Kein Grund, sich zu schämen
Auf dem Hauptplatz in der Fußgängerzone wurde in Schlanders der Welttag der psychischen Gesundheit begangen.

Gemeinsam gegen Tabu und Stigma

Publiziert in 37 / 2016 - Erschienen am 19. Oktober 2016
Welttag der psychischen Gesundheit im Zeichen von Information und Beratung. Austausch mit Experten und Betroffenen. Schlanders - Auf dem Hauptplatz im Herzen der Fußgängerzone in Schlanders wurde am 10. Oktober unter dem Motto „Vielfalt der Seele“ der Welttag der psychischen Gesundheit begangen. Alle Interessierten und Passanten hatten die Möglichkeit, mit Experten, Betroffenen und Vertretern von Institutionen, Verbänden und Vereinen in Kontakt zu treten, die sich in unterschiedlicher Form um die Beratung und Betreuung ­psychisch erkrankter Menschen kümmern. Karin Tschurtschenthaler, die Direktorin der Sozialdienste der ­Bezirksgemeinschaft, und Bezirkssozialreferent Dieter Pinggera freuten sich, dass es gelungen ist, erstmals alle „Systempartner“ zu einer gemeinsamen, öffentlichen Veranstaltung zusammen zu bringen. Neben den zuständigen Diensten des Sanitätsbetriebes, dem „Treffpunkt Kunst“ der Bezirksgemeinschaft Vinschgau und weiteren Diensten der Bezirksgemeinschaft waren auch die Sozialgenossenschaften „vinterra“ und SOVI mit eigenen Ständen vertreten, sowie die Caritas (Psychosoziale Beratung) und der Verband „Ariadne - für die psychische Gesundheit aller“. Mitgeholfen hat auch Schlanders Marketing. Die Mittelpunktbibliothek Schlandersburg hatte einen eigenen Büchertisch aufgebaut. Für passende Musik sorgte die bekannte Folk-Band Titlá. Martin Achmüller und Albin Kapeller trugen Texte bzw. persönliche Gedanken zum Thema psychische Gesundheit vor. Schriftrolle unterwegs Gedanken, Erfahrungen und Meinungen zum Thema „Seele-­Psyche“ konnten zudem auf eine ganz besondere Schriftrolle geschrieben werden. Mit der Kunstaktion „Die Schriftrolle“ hatte der Treffpunkt für Menschen mit psychischer Erkrankung in Schlanders bereits im Herbst 2015 begonnen. Im August 2016 war die Schriftrolle auf die Oberetteshütte getragen worden. Als sie ins Tal zurückkehrte und am 10. Oktober in der Fußgängerzone aufgestellt wurde, war sie bereits 47 Meter lang. Nun wird die Schriftrolle noch in der Bibliothek Schlandersburg, auf der Tschenglsburg in Tschengls sowie in Schulen aufgestellt. Auf die öffentliche Präsentation im Frühjahr 2017 darf man schon jetzt gespannt sein. Freiwillige Begleitung Am Info-Stand des Sanitätsbetriebes (Zentrum für Psychische Gesundheit Schlanders) wurde vor allem über die Initiative „Freiwillige Begleitung von psychisch kranken Menschen“ informiert. Es werden Freiwillige gesucht und ausgebildet, die bereit sind, mit psychisch kranken Menschen Kontakte zu knüpfen, ihnen Zeit und Zuwendung zu schenken, sie zu begleiten und ihnen zu helfen, das Leben abwechslungsreicher zu gestalten. Die Helfer und Helferinnen gewinnen durch diesen Dienst und die Weiterbildung auch wichtige Impulse für ihr eigenes Leben. Nähere Auskünfte gibt es unter Tel. 0473 736 690. Noch immer viele Tabus Wie Stefano Egidi, der Verantwortliche des Psychiatrischen Dienstes für Diagnose und Behandlung in Meran dem der Vinschger bestätigte, sind psychische Erkrankungen leider nach wie vor mit vielen Tabus behaftet. Auf die Frage zur Situation in ländlichen Gebieten meinte Egidi, dass es dort im Gegensatz zur Anonymität der Städte einerseits zum Teil noch Großfamilien gibt, was zu begrüßen sei. Andererseits sei es aber auch so, dass in kleinen Dörfern jeder jeden kennt. Die Zusammenarbeit mit den Hausärzten ist laut Egidi gut. Den Betroffenen rät der Psychiater und Psychotherapeut, die Angst zu überwinden und Hilfe in Anspruch zu nehmen. Das Vertrauen, Hilfe zu finden, sei unerlässlich: „Psychische Erkrankungen sind behandelbar und in Regel heilbar.“ Wer Hilfe in Anspruch nimmt, kann davon ausgehen, dass seine Lebensqualität merklich verbessert wird. Wer „repariert“ die Seele? Albin Kapeller aus Taufers im Münstertal wartete mit persön­lichen Gedanken und Texten auf. Er sprach über die „Seelenwelt“, über „Tod und Seele“, „Arbeit und Seele“, „Sexualität und Seele“ und darüber, wer die Psyche „repariert“ und zum Seelenheil beiträgt: „Die Natur, Menschen durch Worte, Berührungen und Präsenz, Musik, Ärzte, Psychiater und Psychologen, Therapeuten, Tabletten, Tiere, ­Pflanzen, Pfarrer, Seelsorger, Priester, Materie und Gott.“ Sepp
Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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