Wiesendrusch auf der artenreichen „Langwiese“
Naturns - Zu einer besonderen Ernteaktion rückten am 14. Juni Kurt Kußtatscher, Peter Stuflesser und Mauro Tomasi von der „Local Flora Seed Mountainplan GmbH“ in Naturns aus. Mehrere Stunden lang war das Dreierteam mit elektrobetriebenen „Bürstmaschinen“ auf der insgesamt rund 2 Hektar großen „Langwiese“ von Luise Ruatti (Dorfmoar) unterwegs. Ziel war es, auf der Grünwiese, die sich inmitten von Apfelanlagen zwischen Tschirland und Zollwies befindet, autochthones Saatgut zu gewinnen. „Wir haben es hier mit einer naturbelassenen und sehr artenreichen Wiese zu tun“, freute sich Kußtatscher. Zusätzlich zu über 70 Pflanzen- und Blumenarten sei auch eine Vielzahl teils seltener Insekten vorzufinden. Unter Wiesendrusch versteht man ein Ernteverfahren, bei dem reife Samen natürlicher Wiesen gesammelt werden. Das Druschgut wird auf Tüchern getrocknet, gereinigt und für die spätere Verwendung vorbereitet. Das in Naturns geerntete autochthone Saatgut wird laut Kurt Kußtatscher für das Projekt „Blumenwiesen“ verwendet, das vom Dachverband für Natur- und Umweltschutz geleitet wird. Heimisches Saatgut sei nach wie vor Mangelware. „Umso mehr freuen wir uns, dass wir hier ernten dürfen“, so das Team von „Local Flora Seed Mountainplan“. Um die Gewinnung und Verwendung autochthonen Saatgutes zu fördern und Ankäufe aus dem Ausland zu vermeiden, sei der Erlass eines Landesgesetzes laut Kurt Kußtatscher längst überfällig: „Vorgesehen sind diese und weitere Maßnahmen zum Schutz und zur Förderung der Biodiversität in einer EU-Richtlinie, die schon vor vielen Jahren genehmigt wurde.“ Wissenschaftliche Grundlagenarbeiten von Thomas Wilhalm, Konservator für Botanik am Naturmuseum in Bozen, liegen vor. Insgesamt habe Wilhalm 11 unterschiedliche Flora-Regionen in Südtirol untersucht und beschrieben, die größte befinde sich im Vinschgau. Luise Ruatti zeigte sich erfreut, dass die artenreiche „Langwiese“ für die Gewinnung von Samen ausgewählt wurde. Die Wiese war bereits vor etlichen Jahren im Rahmen einer landesweiten Wiesenmeisterschaft ausgezeichnet worden. Seit heuer im Frühjahr ist der Betrieb „Dorfmoar“ übrigens ein „Bioland Südtirol Leitbetrieb“. Für Luise Ruatti ist die Biodiversität eine Lebenseinstellung: „Wir müssen endlich aufhören, immer nur nach Gewinn und Geld zu streben. Wir Menschen müssen die Vielfalt der Natur achten und uns bewusst werden, dass wir nur ein Teil davon sind.“ Wie schon die „Langwiese“ – zum Zeitpunkt der Druschaktion grasten im oberen Bereich noch Schafe, die sich mittlerweile im Schnalstal aufhalten – möchte Ruatti in Zukunft alle ihre Wiesen mit Hecken, Sträuchern und Bäumen umranden. Mitgeholfen haben beim Drusch auch Siw aus Dänemark, von der Luise übrigens das Spinnen von Wolle erlernt hat, sowie Omar aus Senegal.