat Markus Joos die Almwirtschaftstagung mit Informationen und Neuigkeiten in Bezug auf die anstehende EU-Förderprogrammperiode.