Die „Kelle“
Die „Aussichtskanzel“
Die Hängebrücke
Erlebnispunkt „Panoramasichel“
Bürgermeister Georg Altstätter.
Auf der „Kanzel“ (v.l.): Ingenieur Siegfried Pohl sowie Andreas Zanier und Pohls Tochter Heike vom Architekturbüro „tara“. Wie Siegfried Pohl dem der Vinschger bestätigte, war die Verankerung der Stahlbauwerke eine besondere ingenieurtechnische Herausforderung.
Feststimmung auf Zufall.
Feststimmung auf Zufall.

Urgewalt behutsam in Szene gesetzt

Die Plimaschlucht ist jetzt erlebbar. Viel Lob und Anerkennung.

Publiziert in 23 / 2017 - Erschienen am 27. Juni 2017

Martell - Seit ewigen Zeiten stürzt das Wasser der Plima in Hintermartell tösend in die Tiefe. Entstanden ist die Plimaschlucht. Wild und urig, schroff und bizarr. Die Möglichkeit, sich der Schlucht zu nähern, die Gischt des Wassers zu spüren und die Tiefen zu ermessen, bietet der Schluchtenweg, der am 18. Juni offiziell seiner Bestimmung übergeben wurde. Der Weg beginnt beim Parkplatz in Hintermartell, verläuft am ehemaligen Hotel ­Paradiso vorbei, lockt die Wanderer auf der orografisch rechten Seite der Plima zu drei besonderen Erlebnispunkten und führt schließlich über eine Hängebrücke zur Zufallhütte. „Seit 2010 wurde an der Idee, die Plimaschlucht erlebbar zu machen, gearbeitet“, blickte Bürgermeister Georg Altstätter zurück. Die Errichtung eines Klettersteiges in der wilden Schlucht habe sich aus geologischer Sicht als kaum machbar erwiesen. Von Anfang an klar gewesen sei, „dass kein Lunapark entstehen soll.“ Es sei gelungen, auch die Nationalparkverwaltung mit ins Boot zu holen sowie die Wildbachverbauung und weitere Partner. Der Bürgermeister dankte allen, die sich eingebracht hatten, um dieses einzigartige Vorhaben zu planen und umzusetzen. Einen besonderen Dank zollte er den Mitgliedern der eigens eingesetzten Arbeitsgruppe, der ­Architektin Heike Pohl und ihrem Kompagnon Andreas Zanier vom Architekturbüro „tara“ in Meran, dem Ingenieurbüro „Pohl + Partner“ in Latsch mit Siegfried Pohl an der Spitze, sowie den Firmen Alpintec und Metallbau Glurns. „Wir haben von Anfang an versucht, die Schlucht von oben her einsehbar und erlebbar zu machen“, blickte Heike Pohl zurück. Bei der Planung und Gestaltung der Erlebnispunkte „Kelle“, „Sichel“ und „Kanzel“ habe man sich an bereits vorhandene Naturgegebenheiten angepasst und diese sozusagen weitergeführt. Bei der „Kelle“ können die Besucher ein Stück weit in die Schlucht hinabsteigen. Zum Aus-, Tief- und Weitblick lädt die „Sichel“ ein. Auch die „Aussichtskanzel“ wird ihrem Namen gerecht. Die drei Konstruktionen aus Cortenstahl wurden, soweit dies möglich war, vorgefertigt und sodann per Hubschrauber eingeflogen, entweder als Ganzes („Kanzel“) oder in Teilen. Die 44,75 Meter lange Hängebrücke ist in ihrer Trag­fähigkeit so ausgerichtet, dass sie auch eine mehrere Meter hohe Schneedecke tragen kann. Die hohen Seitenabsicherungen sollen die Skitourengeher schützen. Die Brücke, die aufgrund des Höhenunterschiedes zwischen den beiden Seiten in eine Treppe übergeht, ist auch im Winter begehbar. „Hintermartell ist jetzt zwar um rund 26.000 Kilogramm Stahl schwerer, aber es konnte damit ein Schwerpunkt für die Urlauber und die Marteller geschaffen werden,“ freute sich Heike Pohl. Neben dem Bürgermeister stimmten auch Landesart Richard Theiner, der ehemalige Direktor des Nationalparks, Wolfgang Platter, der Direktor der Agentur für Bevölkerungsschutz, Rudolf Pollinger, und der Präsident des Tourismusvereins Latsch-­Martell, Roman Schwienbacher, darin überein, dass es gelungen ist, die Plimaschlucht auf sanfte und behutsame Art erlebbar zu machen, und zwar im Respekt vor der sensiblen und einzigartigen Natur und Landschaft im Herzen des Nationalparks. Wissenswertes über den Nationalpark, das Ex-Hotel Paradiso, über Fauna und Flora sowie über weitere Themen erfahren die Wanderer an Themen-Stelen entlang des Weges. Die Gesamtkosten des Schluchtenweges bezifferte der Bürgermeister mit 580.000 Euro. Der Nationalpark stellte 160.000 Euro bereit, 100.000 kamen aus dem EU-Leader-Topf, 80.000 vom Land (Landesanteil der Umweltgelder) und 240.000 von der Gemeinde (Umweltgelder). Der Latscher Pfarrer Johann Lanbacher und der Pfarrer Josef Stricker, den die Marteller Stallwieser-Sepp nennen, riefen zum behutsamen Umgang mit der Schöpfung auf. Der Schluchtenweg sei in diesem Sinn ein gelungenes Beispiel. Stricker: „Der moderne Mensch hat das Staunen und Schauen vergessen. Der umfassende Weitblick fehlt ihm.“ Der Schluchtenweg öffne den Blick in die Tiefe. Musikalisch umrahmt hat die Eröffnunsgfeier bei der Kapelle Zufall die Musikkapelle Martell. Unter den vielen Wanderern aus nah und fern befanden sich auch zahlreiche Ehrengäste aus Politik und Tourismus. Bestaunt haben den Schluchtenweg u.a. die Landtagsabgeordneten Brigitta Foppa und Riccardo Dello Sbarba von den Grünen sowie Walter Blaas und Hannes ­Zingerle von den Freiheitlichen, Bezirkspräsident Andreas Tappeiner und Gustav Tappeiner, Bürgermeister von Kastelbell-Tschars. Dass der Schluchtenweg eine große Aufwertung für die Gemeinde Martell und den Nationalpark bedeutet, war aus dem Munde vieler zu hören.

Josef Laner
Josef Laner

Diese Seite verwendet Cookies für funktionale und analytische Zwecke. Lesen Sie unsere Cookie-Richtlinien für weitere Informationen. Durch die Nutzung dieser Website erklären Sie sich damit einverstanden.