Eine szenische Familien-Beichte
Schlanders - Das war vielleicht ein Theater, das uns das Südtiroler Kulturinstitut zugemutet hat. Ihm, dem Institut, verdanken wir „Eines langen Tages Reise in die Nacht“, verfasst vom irischen Amerikaner Eugene O’Neill und auf die Bühne gebracht vom Schlosspark Theater Berlin. 93 Minuten Zeit ließ Regisseur Thorsten Fischer der Darstellerin und den 3 Darstellern, um sich gegenseitig Vorwürfe an den Kopf zu werfen, sich zu besaufen und sich gegenseitig fertig zu machen. Der eingebildete Vater James, überzeugend dargestellt von Peter Kremer, eine rauschgiftsüchtige Mutter, meisterhaft von Judith Rosmair gespielt, James Junior, der notorisch betrunkene Sohn mit Igor Karbus aus Wien, und ein einsichtiger, aber schwindsüchtiger Sohn Edmund mit Fabian Stromberger zerfetzten sich gegenseitig. Sie hassten sich und kamen ohne einander nicht aus. Ein riesiger Spiegel zwang sie – in welcher Pose auch immer – zur Selbstbetrachtung. Die Whisky-Flasche, eine Couch, die immer näher an das Publikum heranrückte, waren weitere Bestandteile eines Familienlebens, in dem die Betroffenen sich alles an den Kopf warfen, sich versöhnten, um sich neuerlich zu kränken. Eine bekannte Vinschgerin meinte beim Verlassen des Saales: „Gut, dass das Stück zu Ende ist, gut, dass man sich die schrecklichen Vorwürfe nicht mehr anhören muss.“
