Die Fotoausstellung zeigt, wie stark sich die Dörfer und Landschaften in den vergangenen 100 Jahren verändert haben, vor allem ab den 1960er Jahren.
Raimund Rechenmacher
Dieter Pinggera
Vittorio Curzel

„Wertvoll und brandaktuell“

Ausstellung „Baustelle Südtirol“ eröffnet. „Was bleibt übrig, wenn es so weitergeht?“

Publiziert in 33-34 / 2021 - Erschienen am 12. Oktober 2021

Schlanders - In allen Südtiroler Gemeinden hat die rasante Entwicklung, die vor allem zu Beginn der 1960er Jahre einsetzte und nach wie vor anzuhalten scheint, zu einschneidenden Veränderungen in der Natur- und Kulturlandschaft geführt. Was bleibt für die nächsten Generationen übrig? Wie kann die Zukunft aussehen? Wie kann die Bewahrung von Kultur und Tradition mit den gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Ansprüchen in Einklang gebracht werden? Welche Landwirtschaft wünschen wir uns? Diese und weitere Fragen warf Raimund Rechenmacher, der Leiter der Mittelpunktbibliothek, am 1. Oktober im Innenhof der Schlandersburg in den Raum. Dort wurde die Fotoausstellung „Baustelle Südtirol: Siedlungsgrenzen - grenzenlos?“ eröffnet. Die Ausstellung gehört zur Initiative, mit der Chronistinnen und Chronisten aus ganz Südtirol in verschiedenen Standorten zeitgleich die Siedlungsentwicklung der vergangenen 100 Jahre in ihren positiven Aspekten veranschaulichen, aber auch die problematischen Seiten und Facetten sichtbar machen. In der Schlandersburg kann man sich noch bis zum 21. Oktober anhand von großformatigen historischen sowie aktuellen Fotos vor Augen führen, wie stark sich die Dörfer und Landschaften von Partschins bis Graun verändert haben. Vom 24. bis zum 29. Oktober wird die Fotoausstellung im Vereinshaus in Graun zu sehen sein und vom 30. Oktober bis zum 7. November in der St. Markuskirche in Laas. Die Südtiroler Chronistinnen und Chronisten dokumentieren das Zeitgeschehen seit 31 Jahren, in Schlanders wird seit 2003 regelmäßig gesammelt. 

Bescheidener und demütiger

„Die Ausstellung zeigt, wie Dörfer und Städte seit der Zwischenkriegszeit und speziell ab den 1960er Jahren kontinuierlich gewachsen sind und wie sehr sich auch die Kulturlandschaft verändert hat“, führte Raimund Rechenmacher weiter aus. Auch den Klimawandel, der mit den Entwicklungen und Veränderungen einhergeht, ließ er nicht unerwähnt. „Wir haben in den letzten Jahrzehnten so viel Kulturflächen verbaut wie niemals zuvor in der Geschichte.“ Nun seien die Gemeinden aufgefordert, im Zuge des neuen Raumordnungsgesetzes die Siedlungsgrenzen neu zu definieren. „Werden wir alle bescheidener und demütiger! Nehmen wir die Ängste der Jugend ernst und lassen dem bisherigen ‚bla bla bla’ Taten folgen! Das beginnt bei jedem einzelnen von uns“, mahnte Rechenmacher. „Wir sollten uns mehr auf das Sein konzentrieren als auf das Haben. Investieren wir unser Geld in sinnvolle, zukunftsträchtige Wirtschaftskreisläufe und stellen es nicht weiterhin in Form von Beton auf die grüne Wiese!“ Bedankt hat sich der Bibliotheksleiter bei der Bezirksgemeinschaft Vinschgau für den Druck der ausgestellten Fotos, der Baufirma Herbert Gemassmer für den Verleih der Schaltafeln sowie beim Chronistenteam für das Bildmaterial. Bürgermeister und Bezirkspräsident Dieter Pinggera lobte die Initiative der Chronistinnen und Chronisten. Die Ausstellung sei wertvoll, brandaktuell und äußerst passend: „Das neue Gesetz für Raum und Landschaft schreibt die Erarbeitung von Gemeindeentwicklungsprogrammen vor. Die Erstellung dieser Programme und speziell die Festlegung der Siedlungsgrenzen ist die wohl wichtigste Maßnahme, die in den nächsten Jahren in allen Gemeinden ansteht.“ Die aktive Einbindung der Bevölkerung sei ebenfalls verpflichtend vorgegeben. 

Fotos gesucht

Im Anschluss an die Präsentation der Chroniken 2018 und 2019 der Gemeinde Schlanders stellte der Filmemacher und Sozialwissenschaftler Vittorio Curzel sein Projekt für ein Fotobuch und einen Dokumentarfilm vor. In Zusammenarbeit mit der BASIS, der Bibliothek, der Gemeinde und weiteren Partnern ist geplant, unter dem Motto „Schlanders-Vinschgau 1919-1999“ Bilder zu sammeln. Das Fotobuch soll u.a. die Wechselwirkungen der ehemaligen Drusus-Kaserne und weiterer Kasernen mit dem Dorf Schlanders bzw. dem Vinschgau darstellen. Die gemeinsame Sammlung von Bildern der Drusus-Kaserne und weiteren Kasernen beginnt im Oktober und endet im Februar 2022 (Infos: 0473 730616; E-Mail: bibliothek@schlanders.it; www.schlandersburg.it).

Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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