Krankenhaus Schlanders zwischen Sparzwang und Leistungsdruck: Neues Profil

Glasturm: Fall für Orthopäden

Publiziert in 5 / 2002 - Erschienen am 14. März 2002
Einen Albin Thöni müsste man haben. Dem Obervinschger, Primar der Geburtshilfe, ist es am Sterzinger Krankenhaus gelungen, mit mehr als 500 Geburten im Jahr eine Top-Nische zu besetzen (Schlanders hatte im Jahr 2001 352 Geburten). Solche Nischen zu finden, die Patienten auch von anderen Sanitätseinheiten anzulocken oder sie zumindest nicht abwandern zu lassen, wird sich auch das Krankenhaus Schlanders zum Ziele setzen müssen. Der ärztliche Leiter Anton Theiner sieht eine solche Nische in einer Unfallchirurgie. „Ähnliche Spitäler in Nordtirol arbeiten mit einer Unfallchirurgie erfolgreich.“ Theiner ist sich allerdings bewusst, dass er mit seiner Forderung auch nach einer Intensivstation „ein Rufer in der Wüste“ (Theiner) ist. Eine klare Absage gaben der Unfallchirurgie und der Intensivstation sowohl Gesundheitslandesrat Otto Saurer als auch Generaldirektor Andreas Fabi (siehe Interview). Immerhin erhält Schlanders die im Gesundheitsplan vorgesehene Subintensiv. Die Orthopädie soll in Schlanders auf- und ausgebaut werden. Fabi sieht eher darin eine Nische, denn in Schlanders sind dafür Kapazitäten frei und in Meran sind die Wartezeiten lang. Die Vinschger können sich in Zukunft die Knie- und Hüftprothesen in Schlanders einsetzen lassen. Den Schlanderser Chirurgen rät Fabi zu Fortbildungen in diesem Bereich und „sie sollen den Orthopäden über die Schultern schauen.“ Voraussichtlich wird die Anästhesie in Schlanders zwei neue Arztstellen erhalten. Ebenso sind fünf Pflegestellen an der gleichen Station vorgesehen. Die Budgetkommission, welche aus den ärztlichen Leitern, dem Verwaltungsdirektor, der Pflegedienstleitung, dem Generaldirektor und aus Vertretern der beigezogenen Controller AG besteht, hat im Vorfeld der Medizin und der Gynäkologie die geforderte Personalaufstockung nicht genehmigt. Der Neubau am Schlanderser Krankenhaus wird bis 2004 bezugsfertig sein. Die Finanzierungs-Sorgen von Landesrat Saurer sieht sein Partikularsekretär Richard Paulmichl eher als „kleine Sorgen“. Der Umbau des Bettentraktes steht bevor, wird allerdings noch auf sich warten lassen. „Man kann nicht finanziell zehn oder zwanzig Jahre vorausplanen“, so Paulmichl. Bei einigen Teilbereichen, welche nicht unmittelbar mit der Pflege zusammenhängen, wird der Rotstift angesetzt: die hauseigene Wäscherei kommt voraussichtlich schon im April nach Meran. Ebenfalls wird die Apotheke, die im Neubau zwar eingeplant war, künftig in Meran zentralisiert. „Das Horten an mehreren Orten macht keinen Sinn“, begründet Fabi unter anderem diesen Schritt. Im Labor wird umstrukturiert, so dass einige Untersuchungen nur noch in Meran gemacht werden. „Es dürfen nicht mehr zwei Kirchtürme sein“, gibt Generaldirektor Fabi die Marschrichtung vor. Bei der Organisation der Apotheke wird verhandelt werden müssen. Theiner und Fabi sehen unabhängig voneinander die Handhabe der Zytostatika, für Tumorpatienten unerlässliche Medikamente, als zentrales Verhandlungsthema. „Dem Patient dürfen keine Nachteile erwachsen“, ist das Maß von Theiner. Die Zusammenarbeit mit dem Krankenhaus Meran will Fabi forciert wissen, auch mit dem Appell an die Schlanderser Ärzte, die „wissen müssen, wie weit sie gehen können und ab wann es angebracht ist, einen Patienten weiterzuschicken.” Das Schlanderser Krankenhaus sei familiärer strukturiert als etwa Meran, lobt Fabi und lässt gleichzeitig durchblicken, dass es dennoch mit der Freundlichkeit auf manchen Stationen nicht zum Besten bestellt sei. Daran sei zu arbeiten. Dabei spielt auch ein finanzieller Grund eine nicht unbedeutende Rolle. Das Ausweichen von Patienten auf andere Sanitätseinheiten oder