Pleite droht - Sanierungskonzept wird sondiert
Eingang des „First Class Hotel Vier Jahreszeiten“ in Schlanders.

Aktion Konkurs verhindern

Publiziert in 8 / 2003 - Erschienen am 24. April 2003
[F]In einer äußerst schwierigen finanziellen Schieflage befindet sich die nobelste Adresse des Vinschgauer Tourismus’ - das Hotel „Vier Jahreszeiten“ in Schlanders. Um eine mögliche Pleite zu verhindern, wird derzeit an einem Sanierungskonzept gebastelt. von Hansjörg Telfser [/F] Eine „First Class“ Notbremsung hat der Schlanderser Unternehmer Harald Regensburger hingelegt. Der Hauptaktionär der „Hotel Vier Jahreszeiten AG“, auf deren Grund das „First Class Viersterne S Hotel Vier Jahreszeiten“ steht, hat den lang- jährigen Pächter und Geschäftsführer Peter Bohrer (siehe Kasten) Ende März vor die Tür gesetzt. Regensburger offiziell: „Die AG hat ihm den Rücktritt nahe gelegt und er hat akzeptiert.“ Seit längerer Zeit kursieren schon Gerüchte, dass das vornehme Vier Jahreszeiten finanziell aus dem letzten Loch pfeift. Gründe gäbe es viele: hohe Außenstände bei den Lieferanten, gewaltige Hypothekarbe- lastungen auf dem Haus, die äußerst teuere Freizeit- und Badelandschaft mit Wasserspielen und Palmengarten, die sich im Nachhinein als Fehl-investition erwiesen hat und vor allem die Familiengeschichte der Regensburger. Im Juli 1999 verschwand über Nacht Hans Regensburger (siehe Kasten). Der Erbauer und Chef des Vier Jahreszeiten war in letzter Instanz wegen eines Sexualdeliktes in der eigenen Familie zu vier Jahren und acht Monaten Haft verurteilt worden („Der Vinschger“ 14/1999) . Um der Urteilsvollstreckung zu entgehen, tauchte der Nobelhotelier unter. Zurück blieb sein Imperium, eine überforderte Familie und Peter Bohrer. Dieser hätte als „beratende Hand“, so Harald Regensburger (siehe Interview), ihm zur Seite stehen sollen. „Doch aus der beratenden wurde eine führende Hand,“ die dem jungen Regensburger, damals 25 Jahre alt, den Weg wies. Wie sich jetzt zeigt, wohl in die falsche Richtung. In einem Schreiben der Bozner Anwaltssozietät „Gerhart Gostner & Partner“ vom 3. April 2003 heißt es: „Die Ursachen dieses finanziellen Einbruchs bestehen zum einen in den übermäßig aufwändigen Investitionen in den Jahren 2000, 2001 und 2002 mit der Inanspruchnahme von zu hohen Bankkrediten, ohne dass ein diesbezüglicher ‘business plan“ vorlag. Zum anderen liegen die Ursachen für diese missliche wirtschaftliche Lage im Verabsäumen, rechtzeitig die erforderlichen und zweckmäßigen Maßnahmen zu ergreifen, um diese schwerwiegende Verschuldung abzuwenden.“ In der Tat lesen sich die Hypothekarbelastungen im Grundbuchauszug auf der Bauparzelle 566 in der Katastralgemeinde Schlanders wie eine wiederholte Aufzählung der Banken im Vinschger Hauptort. Im Dezember 1999 startet die Volksbank mit 3,5 Milliarden Lire, im April 2000 die Bank für Trient und Bozen mit 1,05 Milliarden Lire, im September des gleichen Jahres die Raiffeisenkasse Schlanders mit 4 Milliarden Lire, im Mai 2001 wieder die Bank von Trient mit 300 Millionen Lire und im Juni 2002 erneut die Volksbank mit 610.000 Euro. In der Zwischenzeit haben sich auch einige Lieferanten ihre „Sicherstellungsbeschlagnahme“, eine ihren „Immobilienpfändungsakt“ und eine weitere ihr „Mahndekret“ im Grundbuch eintragen lassen. Zu diesen Fakten kommen aber auch noch einige Dinge, die