Pfusch am Bau? Verzug und Mehrkosten bei Klärwerk-Erweiterung in Glurns
Die Erweiterung der zentralen Kläranlage in Glurns verzögert sich.

„Akkurate Qualitätskontrolle“

Publiziert in 26 / 2006 - Erschienen am 8. November 2006
Mit einem Ausschreib­ungsbetrag von über 2 Millionen Euro hatte der Abwasser­verand Obervinschgau die Erweiterung der zentralen Kläranlage in Glurns in Auftrag gegeben. Die Arbeiten hätten innerhalb 2006 abgeschlossen werden müssen. Daraus wird jetzt nichts: „Wir befürchten, dass sich die Fertigstellung aufgrund von Mängeln in der Bauausführung und weiterer Probleme um rund ein Jahr verschleppen könnte,“ sagt Josef Noggler, Bürgermeister von Mals und Präsident der Bezirksgemeinschaft Vinschgau. Mit Datum 1. Jänner 2007 wird die Bezirksgemeinschaft, welche die übergemeindlichen Kläranlagen bereits seit dem Jahresbeginn 2006 führt, auch Eigentümerin der Anlagen. Der Abwasserverband Obervinschgau, dem die ­Gemeinden Graun, Mals, Taufers im Münstertal, Glurns und Schluderns angehörten, wurde am 26. Oktober aufgelöst. Die Gemeinderäte der genannten Gemeinden müssen die Auflösung noch beschließen. Auch die Auflösung des Abwasserverbandes Mittelvinschgau steht in Kürze ins Haus (siehe eigenen Bericht). Die Erweiterung der übergemeindlichen Kläranlage in Glurns war vor allem deshalb in Angriff genommen worden, um auch die Gemeinde Graun anbinden zu können. Hierfür war unter anderem der Bau neuer Becken notwendig. Im Zuge der Bauausführung sind laut Noggler Mängel aufgetreten. Die beauftragte Firma habe die Arbeiten bisher nicht so ausgeführt, „wie wir uns das vorgestellt haben und wie das in der Ausschreibung festgelegt ist.“ Indirekte Kritik übt ­Noggler auch an der Bauleitung bzw. Baubetreuung. Bei der Arbeitsvergabe war der Zuschlag laut Noggler ganz bewusst nicht an die mindest­bietende Firma vergeben worden, sondern es sei ein Mittelwert ermittelt worden. Zwei einheimische Firmen seien ausgeschlossen worden, „weil ihre Angebote zu niedrig waren.“ Projektsteuerer ist Ingenieur Ronald Patscheider aus Mals. „Ich bin erst in einem zweiten Moment als Projektsteuerer dazugekommen,“ sagt ­Patscheider. Dass es gewisse Mängel in der bisherigen Ausführung der Arbeiten gegeben hat, bestätigt er zwar, weist gleichzeitig aber auch darauf hin, dass im Zuge der Ausführung bestimmte Änderungen und technische Anpassungen notwendig geworden seien, die bei der Planung noch nicht hätten berücksichtigt werden können. Als eines der Beispiele nennt er den Explosionsschutz. Als Hauptgründe für den Verzug nennt Ronald Patscheider die Änderung der Firmenstruktur des beauftragten Unternehmens sowie den Bauleiterwechsel. Die Firma „Agostino Gennaro“ habe ihre Tätigkeit eingestellt. Nun sei es das Nachfolgeunternehmen „Futura Costruzioni“, das die Arbeiten fortsetze. Der ursprüngliche Bauleiter In­genieur Horst Zipperle habe seine Aufgabe aus gesundheitlichen Gründen zurückgelegt. Neuer Bauleiter ist Ingenieur Hansjörg Letzner aus Bozen. Dieser ist laut Patscheider schon seit etlichen Wochen damit beschäftigt, den Erweiterungsbau einer ­„akkuraten Qualitätskontrolle“ zu unterziehen. Es werde genau überprüft, welche Änderungen und technische Neuerungen im Nachhinein vorgesehen bzw. durchgeführt wurden und ­welche Mängel möglicherweise zu beanstanden sind. Der Abnahmeprüfer Ingenieur Siegfried Pohl bestätigte dem „Vinschger“, dass es möglicher­weise bei der Betonqualität gehapert haben könnte. Es seien undichte Stellen (Kiesnester) festgestellt worden. Ronald Patscheider glaubt, dass sich die Fertigstellung um „nur“ rund ein halbes Jahr verzögern dürfte: „Lieber ein halbes Jahr später, dafür aber einen guten und beständigen Bau. Außerdem glaube ich, dass viele Laien an dieser Baustelle ‚mehr’ sehen, als dort wirklich zu finden ist.“ Auf die Frage, ob auch mit Mehrkosten zu rechnen ist, meint Patscheider: „Mehrkosten wird es sicher geben. ­ Diese halten sich aber in Grenzen und betreffen nur die Änderungen und technischen Neuerungen.“ Sollte es zu Zusatzkosten aufgrund eventueller Baumängel kommen, müsste dafür die Firma haften. Dass es zu gerichtlichen Auseinandersetzungen mit der Firma kommt, glaubt Patscheider nicht. (sepp) Auch Abwasser­verband Mittelvinschgau wird aufgelöst Der Abwasserverband Obervinschgau ist bereits aufgelöst. Zur Auflösung des Abwasserverbandes Mittelvinschgau wird Präsident Josef Alber, seines Zeichens auch Bürgermeister von ­Kastelbell-Tschars, demnächst die betroffenen Gemeindevertreter einladen. „Unser Ziel ist es, dass die Investitionen, die in der übergemeindlichen Kläranlage Mittelvinschgau in Tschars für 2007 geplant sind, bereits über die Bezirksgemeinschaft abgewickelt werden können,“ sagt Andreas Tappeiner (im Bild), der im Bezirksausschuss für die Umweltdienste zuständig ist. Auch das Personal der Abwässerverbände soll mit 2007 an die Bezirksgemeinschaft übergehen. Die Kläranlage Mittelvinschgau ist seit dem November 1999 in Betrieb. Sie reinigt das Abwasser der Gemeinden Laas, Schlanders, Martell, Latsch und ­Kastelbell/Tschars. Die Anlage, die laut Tappeiner bereits bisher unter Präsident Josef Alber sowie unter Verwaltungsrats­präsident Andraes Zuegg und den Mitarbeitern sehr ordentlich geführt wurde, zählt zu den 10 größten des Landes. Nun sind aber technische Nachrüstungen ­unumgänglich. Insgesamt wertet Andreas Tappeiner die Übernahme der Abwasserdienste seitens der Bezirksgemeinschaft als positiven Schritt: „Es lassen sich Synergien besser nutzen, Einkäufe können gemeinsam getätigt werden und auch in anderen Bereichen kann ein gemeinsames Vorgehen nur nützlich sein, etwa in der Frage der Entsorgung des Klärschlamms.“ Auch in der Energieversorgung könnten neue Schritte überlegt werden, zum Beispiel bezüglich der Verwertung der Gase oder auch der Öl- und Bratfette für die Erzeugung von Strom.
Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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