Musikerinnenleben zwischen Wien und Auschwitz
Schlanders - Berührt wandte die bekannte Schauspielerin Corinna Harfouch ihr Gesicht zu den Musikerinnen Latica Honda Rosenberg und Hideyo Harada, als diese auf der Bühne im Kulturhaus von Schlanders Werke von Bach, Mahler, Beethoven, Brahms, Schubert und Pablo de Sarasate zum Gedenken an die Geigerin Alma Rosé spielten. Aus Briefen, Zeitzeugnissen und der Musik, die Alma Rosé in unterschiedlichen Lebensphasen umgab, gestalteten die drei Künstlerinnen in einer Wort-Ton-Collage einen Abend über das tragische Leben von Alma Rosé. Alma Rosé, die schon früh als Violinistin Karriere machte, war die Nichte Gustav Mahlers und Tochter eines berühmten Wiener Geigers. Doch der selbstbewussten, talentierten Frau wurde ihre jüdische Abstammung zum Verhängnis. Auf der Flucht in die Schweiz wurde sie in Frankreich verhaftet und 1943 nach Auschwitz deportiert. Als sie darum bat, ein letztes Mal Geige spielen zu dürfen, wurde eine Aufseherin auf ihr Musiktalent aufmerksam und übertrug ihr die Leitung des Frauenorchesters von Auschwitz. Im Schatten der Gaskammern musste die „Lagerkapelle“ am Tor für die ein- bzw. ausmarschierenden Arbeitskommandos spielen und auch Privatkonzerte für SS-Leute wie Josef Mengele geben. Die Text-Musik-Collage im Kulturhaus Karl Schönherr legte dadurch auch Zeugnis vom Missbrauch der Musik zur Nazizeit ab. Den Musikerinnen bot das Orchester bessere Überlebenschancen, ersetzte ihnen eine Familie und vermittelte dank der Kraft der Musik etwas Würde in einem System der Entwürdigung. Alma Rosé überlebte die entbehrungsreiche Gefangenschaft nicht und starb 1944 in Auschwitz. Die musikalische Sprache von Latica Honda-Rosenberg, weltweit bekannte Violinistin und seit 2009 Professorin für Violine an der Universität der Künste Berlin, war abwechslungsreich, feinsinnig und beschwingt. Das sensible Spiel der Pianistin Hideyo Harada, die bei zahlreichen renommierten Wettbewerben preisgekrönt wurde, begeisterte durch außergewöhnlichen Farbenreichtum und kraftvollen Ausdruck. Corinne Harfouch, vielen durch zahlreiche TV-Rollen bekannt, zitierte mit angenehmer Stimme aus Briefen und Texten von Zeitzeugen und ließ eine wundervolle Verschmelzung von Text und Musik entstehen, die unter die Haut ging. Wenngleich am Ende tiefe Betroffenheit herrschte, zeigte sich das Publikum im vollbesetzten Theatersaal begeistert von der Vorstellung der drei exzellenten Künstlerinnen und honorierte diese mit anhaltendem Applaus. Die Aufführung in Schlanders wurde vom Südtiroler Kulturinstitut in Zusammenarbeit mit dem Kulturhaus Karl Schönherr organisiert und von der Stiftung Südtiroler Sparkasse unterstützt.
