Courage!
Gemeinsames Handeln für nachhaltigere, gerechtere Welt
Kloster Marienberg - „Courage! Ermutigung zum gemeinsamen Handeln für eine nachhaltigere, gerechtere Welt“: So lautete das Thema der 26. Marienberger Klausurgespräche, die vom 13. bis zum 15. Oktober stattgefunden haben. Vertreter aus Kultur, Wirtschaft, Politik, Schule und Kirche hatten sich eingefunden, um sich Vorträge renommierter Referentinnen und Referenten anzuhören und das Tagungsthema in Gesprächen zu vertiefen. Bei der Eröffnung wies der Präsident des Kuratoriums Marienberger Klausurgespräche, Günther Andergassen, darauf hin, dass es 5 außerordentliche Kehrtwenden brauche, um die Risiken der Krisen, die derzeit die Welt erschüttern, substanziell zu reduzieren: Beendigung der Armut, Beseitigung der eklatanten Ungleichheit, Ermächtigung der Frauen, Aufbau eines für Menschen und Ökosysteme gesunden Nahrungsmittelsystems sowie Übergang zum Einsatz sauberer Energie. Für die Lösung dieser 5 Schlüsselprobleme brauche es Mut: „Mut und couragiertes Handeln im Kleinen und im Großen.“ Andergassen forderte die Tagungsteilnehmer auf, über den notwendigen und zugleich Mut machenden Wandel zu sprechen, „über eine Politik des Ermöglichens und über den Zweifel, der unweigerlich dazu gehört. Es geht um eine kulturelle Weiterentwicklung unserer Gesellschaft, nicht um Perfektion.“
Mit Courage in eine neue Zeit
Die Sozioökonomin Daria Habicher aus Prad referierte im Eröffnungsvortrag zum Thema „Mit Courage in eine neue Zeit – Südtirol 2030“. Für Habicher bedeutet Courage die Fähigkeit, Angst in gefährlichen oder schwierigen Situationen zu kontrollieren, mutig und unerschrocken zu sein, sich nicht vom eigenen Weg und von der eigenen Überzeugung abbringen zu lassen. „Auch in ungemütlichen Situationen, wenn Widerstand aufkommt, bleibt der Couragierte standhaft. Er wagt es auch, etwas anders zu machen, aber auch sich Fehler einzugestehen. Gerade in der heutigen Zeit angesichts der Klimakrise müssen wir Courage zeigen, Systeme und Abhängigkeitsverhältnisse infrage stellen“, so Habicher. Die ehemalige Industriemanagerin und Politikerin Brigitte Ederer aus Wien ging auf das Spannungsverhältnis „Ethik und Sachzwang“ ein. Menschen in verantwortungsvollen Positionen müssten laut Ederer auch den Mut haben, etwas zu wollen, „sie müssen sich aber auch im Klaren sein, dass Durchsetzen auch Widerstand bedeutet. Dies hat zur Folge, dass es nie ohne Verletzungen abgeht und Narben bleiben.“ Die deutsch-ukrainische Politikerin und Publizistin Marina Weisband sprach zum Thema „Handeln lernen – Wie wir aus der Ohnmacht treten und uns als Gestalter begreifen.“ Die Digitalisierung, die Globalisierung und die Klimakrise zwingen uns, „unser Leben, unser Wirtschaften, ja sogar unsere Normen und Werte neu zu strukturieren. Aus einer lange stabilen Gesellschaft heraus fühlen sich Menschen oft hilflos, überfordert und ohnmächtig“, sagte Weisband. Dieses Gefühl sei eine Bedrohung für Demokratie und Solidargemeinschaft. Es spalte uns in „Wir hier unten“ und „Die da oben, die eh machen, was sie wollen“. Wo man selbst keine Kontrolle hat, „sucht man jemanden, der die Dinge vermeintlich steuert. Sei es die ‚Finanzelite‘, die ,korrupten Politiker‘ oder gar ,die Juden‘. Es ist der Nährboden von Populismus und Extremismus“, so Weisband. Ziel müsse es sein, „Menschen das Gefühl von Selbstwirksamkeit zu geben, ihre Rolle zu verändern. Statt Konsumenten oder Opfer müssen sie sich als Gestalter ihrer Gesellschaft fühlen.“ Mit einem Wirtschaftsthema befasste sich Stefan Schmidt, Verantwortungseigentümer der Firma „ACHE Naturprodukte“. Er erklärte das Konzept des sogenannten „Verantwortungseigentums“: Die Eigentümer des Unternehmens haben zwar Stimm- und Teilhaberechte, sind jedoch nicht am Gewinn beteiligt. Damit soll sichergestellt werden, dass das Unternehmen vorrangig der Verwirklichung des Unternehmenszwecks und nicht dem Gewinnstreben der Anteilseigner dient. Den letzten Impulsvortrag hielt Professor Devin Zuber, Kulturwissenschaftler aus Kalifornien. Er zeigte mit Hilfe von Beispielen aus Kunst und Literatur auf, dass uns Erfahrungen der ästhetischen Art zu verschiedenen Zeitverständnissen verhelfen, zu alternativen Sensibilitäten sowie zu Wirkungsarten im Umgang mit der Welt, wodurch wir offen werden für Gefühle der Ehrfurcht, des Staunens und dadurch der Dankbarkeit. Am Vorabend der Eröffnung der Klausurgespräche hatte der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler, Gast der heurigen Auflage, zum Thema „Mut und Verwundbarkeit – mehr Herz ist gefragt“ gesprochen. Am 24. Oktober stellte Hermann Glettler im Pastoralzentrum in Bozen sein neues Buch „Dein Herz ist gefragt – Spirituelle Orientierung in nervöser Zeit“ vor.