Das Eröffnungsband ist durchschnitten (v.l.): Karl Josef Rainer (Präsident „archeoParc Schnals Museumsverein“), Kulturreferent Otto Rainer, Bürgermeister Peter Grüner, die frühere Vizebürgermeisterin Sonja Santer, archeoParc-Leiterin Johanna Niederkofler, Agostino Riitano und Gianni Berardino (künstlerischer bzw. wissenschaftlicher Leiter), Riccardo Cicolini (Projektleiter), Cristina Bernardini (Architektin) und Marcella Morandini, UNESCO-Sonderbeauftragte des Landes.

Alles rund um die Transhumanz

Neues Museumsareal beim archeoParc in Unser Frau im Schnalstal macht die Schafübertriebe sicht-, hör- und greifbar.

Publiziert in 12 / 2025 - Erschienen am 1. Juli 2025

Unser Frau - Seit 2019 ist die Transhumanz ein immaterielles UNESCO-Kulturerbe. Bis heute sehr lebendig ist die jahrhundertalte Tradition des Schafübertriebes vom Schnalstal ins Ötztal. Hautnah erleben kann man diese Tradition im Campus Transhumanz in unmittelbarer Nähe des archeoParc in Unser Frau. Der Campus wurde am 22. Juni feierlich eröffnet. Es handelt sich um ein neues Museumsareal und Kulturzentrum. „Heute ist ein besonderer Tag für unsere Gemeinde, für unsere Region und für all jene, die sich der Geschichte, Kultur und Zukunft der Transhumanz verbunden fühlen“, freute sich Bürgermeister Peter Grüner. Was im Campus zu sehen sei, „ist weit mehr als die gelungene Sanierung eines Ensembles aus Stadel, Mühle und venezianischer Säge. Es ist ein lebendiges Zeichen unserer Verantwortung gegenüber dem kulturellen Erbe, ein Ort, der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft miteinander verbindet.“ Der Campus Transhumanz würdige die jahrhundertealte Schnalser Tradition des Schafübertriebs ins Ötztal, „eine Praxis, die sozial und kulturell über Generationen hinweg identitätsstiftend war und heute noch ist. Ihr soll dieser Campus gewidmet sein, als Ort des Wissens und der Gemeinschaft. Hier sollen Ausstellungen, Bildungsangebote, Veranstaltungen und Austauschformate stattfinden. Vereine, Initiativen und Menschen mit Ideen sollen hier Raum finden.“ Der Bürgermeister dankte allen, die an der Umsetzung des PNRR-Projektes beteiligt waren und erinnerte auch an jene Personen, „die nicht mehr unter uns sind, hier aber bleibende Spuren hinterlassen haben.“

Damit die Tradition erhalten bleibt

Auf die Entstehung und Umsetzung des Projektes blickte die frühere Vizebürgermeisterin Sonja Santer zurück. Der Gemeinde war es gelungen, in den Genuss von Geldmitteln aus dem Wiederaufbaufonds PNRR (Staat bzw. EU) zu kommen. „Es handelte sich um ein sehr umfangreiches Projekt mit insgesamt 10 Maßnahmen“, so Santer. Das Kulturministerium hatte nur zwei Projekte der „Linie B“ in Südtirol genehmigt, und zwar jene der Gemeinden Schnals und Enneberg. Bei der Ausarbeitung des Projektes haben viele mitgeholfen: archeoPrac, Kulturverein Schnals, Tourismusgenossenschaft, Ziegenzuchtverein, Schafzuchtverein, Bauernjugend Schnals, Sebastian Marseiler und weitere mehr. Santer freute sich, das es gelungen ist, die lokale Bevölkerung und die Vereine einzubinden wie etwa die Grundschulen mit dem Oral-History-Projekt oder die Jugendlichen mit dem Graffiti-Workshop zum Thema Transhumanz. Santer dankte allen, „die aktiv an der Umsetzung dieses Projekts beteiligt waren und noch sein werden.“ Ihr persönlicher Danke galt allen, die bei der Sanierung der Gebäude mitgeholfen haben, jenen, die hinter den Kulissen gearbeitet haben, dem Gemeindesekretär Walter Theiner, Notburga Tappeiner und dem gesamten Gemeinde-Team, Karin Ausserhofer und Alessandro Origo sowie Riccardo Cicolini und Simone Azzini und ganz besonders Daniela Brugger, „die nicht nur mir eine große Stütze bei der Abwicklung der Maßnahmen war.“ Als künstlerischer Projekt-Leiter fungierte Agostino Riitano und als wissenschaftlicher Leiter Gianni Berardino.