nicht so klar sind. So weist die Handelskammer in Bozen nicht weniger als drei Firmen auf, die irgendwie mit dem Vier Jahreszeiten zu tun haben: Einmal die Einzelfirma „First Class Hotel Vier Jahreszeiten des Regensburger Harald“ mit Sitz in Schlanders, die „Vier Jahreszeiten AG“ ebenfalls mit Sitz in Schlanders und die „Vier Jahreszeiten GmbH“ mit Sitz in der Seilbahn-Gasse 6 in Meran. Dort wo Maria Luise Pederiva ihren Telefonanschluss hat, die verstorbene Schwiegermutter Peter Bohrers. Ein weiteres Teilchen im Puzzle. Die „Vier Jahreszeiten GmbH“ gibt als Tätigkeit „Prospektversand und Hotelinformationen sowie seit 1. März ‘99 auch Marketing, Dienstleistungen und Gestaltung von Internet-Seiten an“. Ob hier noch ein Grund für die Entlassung Bohrers liegt? 800 Millionen Lire wurden laut Harald Regensburger in einem Jahr für Werbung ausgegeben. Von Bohrers Seite gab es zu dieser Hypothese keine Stellungnahme. Renate Bohrer: „Ich will mich dazu nicht äußern. Mein Mann ist als Geschäftsführer zurückgetreten.“ Dass der Rausschmiss oder Rücktritt Bohrers die Voraussetzung für eine mögliche Rettung ist, steht in Schlanders außer Zweifel. Auf einem anderen Blatt steht aber, wieviel die Banken von ihren Krediten zurückbekommen und die kleinen Lieferanten von ihren Forderungen. Wie es „Gostner & Partner“ an die Lieferanten schreiben, würde „die Eröffnung eines Konkursverfahrens ... zum Schaden des gesamten Gläubigerstandes führen“. Daher versucht man ein außergerichtliches Ausgleichsverfahren anzustreben. „Ziel“, so Harald Regensburger, „ist es auf alle Fälle einen Ausgleich über 50 Prozent zu schaffen.“ Die Anwaltssozietät gibt den Gläubigern auch schon den Weg bis zum Ziel vor. Demnach würde das gesamte Liegenschaftsvermögen - dazu gehören noch Tiefgaragen, eine Schlosssuite und mehrere Wohnungen im Dorfzentrum - auf dem freien Markt veräußert. Gleichzeitig könnte der Hotelbetrieb weitergeführt werden. Zudem sollen Verkaufsverhandlungen intensiviert werden. Deren Absicht ist es, den gesamten Hotelbetrieb sowie sämtliche anderen Vermögenswerte als Ganzes zu verkaufen. Dass es nicht zur Einleitung eines Konkursverfahrens kommt, braucht es aber die Zustimmung aller Gläubiger und vor allem auch der Banken. Sie hängen ja mit den größten Beträgen. Und gerade deshalb verwundert es Außenstehende, dass bei einer derartigen Konstellation und vor allem auch beim Wissen über die Lebensläufe der Hauptbeteiligten so groß-zügig Kredite vergeben wurden. Erich Ohrwalder, Obmann der Raiffeisenkasse Schlanders, die an dritter Stelle der privilegierten Gläubiger steht: „Zur Zeit wird verhandelt. Ein bestimmtes Vermögen ist ohne Zweifel vorhanden. Wir haben verschiedene Möglichkeiten, dass wir zu unserem Geld kommen. Selbst bei einem Ausgleich gehen wir davon aus, dass wir zum gesamten Betrag kommen.“ Auch wenn sie nicht zur ganzen Summe kommen, haben es die Geld-institute in dieser Situation leichter. Sie müssen es nur ihren Mitgliedern erklären. Trauriger sieht es für die vielen Lieferanten aus, wenn Millionen-Beträge (in Lire) den Bach hinunter laufen. Trotzdem dürfte auch für die „Kleinen“ ein außergerichtlicher Ausgleich besser sein als ein „First Class“ Konkurs. [F] Ein Fall für zwei [/F] Irgendwie haben sie sich gefunden: Hans Regensburger - Bauer, Hotelier und Versicherungsmensch - stellte Anfang der 90er Jahre in