Autorin Martha Verdorfer
Buchvorstellung im Innenhof der Schlandersburg
Mit Kultur gegen Krieg im Dezember 1980. Zum Leidwesen der Historiker waren Plakate selten mit einer Jahreszahl versehen (links). Zum ersten Mal riefen die Frauen im Jänner 1982 zu einer Schweigestunde am Bozner Obstmarkt auf.

„Zu viel Panzer – zu wenig Hirn“

„Die Frauen für Frieden“ nahmen sich in den Jahren 1980 bis 1986 kein Blatt vor den Mund.

Publiziert in 20 / 2021 - Erschienen am 10. Juni 2021

Schlanders - Na, endlich. Die Kultur kommt in Bewegung. In der Mittelpunktbibliothek war es – nicht untypisch – eine Buchvorstellung. Eine besondere war es, bei abendlicher Kühle im Innenhof der Schlandersburg. Sie war „coolen Frauen“ gewidmet; Frauen, die in Südtirol Geschichte geschrieben haben und trotzdem fast vergessen sind. Martha Verdorfer, Historikerin aus Lana, hat über das Frauenarchiv Bozen rechtzeitig dafür gesorgt, dass die Frauenbewegung für den Frieden nicht ins historische Abseits gerät. Dazu hat sie das Transparent, das die Bewegung vor sich hertrug „Zu viel Panzer – zu wenig Gehirn“ als Cover ihres Buches übernommen. In der Einleitung klärte Verdorfer den Anspruch ihrer Publikation „Die Frauen für Frieden. Gegen Aufrüstung und Krieg. Südtirol 1980 – 1986“. Es sei nicht ein primär wissenschaftlicher, sondern ein gesellschaftspolitischer Anspruch. Entstanden ist die Bewegung Frauen für Frieden mit dem Nato-Doppelbeschluss im Dezember 1979. Die Nato drohte damals, in Europa neue Mittelstreckenraketen gegen den Warschauer Pakt zu stationieren. Als die Vision eines Atomkrieges in Europa immer realistischer wurde, seien die Frauen als treibende Kräfte aufgetreten, hätten den öffentlichen Raum besetzt und als erste die Themen Frieden und Abrüstung aufgriffen. In einer allgemeinen Proteststimmung und zunehmenden Protesthaltung – vor allem zur übermächtigen SVP - schlossen sich andere Bewegungen an. Dazu erwähnte Verdorfer unter anderen die „Weckerliste“ in Prad, den Kulturverein Obervinschgau (Kufo) und die Gruppe „Laggar“ in Latsch. Als „zentrale und bestimmende Figur“ bezeichnete die Autorin die Rücksiedlerin und pensionierte Lehrerin Irmtraud Mair. Ihr schloss sich eine sehr unterschiedliche und fluktuierende Frauengruppe an. Den „Gesichtern und Lebenswegen“ von 14 dieser Frauen und ihren Verunglimpfungen „an der Leserbrieffront“ hat Martha Verdorfer ein eigenes Kapitel gewidmet. Schwerpunkte sind für die Politikwissenschaftlerin aber die Kreativität der Frauen für den Frieden und ihre nationale und internationale Vernetzung und Kommunikation „im vordigitalen Zeitalter“. Der kartonierte Band „Die Frauen für Frieden“, 229 Seiten, ist als Publikation des Frauenarchivs Bozen im Alphabeta Verlag erschienen. 

Günther Schöpf
Günther Schöpf

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