Neues Leben in alten Gebäuden

 Auf dem neuen Museumsgelände stehen mehrere historische Gebäude, die bereits vor Jahren dorthin transloziert worden waren und im Rahmen der Umsetzung des PNRR-Projektes erneuert, adaptiert und ausgestattet wurden: Schmied Hütt (Obergeschoss), Gorfer Mühle und Brugger Hütten. Bereits zu sehen ist das Holzgerüst für den Nachbau einer Venezianer Säge, wobei es sich um ein Vorhaben handelt, das die Gemeinde unabhängig vom PNRR-Projekt umsetzt. Wie die archeoParc-Leiterin Johanna Niederkofler ausführte, ist der Großteil der neuen Räume multifunktional nutzbar. Mit der Führung des Campus wurde der „archeoParc Schnals Museumsverein“ betraut, dem der frühere Bürgermeister Karl Josef Rainer als Präsident vorsteht. 

 Sehen, hören, tasten 

 Die Ausstellungen und Erlebnisstationen im Campus ermöglichen es dem Publikum, die Transhumanz im wahrsten Sinne des Wortes zu sehen, zu hören und zu ertasten. Kuratiert bzw. konzipiert wurden die Ausstellungen und Erlebnisstationen von Teams rund um den Projektmanager Agostino Riitani und Gianni Berardino zusammen mit dem Ethnologen Gianfranco Spitilli und dem Historiker Sebastian Marseiler. Die erste Sonderausstellung trägt den Titel „Wege aus Gras und Fels. Formen des mobilen Hirtenwesens in Europa“. Mitgearbeitet hat auch der aus Portugal stammende Künstler Luís Costa, der eigens zur Eröffnung des Campus nach Schnals gekommen war. Wie er in seinen Grußworten ausführte, bietet die Ausstellung Einblicke in die Transhumanz, wie sie in 8 Ländern in Europa bis heute aufrecht ist. In den nächsten Monaten sollen weitere künstlerische Akzente im Campus gesetzt werden. Noch gearbeitet wird derzeit an einer permanenten Multimedia-Schau zur Schnalser Transhumanz und an einer Skulptur, die von Elias Wallnöfer aus Laas und Harald Rainer aus Schnals geschaffen wird.

 Kein klassisches Museum

 Mehrfach betont wurde beim Festakt, den Karin Tscholl (elephant projects) gekonnt moderierte, dass der Campus kein klassisches Museum sei, sondern vielmehr ein interdisziplinärer Ort des Austausches, der Lehre, Begegnung und kulturellen Vermittlung. Dies unterstrichen u.a. auch die UNESCO-Sonderbeauftragte des Landes, Marcella Morandini, Agostino Riitano und Landesrat Peter Brunner, der eine Videobotschaft übermittelt hatte. Den kirchlichen Segen erteilte Pfarrer Franz Messner. Für passende Musik sorgte die Musikkapelle Schnals. Mitgestaltet haben die gelungenen Feierstunden auch die Tourismusgenossenschaft Schnalstal (Slow Food Aperitivo) und Schnalser Vereine. Zum Rahmenprogramm gehörten auch Vorführungen traditionellen Handwerks, besondere Angebote für Kinder, Info-Tische von Vereinen sowie Führungen. Der archeoParc lud zu einem Tag der offenen Tür ein. Übrigens: Wer in den kommenden Wochen den archeoParc besucht, erhält einen Gutschein für den Besuch des Campus, in dem derzeit noch einige abschließende Arbeiten laufen. 

Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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