Rotwild unter Beobachtung
Publiziert in 34 / 2016 - Erschienen am 28. September 2016
Das Rotwild war in den Zentralalpen zu Beginn des 20. Jahrhunderts fast ausgestorben. In den letzten 100 Jahren hat es sich aber wieder stark vermehrt. Wie sieht die Situation im Nationalpark Stilfserjoch aktuell aus?
Bis 1983 wurde im Südtiroler Anteil des Nationalparks Stilfserjoch Rotwild nach dem Landesjagdkalender reduziert. Die Jagd in den Nationalparken ist aber durch Schutzbestimmungen untersagt. Dies wurde durch den WWF Italien gerichtlich eingeklagt und die Rotwildentnahme musste eingestellt werden. Danach wurden in manchen Teilen des Nationalparks Bestandsdichten erreicht, die zu Spannungen mit der Bevölkerung führten. Eine zu hohe Dichte führt zu Schäden im Wald und in der Kulturlandschaft.
„Im Jahr 1997 wurde im Nationalpark Stilfserjoch mit den Entnahmen begonnen. Damals hatte man eine Rotwilddichte von 9,7 Stück auf 100 ha und es konnte bei einigen Tieren Paratuberkulose nachgewiesen werden. Für ein gutes ökologisches Gleichgewicht geht man von einer Dichte von vier Stück auf 100 ha aus, “ erklärt Hanspeter Gunsch, geschäftsführender Amtsdirektor des Amtes für Nationalpark. Es wurden dann Dreijahrespläne zur Rotwildregulierung erarbeitet, basierend auf der Grundlagenforschung, den Frühjahrszählungen und der Verbissstudie im Gebiet des Nationalparks. „Heuer läuft das letzte Programm aus, welches von 2012 bis 2016 Gültigkeit hatte. Momenten beläuft sich die Rotwilddichte auf 4,8 Stück pro 100 ha und somit ist das Ziel noch nicht ganz erreicht“, so Gunsch.
Um entsprechende Daten zu sammeln wurde z.B. in Taufers im Münstertal eine Falle aufgestellt, um einzelne Tiere mit einem Sender auszustatten. Damit besteht die Möglichkeit genau zu beobachten, wohin sich die Tiere bewegen und in welchen Zeiträumen. „Die Daten eines männlichen Hirsches, welche über zwei Winter gesammelt wurden, zeigen auf, dass er sich im Frühjahr so gegen Ende April auf den Weg über Schlinig, Watles bis in die Wälder von Plawenn und sich im Herbst fast auf der selben Route wieder auf den Rückweg zu seinem Wintereinstand machte. Zur Brunftzeit hat er sich in beiden Jahren fast am gleichen Ort aufgehalten“, erklärt Gunsch.
Die Rotwild-Abschüsse werden im Nationalpark mit Entnahmespeziallisten durchgeführt. Voraussetzung dafür ist ein gültiger Waffenpass, die bestandene Jagdprüfung, eine zusätzliche Weiterbildung mit Abschlussprüfung, welche vom Nationalpark organisiert wird und jedes Jahr erfolgt die Überprüfung der Schussqualität. Bisher wurden immer Dreijahrespläne zur Rotwildregulierung erarbeitet, in Zukunft wird es Fünfjahrespläne geben. Der nächste Plan wird also von 2017 bis 2021 gültig sein. Ziel ist es auch weiterhin das ökologische Gleichgewicht aufrecht zu erhalten, die Verbissschäden im Wald und die Schäden im Grünland zu vermindern und durch entsprechende Entnahmen die Rotwilddichte zu regulieren.
Wild - Naturgenuss pur
Jedes Jahr im Herbst finden verschiedene Wildwochen statt und immer mehr Menschen lassen sich von den Wildspezialitäten begeistern. Wildbret ist ein hochwertiges und völlig naturbelassenes Nahrungsmittel. Die Tiere bewegen sich ganzjährig frei in der Natur und ernähren sich nur von dem, was sie in ihrem Lebensraum finden und was ihnen schmeckt. Deshalb erfreut sich das Produkt Wildfleisch immer größerer Beliebtheit. In Südtirol werden jährlich mehr als 350 Tonnen Wildfleisch gewonnen. Die Jäger können also auch als Nahrungsmittelproduzenten angesehen werden.
Das magere Wildfleisch ist fett- und cholesterinarm, reich an Vitaminen und Proteinen und sehr bekömmlich. Eine Portion Wildfleisch enthält etwa halb so viele Kalorien wie ein vergleichbares Stück Rindfleisch. Das meist dunkle Wildfleisch ist am typischen Wildgeruch zu erkennen.
Die moderne Küche versucht, den feinen Eigengeschmack des Wildfleisches durch schonende Zubereitung zu erhalten. Heute wird Wildfleisch nur mehr mit wenigen, jedoch frischen Gewürzen behandelt, um den feinen Geschmack zu bewahren.
Für das Würzen von Wildfleisch eignen sich: Pfeffer, Salz und verschiedene Kräuter wie Rosmarin, Thymian, Wacholder, Salbei, Lorbeerblätter, Majoran, Petersilie und Knoblauch. Sauber verarbeitetes und richtig gelagertes Wildbret kann in der gleichen Art und Weise zubereitet werden wie alle anderen Fleischsorten.Wildfleisch eignet sich auch hervorragend zum Grillen oder zum Braten auf dem Rost.
Wer sich noch nicht an Wildfleisch herangetraut hat, kann jetzt im Herbst bei verschiedenen Wildwochen die Gelegenheit nutzen es zu verkosten.
HG