Kulturerbe Transhumanz
Campus im Schnalstal macht es erlebbar
Unter der Leitung von Dietmar Rainer feierte „Motus“ Premiere am Campus.
Harald Rainer (links) und Elias Wallnöfer.
Sebastian Marseiler, Gianfranco Spitilli, PNRR-Koordinator Riccardo Ciccolini, der Direktor der Tourismusgenossenschaft Manfred Waldner und Angelo Carillo von Slow Food Südtirol (v.l.).
Günther Veith, Chefkoch vom Oberraindlhof, mit dem Nachtisch.
Das Adler Nest Team (v.l.) mit Daniel Rainer, Christian Gamper und Matthias Gamper

Ein Zuhause für das Erbe 

Ausstellung, Klanginstallation, Komposition und vieles mehr am Campus Transhumanz. 

Publiziert in 16 / 2025 - Erschienen am 9. September 2025

Schnals -  „Heute feiern wir nicht nur eine Eröffnung, sondern wir feiern unser kulturelles Erbe, unsere kreative Kraft und unsere Verbundenheit mit der Natur“, betonte der Schnalser Kulturreferent Otto Rainer am 6. September bei der großen Eröffnungsfeier am Campus Transhumanz in Unser Frau im Schnalstal. Eine Teileröffnung des neuen Areals hatte bereits im Juni stattgefunden, nun konnten auch die dauerhafte Ausstellung „Die Suche nach Weideplätzen“ von Gianfranco Spitilli, Stefano Saverioni und Sebastian Marseiler sowie die Skulptur mit Klanginstallation „Transhumanz“ von Harald Rainer und Elias Wallnöfer feierlich ihrer Bestimmung übergeben werden. Zudem erfolgte die Premiere der Schnalstal Komposition „Motus – Klänge für Transhumanz“ von Pier Paolo Polcari und Dietmar Rainer. 

Transhumanz erlebbar machen

Geschaffen wurde der Campus mit Mitteln aus dem Wiederaufbaufonds PNRR; sprich finanziert mit Geldern, die Italien von der EU erhalten hatte. Mit dem Projekt wird die jahrhundertealte Tradition des Schafübertriebs vom Schnalstal ins Ötztal gewürdigt, die seit 2019 auch immaterielles UNESCO-Kulturerbe ist. Auf dem Gelände nahe des archeoParcs befinden sich drei sanierte historische Gebäude: das Obergeschoss eines Wohnhauses (Schmied Hütt), eine Mühle (Gorfer Mühle) und ein Stall mit Stadel (Brugger Hütten). Der Großteil der neuen Räume ist multifunktional nutzbar. Durch den Campus soll das kulturelle Erbe der Transhumanz erlebbar gemacht und an die kommenden Generationen weitergegeben werden. Neben der Dauerausstellung findet man im Campus auch immer wieder Sonderausstellungen. Die Arbeiten an einem weiteren Gebäude, einem Nachbau der Venezianer Säge (Pitairer Säge), laufen noch; es handelt sich dabei um ein Vorhaben der Gemeinde, unabhängig vom PNRR-Projekt. Im Sommer nach der ersten Eröffnung im Juni habe sich bereits einiges getan, erklärte der frühere Bürgermeister Karl Josef Rainer als Vorsitzender des „archeoParc Schnals Museumsvereins“, der mit der Führung des Campus betraut ist. Er hoffe, dass es so weitergehe, „und alle vom Campus etwas haben“. Das PNRR-Projekt sei ein echter Hürdenlauf gewesen. „Ein großes Lob an die frühere Vizebürgermeisterin Sonja Santer, die dieses Vorhaben begleitete“, unterstrich Rainer. 