Schlanders das 88-Bettenhotel First Class Vier Jahreszeiten hin. Wegen eines Sexualdelikts geriet er in die Fänge der Justiz. Nach der rechtskräftigen Verurteilung tauchte er im Ausland unter und ist zur Zeit noch flüchtig. Wegen eines Betrugsdelikts zog es der österreichische Staatsbürger Peter Bohrer vor, sich jenseits des Brenners wirtschaftlich neu zu positionieren. Dabei traf er auch auf Hans Regensburger. Ab 1993 tritt Bohrer als Pächter des Vier Jahreszeiten in Schlanders auf und war nach der Flucht des Besitzers bis zum 24. März dieses Jahres in den Diensten des Nobelhotels. [F] Sanierungskonzept soll positiven Ausgleich bringen [/F] „Der Vinschger“: Was stimmt an den Gerüchten, dass das „Vier Jahreszeiten“ vor dem Konkurs steht? HARALD REGENSBURGER: Wir durchleben eine prekäre Situation. Verschiedene Investitionen, wie Badelandschaft uns Schloss Schlandersberg waren sehr hoch, zu hoch. Den Lieferanten ist das egal. Ich habe alle in Kenntnis gesetzt und meine Situation dargelegt. Viele zeigen Verständnis und kooperieren. Sie meinen auch die Familiengeschichte? Vor vier Jahren war von heute auf morgen mein Vater nicht mehr da. Das Verschwinden war so spontan, dass nicht einmal mehr eine Abklärung getroffen werden konnte. Mein Bruder und ich hatten dann die Last, alles weiterzuführen. Wir haben uns schwer getan zu handeln. Wie kamen Sie zu Peter Bohrer? Herr Bohrer wurde mir von meinem Vater als beratende Hand vorgesetzt, mich ins Geschäftsleben einzuführen. Nur er wurde zunehmend zur führenden Hand. ...auch durch Ihr fehlendes Interesse? ... sicher auch. Es hat eine Phase gegeben, in der ich gedacht habe am besten alles zu verkaufen, um die Familie auszuzahlen. Dann hätte jeder seine eigenen Wege gehen können. Aus dem Verkauf wurde nichts? Es gab und gibt Interessenten - sogar einen Vorvertrag. Aber als gezahlt hätte werden sollen, erfolgten keine Zahlungen. Die Kontakte hat Bohrer hergestellt. Er ist in dieser Zeit zum Geschäftsführer aufgestiegen. Ich habe immer mehr die Kontrolle über die AG verloren. Wer hat Sie da beraten? Nachdem bei einigen angeblichen Interessenten nichts passte, habe ich mich an Anwalt Dr. Wolfram Zangerl gewandt. Er hat mir in dieser Situation sehr geholfen und kompetent beraten. Und jetzt wollen Sie alles retten? Ich habe in Gesprächen erkannt, dass es noch nicht zu spät ist. Mit einem Konzept, das Hand und Fuß hat und von Leuten mitgetragen wird, die etwas verstehen, die einen politischen Hintergrund und die ähnliche Situation schon durchlebt haben. Wer steht für das Sanierungskonzept? Die Anwaltssozietät Gostner aus Bozen und der Meraner Wirtschaftsberater Dr. Hölzl. Sie sollen den positiven Ausgleich bringen. In Prozent ausgedrückt - mehr als 50% ? ...mehr als 50 Prozent streben wir an. Dann wird im Vier Jahreszeiten weitergearbeitet? Wenn das Konzept greift, kann das Image, das in den letzten 10 Jahren gelitten hat, aufpoliert werden. Das Vertrauen der Lieferanten wird zurückgewonnen. Das Vier Jahreszeiten soll ein Haus für Schlanders sein und die Leute, die kommen, sollen eine Freude haben. Der Neustart im Hotel hat bereits mit einer neuen, motivierten Geschäftsleitung, bestehend aus Herta Mahlknecht, Matthias Kröber und mir, begonnen. Interview: Hansjörg Telfser
Hansjörg Telfser
Vinschger Sonderausgabe

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