„An Glurns kommt niemand vorbei“
Publiziert in 30 / 2016 - Erschienen am 31. August 2016
Luis Frank ist auch noch nach 5 Jahren als
Gemeinderat,5 Jahren als Vizebürgermeister und 15 Monaten
als Bürgermeister rastlos und tatkräftig für Glurns unterwegs.
der Vinschger: Haben sich die
40 % der „Inner- und Außerstadtler“, die im Mai 2015 einen anderen Bürgermeister wollten, mit der neuen Stadtregierung abgefunden?
Luis Frank: Ich glaube schon. Die Glurnser sind anpassungsfähig, wie das Mittelalter bewiesen hat (lacht). Im Ernst, ich hab der Bürgerliste sofort das Angebot gemacht, zusammenzuarbeiten und im Stadtrat Regierungsverantwortung zu übernehmen. Wir alle im Gemeinde- und Stadtrat wissen, dass wir nur eines wollen, in unserer Verwaltungsperiode etwas für das Stadtl bewegen. Ich glaube, wir arbeiten sehr gut.
Gibt es nach 15 Monaten Bürgermeister ein Projekt, das abgeschlossen ist und worauf der Luis Frank ganz besonders stolz ist?
Abgeschlossen ist höchstens die Golfplatzfrage in der Oberen Au, aber nicht die Frage der geplanten Unterschutzstellung und die Schaffung einer Naherholungszone. Sie wird von den Bauern auch wieder in Frage gestellt. Es ist bedauerlich, dass man sich so schwer tut, weiter als nur für morgen zu denken.
Eine Zwischenfrage. Herr Bürgermeister, was bedeutet unter der Liste von 21 Aufgabenbereichen der Punkt „Allgemeine Angelegenheiten“?
Alles, was so anfällt.
Das heißt, der Bürgermeister kann sich beliebig überall einmischen?
Letzten Endes fällt alles auf den Bürgermeister zurück. Die Verantwortung bekommt immer der Bürgermeister, nie der Referent. Typisches Beispiel, die Arbeiten in der Malser-Straße und die dafür nötige Absperrung für den Verkehr. Ich bin ja nicht zuständig für öffentliche Arbeiten, aber wenn dem Bürger etwas nicht passt, geht‘s über den Bürgermeister.
Dafür wurde das Versprechen, die Arbeiten so schnell als möglich abzuschließen, mehr als eingehalten.
Ja, dank des Einsatzes der Techniker, der technischen Begleiter und der beteiligten Betriebe ist es gelungen, die Malser-Straße knapp drei Monate früher für den Verkehr frei zu geben.
Gibt es rückblickend etwas, was sich durch ihre ganzen Jahre als Verwalter durchgezogen hat?
Ich war mir vom ersten Tag an als Gemeinderat im Klaren: für die Entwicklung der Stadt kann man nur etwas erreichen, wenn man das Verkehrsproblem löst. Erst dann kann Glurns seine Möglichkeiten nutzen und sich sozial, wirtschaftlich und touristisch entwickeln. Was den Verkehr betrifft, stehen wir aber an einem guten Punkt. Die Beschilderung für die Umfahrung soll bald kommen. Der Verkehr Richtung Schweiz und aus der Schweiz wird über die Gumsergasse und Spondinig umgeleitet. Damit kommen wir soweit, dass nur jemand in die Stadt fährt, der wirklich etwas in Glurns zu tun hat. Glurns soll nicht abgesperrt werden und die Möglichkeit muss bestehen, Glurns zu umfahren. Auch Schluderns wird durch die Umfahrung entlastet. Die nächsten Schritte werden sein, in der Flora-Straße, also auf der heutigen Staatsstraße, Verkehrs beruhigende Maßnahmen zu setzen. Der Fußgänger wird gleichberechtigt sein. Und wie lange fährt jemand in Schritttempo durchs Stadtl?
Was sind so die wirtschaftlichen Standbeine der Stadtgemeinde? Aus welcher Ecke kommen die höchsten Steuereinnahmen?
Aus dem Tourismus und dem starken Handwerk. Dabei ist alles ein Rad; wenn es dem Tourismus schlecht geht, wirkt sich das auf alle anderen Sparten negativ aus. Touristisch, außer dem Tagestourismus, haben wir noch großes Potenzial. Uns fehlen schlicht die Betten.
Um das Entwicklungspotenzial aus dem Tourismus zu nutzen, ist ja auch die Glurns Marketing GmbH gegründet worden. Gibt es sie noch?
Natürlich. Es ist eine wertvolle und wichtige Einrichtung, mit der Glurns nach außen vermarktet und nach innen gestärkt wird.
War nicht die Rede in der Ferienregion Obervinschgau, alle Büros mit Ausnahme von Mals zu schließen?
Glurns war nie in Frage gestellt. Im Gegenteil, man hat sogar andiskutiert, den Hauptsitz nach Glurns zu verlegen. Die Führung des Tourismusvereins hat verstanden, dass ein Büro in Glurns sehr, sehr wichtig ist. Jeder, der irgendwo im Gebiet zu Gast ist, kommt einmal auch nach Glurns. Die Tourismusvereine müssen den Gast ja dort beraten, wo er ist, und der Gast ist nun mal in Glurns. Niemand kommt an Glurns vorbei (lacht).
Aber nur wenige können in Glurns wohnen bei 200 Betten.
Das stimmt, aber wir haben einen ganz starken Tagestourismus.
Zonen für touristische Einrichtungen wurden in letzter Zeit keine ausgewiesen?
Wir arbeiten zwar an einem Projekt und wir hätten auch interessierte Investoren, die leere Bausubstanz zu einem „Stadthotel“ machen könnten, aber da ist noch nichts spruchreif. Sicher wäre das ein gewaltiger Aufschwung und es würden auch andere Wirtschaftszweige gestärkt. Als Glurns Marketing sind wir aber konkret dabei, ein Konzept auszuarbeiten – wir nennen es „Altstadthotel“ – wobei wir die Strukturen von ehemaligen Privatzimmervermietern übernehmen und vermarkten. Das Projekt wird gemeinsam mit der EURAC ausgearbeitet. Der Besitzer bleibt Besitzer der Struktur, verpachtet sie aber an die Glurns Marketing GmbH, die sie füllt. Wir spielen hier verschiedene Modelle durch. Es könnte ein Pionier-Modell für Südtirol werden. Wir haben uns Beispiele in der Schweiz und auch in Italien angeschaut. Im Frühjahr 2017 möchten wir es umsetzen.
Die Glurns Immobilien gibt es auch noch?
Nach dem erfolgreichen Start haben wir inzwischen wieder eine Immobilie zu 4500 m³ mit Landesförderung angekauft. Ob wir dazu aber die GmbH aktivieren, ist noch nicht geklärt. Erfreulich ist aber, dass inzwischen auch die Glurnserinnen und Glurnser selbst an Wohnungen im Stadtzentrum interessiert sind. Die Nachfrage ist hierfür stärker als auf der „grünen Wiese“.
Schafft ihr es, im Sinne des Projekts „Zukunftsperspektive Glurns 2020“ Glurns zu einer Marke zu machen?
Ich glaub schon. Wir arbeiten auf den Satz hin: Nach Glurns kommt man nicht zufällig, nach Glurns kommt man bewusst.
Interview Günther Schöpf
Günther Schöpf