Barocke Musik kreativ interpretiert
Schlanders - Das Konzert von La Petite Écurie im Kulturhaus von Schlanders am vergangenen Samstag war ein eindrucksvolles Erlebnis. Mit einem Ensemble, das Barockoboe, Taille d‘hautbois, Barockfagott und historische Perkussion umfasste, wurde eine lebhafte und authentische Darbietung der Musik des 17. und 18. Jahrhunderts geboten. Der Name La Petite Écurie bezieht sich auf eine musikalische Einrichtung am königlichen Hof von Ludwig XIV. in Versailles. Das Ensemble, welches 2019 gegründet wurde, zeigt ein tiefes Interesse an der Erforschung neu entdeckter und noch zu entdeckender Originalliteratur für diese historische Bläserbesetzung. Dies sei gar nicht so einfach, wie das Ensemblemitglied Philipp Lamprecht aus Naturns zu Beginn des Konzerts erklärte. Viel Recherchearbeit sei zu leisten gewesen, denn Barockliteratur für diese Besetzung finde sich nicht im Internet. Die Musikerinnen Miriam Jorde Hompanera und Valerie Colen sowie die Musiker Marc Bonastre, Giovanni B. Graziadio und Philipp Lamprecht zeigten ein herausragendes Zusammenspiel, das sowohl die technischen Fähigkeiten als auch die emotionale Tiefe der Barockmusik zur Geltung brachte. Besonders hervorzuheben ist die Rolle der Barockoboe. Ihre klangliche Vielfalt und Ausdruckskraft trug wesentlich zur Atmosphäre des Konzerts bei. Die Barockoboe wurde in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Frankreich erfunden und dort Hautbois, also lautes Holz genannt. In der Stadt übernahmen die Oboisten die Aufgaben der Stadtpfeifer und begleiteten öffentliche Zeremonien. Am Hofe dienten sie zur Unterhaltung. Fast alle deutschen Fürstenhöfe des späten 17. Jahrhunderts unterhielten sogenannte Oboen-Banden, also Ensembles aus Oboen und Fagotten. Die Verwendung von drei Oboen und einem Fagott ermöglichte es dem Ensemble La Petite Écurie, die Arrangements der barocken Werke von Komponisten wie Henry Purcell, Joseph Bodin de Boismortier, Georg Friedrich Händel, Johann Christian Schieferdecker, Antonio Vivaldi und Reinhard Keiser kreativ zu interpretieren. Philipp Lamprecht ist bekannt für seine Virtuosität als Perkussionist und begeisterte am Samstagabend mit seiner wundervollen Begleitung auf Tamburin und historischen Trommeln. Zwischen den Musikstücken las er aus dem fiktiven „Barocken Tagebuch“ von Johann Christian Schieferdecker (1679-1732), in dem dieser laut über sich und seine Kollegen, über Zeit und Welt nachsinniert. Die Tagebuch-Texte stammen von Eva Ximena Traa. Die originale Oboenband La Petite Écurie versetzte das Publikum in die faszinierende Welt der Barockzeit und bewies einmal mehr, dass historische Musik immer lebendig und relevant bleibt. Das Konzert wurde vom Kulturhaus Schlanders in Zusammenarbeit mit dem Konzertverein „musica viva Vinschgau“ veranstaltet.
