Lokus

Publiziert in 21 / 2023 - Erschienen am 21. November 2023

Alles verändert sich. Mit der Zeit. Auch Sprachen sind der Zeit unterworfen. Und verändern sich. Wenn Dinge zu benennen sind, die im Laufe der Zeit neu dazukommen, braucht es natürlich neue Wörter. Das Wort Lokomotive zum Beispiel gab es vor der Erfindung des „Eisernen Pferdes“ nicht. Der Begriff Lokomotive geht auf das Lateinische zurück: „locus“ heißt Stelle, „motivus“ bedeutet „bewegend“, also: „sich von der Stelle bewegend“. Dass die italienische Bezeichnung „Pro loco“ für Tourismusverein steht, kommt auch nicht von ungefähr: „Pro loco“ bedeutet „für den Ort“. Nicht unbedingt „für den Ort“ sprechen so manche Neologismen, wie sie vor allem von Tourismusvereinen - und nicht nur - in immer häufigerem und krasserem Ausmaß verwendet werden. Es ist mittlerweile höchst selten, dass von einer Veranstaltung gesprochen wird, von einem Fest oder einem Wettrennen. Man redet von „Event“, „Fete“ oder „Run“. Selbst die Alpen werden in „Alps“ verwandelt. Das Wort Arbeitstreffen hört man auch nur mehr selten. Es muss schon ein Meeting oder zumindest ein Workshop sein, denn sonst ist es mit dem „Image“ rasch vorbei. Eine Hochzeit wird nicht mehr in einem Gasthaus gefeiert, sondern in einer „Location“. Bei diesem Begriff ist mindestens noch ein Hauch von „locus“ übriggeblieben. Lokus nennt man übrigens umgangssprachlich auch die Toilette. Vielleicht wäre das nicht der falsche Ort für so manche unnötige Anglizismen.

Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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