Interaktive multimediale Installation

Sebastian Marseiler ging in seiner Rede auf die Kulturgeschichte des Schafs ein. „Das Tier geht dem Gras nach. Menschen gehen den Tieren nach. Das ist die Geburtsstunde der Weidewirtschaft. Diese führt im Schnalstal bis in die Jungsteinzeit zurück“, erinnerte der gebürtige Schludernser. Die Dauerausstellung „Die Suche nach den Weideplätzen“ erzählt die jahrhundertealte Geschichte der saisonalen Wanderweidewirtschaft; ein Wissen, das über Generationen weitergegeben wurde. „Wir wollen zeigen, dass Transhumanz nicht nur eine alte Tradition ist, sondern eine lebendige Kulturpraxis, die bis heute Identität und Gemeinschaft im Tal stiftet“, betonte Marseiler. Bei der Ausstellung, die sich im Obergeschoss der Mühle befindet, handelt es sich um eine interaktive multimediale Installation, die Fotografien, Klänge und Dokumente mit den Stimmen derjenigen verbindet, die die Transhumanz bewahren und erneuern. Die Erzählung entfaltet sich thematisch, durchzogen von Forschungs- und Archivmaterialien. „Man sagt, wenn eine Arbeit gelungen ist, dann sieht man ihr die Arbeit nicht an. Ich hoffe, dass ihr nur die gelungene Arbeit seht“, so Marseiler. 

Mensch, Schaf, Hund

Der Öffentlichkeit präsentiert wurde schließlich auch die Audio-Skulptur des Schnalser Steinmetzes Harald Rainer und des Laaser Bildhauers Elias Wallnöfer. Letzterer zeichnete für die künstlerische Idee verantwortlich, Rainer für die Ausführung des Werks. Dargestellt sind drei Säulen, die sich stützen. Das Kunstwerk soll daran erinnern, dass die Transhumanz nicht nur ein landwirtschaftlicher Vorgang ist, sondern eine lebendige Verbindung zwischen Mensch, Schaf und Hirtenhund. „Wenn eine Säule fehlt, dann geht es nicht“, so Wallnöfer. Es gebe auch raue Seiten, wie bei der Transhumanz selbst. „Es ist auch eine Gratwanderung und verläuft nicht immer glimpflich. Mensch und Tier sind oft Unwettern ausgesetzt“, unterstreicht der Laaser Künstler. Die Skulptur könne zudem auch als Hirtenzusammenkunft interpretiert werden. Als Material wurde Laaser Gneis verwendet. Im Rahmen des PNRR-Projekts gestalteten Rainer und Wallnöfer außerdem auch Sitzgelegenheiten am Silentium-Themenweg. Dabei griffen sie so wenig wie möglich in die Natur ein und verwendeten größtenteils fertige Steine, die sich ohnehin entlang des Weges befinden. 

Sinnbild für die Bewegung der Schafe 

Uraufgeführt wurde das Werk „Motus“. Komponiert wurde es im Mai 2025 während einer Künstlerresidenz von Pier Paolo Polcari, einem renommierten neapolitanischen Komponisten, gemeinsam mit dem Schnalser Dirigenten Dietmar Rainer. Die Komposition vereint elektronische Musik mit klassischen Elementen. Präsentiert wurde das rund 20-minütige Stück unter der Leitung von Rainer von der Musikkapelle Schnals, der Musikkapelle Katharinaberg, dem Kirchenchor Schnals, den Jagdhornbläsern Similaun und Pier Paolo Polcari selbst. „Motus bedeutet auf lateinisch Bewegung. Es ist ein Sinnbild für die scheinbar nicht enden wollende Bewegung der Schafe“, erklärte Rainer. Über 70 Musikanten, Musikantinnen und Sänger/innen waren an der Premiere beteiligt. 

Spezialitäten rund ums Schaf 

Nach den kulturellen Höhepunkten erfolgte der offizielle Auftakt der Slow-Food-Spezialitätenwochen, organisiert vom HGV in Zusammenarbeit mit der Tourismusgenossenschaft Schnalstal. Die Spezialitätenwochen dauern noch bis zum 28. September an, zahlreiche lokale Gastronomiebetriebe nehmen daran teil. „Seit 2021 trägt das Schnalser Schaf das Slow-Food-Presidio-Siegel und steht damit für regionale Qualität und nachhaltigen Genuss. Wir als Gastbetriebe im Schnalstal sind uns dieser Verantwortung bewusst und versuchen den Gästen traditionelle und neue Gerichte zum Schnalser Schaf während der Spezialitätenwochen zu präsentieren”, erklärte HGV Ortsobmann Benjamin Raffeiner.

Michael Andres
Michael Andres

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