„Gemeinsam für ein Mehr an Eigenständigkeit“
Publiziert in 12 / 2009 - Erschienen am 1. April 2009
„Der Vinschger“: Schon vor Monaten haben sie im politischen SVP-Gewässer in Südtirol eine neue Welle angestoßen: Mehr Eigenständigkeit und mehr Unabhängigkeit für das Land. Mittlerweile „surfen“ viele mit, von Freistaat wird gesprochen, von einem Modell Liechtenstein, von einer Steueroase. Ist das mehr als nur Wahltaktik, um am 18. April neuer Obmann der Südtiroler Volkspartei zu werden?
Richard Theiner: Von einem Freistaat oder einem Modell Liechtenstein habe ich nie gesprochen und tue es auch jetzt nicht. Worum es mir geht und womit ich mich seit Monaten beschäftige, ist ein Mehr an Eigenständigkeit für Südtirol. Mit der Obmannwahl hat das überhaupt nichts zu tun. Es ist vielmehr eine Grundidee, von der ich voll überzeugt bin und ich glaube, dass es richtig ist, den Mitgliedern vor der Wahl zu sagen, wofür man steht.
Sie sagen, dass alle ethnischen Gruppierungen in Südtirol gemeinsam versuchen sollten, dem Land zu mehr Eigenständigkeit zu verhelfen. Zu diesen Gruppen wird man wohl auch die Einwanderer zählen müssen. Wie ist Ihr Ansinnen mit der volkstumspolitischen Ausrichtung Ihrer Partei zu vereinbaren? Martha Stocker, die sich um einen der zwei Obmannstellvertreter-Posten bewirbt, sagt, dass die SVP ausschließlich die „Heimat“ für Deutsche und Ladiner sein soll.
Richard Theiner: Die SVP bleibt weiterhin die Partei der Deutschen und Ladiner. Ein Mehr an Eigenständigkeit können wir aber nur mit der Zustimmung der Italiener erreichen. Das heißt, dass alle in Südtirol lebenden Volksgruppen gemeinsam dieses Ziel anstreben müssen. Das Thema Einwanderer ist ernsthaft anzugehen. Auch hier müssen wir zeitgemäße Antworten bieten.
Ist es nicht etwas gewagt, die Idee „Mehr Eigen- und Selbstständigkeit“ auch deshalb zum offenen Polit-Thema zu machen, um junge Leute wieder zur SVP zu bringen beziehungsweise zu verhindern, dass die Jungen weiterhin zu den Freiheitlichen und anderen Parteien abwandern?
Richard Theiner: Das Thema wird sehr gefühlt, und zwar in der gesamten Bevölkerung, besonders stark aber bei den jungen Menschen. Wenn sich schon alle anderen Parteien mit diesem Thema beschäftigen, warum sollen wir uns dann als SVP davor drücken? Ich begegne vielen Menschen in Südtirol. Dass wir zum Beispiel ein gerechtes Steuersystem hätten, habe ich noch nie gehört. Mehr Selbst- und Eigenständigkeit aber wünschen sich alle, ganz gleich welcher Volksgruppe sie angehören. Niemandem gefällt es, wenn wir in Südtirol Gesetze verabschieden und danach immer zittern müssen, ob sie von der römischen Regierung vor dem Verfassungsgericht angefochten werden.
Warum glauben Sie, dass es Ihnen, Ihrem Tandem-Partner Thomas Widmann, der Ihr Stellvertreter werden will, und seit kurzem auch Martha Stocker gelingen soll, das SVP-Schiff wieder auf Kurs zu bringen?
Richard Theiner: Dass man als es Einzelkämpfer nicht schaffen würde, war für mich von vorneherein klar. Die Wirtschaft hat auf Thomas Widmann gesetzt, ich wurde von meinem Heimatbezirk Vinschgau und als Vertreter aus dem sozialen Bereich genannt. In dieser bezirks- und richtungsübergreifenden Konstellation spiegelt sich die Sozialpartnerschaft wieder. Nachdem der Parteiausschuss am 23. März beschlossen hatte, dass es zwei Stellvertreter geben soll, kam noch Martha Stocker hinzu. Auch sie wird sich für die Erneuerung der Partei einsetzen. Wir streben als Team auch einen neuen Führungsstil an. Jeder von uns wird seinen Beitrag leisten, um den Mitgliedern und Funktionären Halt und Orientierung zu geben. Es braucht Neuerungen auf vielen Ebenen.
Wird sich an Ihrem Verhältnis zu Thomas Widmann etwas ändern, falls sie am 18. April zum neuen Obmann werden?
Richard Theiner: Nein, wir kennen einander sehr gut. Wir wissen, dass wir uns alle voll einzusetzen haben, um neuen Schwung in die Partei zu bringen. Das gilt natürlich auch für Martha Stocker.
Könnte Ihnen Widmann nicht im Wege stehen, wenn es darum gehen wird, den neuen Landeshauptmann zu „schnitzeln“?
Richard Theiner: Wir haben bisher noch kein einziges Mal über dieses Thema gesprochen. Es geht jetzt nur darum, wer die Partei bis 2012 führt. Landeshauptmann bis 2013 ist Luis Durnwalder.
Als Gesundheitslandesrat sind Sie voll beschäftigt. Wird diese Arbeit darunter leiden, wenn sie zusätzlich auch die Partei führen sollten?
Richard Theiner: Als Landesrat für Gesundheit und Sozialwesen bin ich mindestens 5 Mal in der Woche abends in ganz Südtirol unterwegs. Sollte ich neuer SVP-Obmann werden, bringt das sicher ein Mehr an Arbeit mit sich und auch ein Mehr an Verantwortung, der ich mich aber stellen will.
Wie oft im Monat kommen Sie vor Mitternacht nach Hause und wie zufrieden sind damit Ihre Frau und Ihre Familie?
Richard Theiner: Nicht allzu oft. Wie zufrieden meine Frau und meine Kinder sind, das müssen Sie sie selbst fragen. Die wenige Freizeit, die ich habe, verbringen wir bewusst gemeinsam.
Interview: Sepp Laner
Josef Laner