Kliniken, auch aus Gründen der Freundlichkeit, bedeutet einen Leistungs- und damit einen finanziellen Verlust. In einem argen Dilemma befinden sich die Verwalter bezüglich der Wartezeiten für fachärztliche Visiten. „Die Leistungen, die 2001 erbracht wurden, sind gegenüber dem Vorjahr enorm gestiegen, bei gleichbleibendem Personal“, so Fabi. „Die Augen- und die dermatologische Visite hängt ausschließlich von der Verfügbarkeit der Meraner Fachärzte ab. In diesen Bereichen haben wir keine Handhabe“, erklärt Theiner einen Teil der Wartezeiten. Den einzigen Ausweg sieht Fabi darin, dass die Basisärzte „filtern” müssen. „Knapp ein Drittel der Leistungen könnten die Basisärzte durchführen. Ansonsten werden wir die fachärztlichen Ambulanzzeiten nicht in den Griff bekommen.” Im Vinschgau funktioniere die Zusammenarbeit mit den Basisärzten besser als im Meraner Raum, so Fabi. Die Finanzierungsvorschläge für das laufende Jahr wurden heuer erstmals gemeinsam mit den Primaren und den Oberpflegern jeder Station erarbeitet, anschließend von der genannten Budgetkommission zurechtgestutzt und schließlich von der Landesregierung abgelehnt. Die Sanitätseinheit West hat im Vorjahr 186 Millionen Euro ausgegeben und für das laufende Jahr ein Budget von 212 Millionen Euro angegeben. „In diesem Voranschlag sind neben den Leistungsdaten, den Personaldaten und dem Medizinverbrauch, welche auf den vergangenen Jahren basieren, zusätzlich noch die neuen Dienste, der neue Vertrag des Sanitätspersonals, die Inflation und anderes mehr berücksichtigt“, verweist Fabi auf die kommende Knochenarbeit, zusätzliche Einsparpotentiale zu suchen. „Wäre das Ticket im vorigen Jahr nicht abgeschafft worden, hätten wir einen Überschuss von 5 Milliarden Lire erwirtschaftet“, weist Fabi den oft gehörten Vorwurf zurück, er könne nicht wirtschaften. [F] „Zubau hat höchste Priorität.“ [/F] „Der Vinschger“: Wann kann in den neuen Trakt umgezogen werden? Andreas Fabi: Der Zubau in Schlanders hat höchste Priorität. Notfalls werden Mittel von Bozen und Meran umgeschichtet. Jedenfalls ist die Finanzierung gesichert. Ich rechne mit einem Umzug Ende 2003 bzw. Anfang 2004. Welche Einsparungen sind für Schlanders vorgesehen? Der Apotheker will nach Meran. Wie die Apotheke dann organisiert wird, darüber wird zu reden sein. Auch die Wäscherei wird von Meran aus betrieben werden. Ein Umbau in Schlanders würde mindestens zwei Milliarden Lire kosten. Das Personal kann anders eingesetzt werden. Ist eine Unfallchirurgie und die Intensiv-station in Schlanders nicht machbar? Nicht einmal in Meran haben wir eine eigene Abteilung für Unfallchirurgie. Eine Intensivstation ist sehr teuer und in Schlanders nicht vorgesehen. Außerdem müssten dann in Meran die vorgesehenen 9 Betten auf 5 reduziert werden und dies alles mit einer doppelten intensiven Personalführung. Allerdings wird eine im Gesundheitsplan vorgesehene Subintensivstation im neuen Zubau eröffnet werden. Zudem wird eine enge Zusammenarbeit in der Orthopädie zwischen Meran und Schlanders angestrebt. Den Vinschger Patienten könnten z.B. in Zukunft die Hüft- bzw Knieoperationen in Schlanders angeboten werden können. Könnte eine mögliche Nische für Schlanders die „Check-up“-Untersuchung sein, wie sie in Brixen und Sterzing angeboten wird? Das Check-up, eine Gesundheitsuntersuchung, ist an sich keine angemessene Leistung, welche in dieser Form gratis erbracht werden darf. Sollte diese Form der Untersuchung allerdings sanitätspolitisch in Ordnung gehen, dann werden wir es anbieten. Was ist in Schlanders verbesser-ungswürdig? Eine bessere Zusammenarbeit mit Meran ist anzustreben. Das Schlanderser Krankenhaus ist kleiner und somit familiärer als etwa Meran. Dennoch hapert es auf manchen Stationen vor allem bei einigen Ärzten mit der Freundlichkeit. Interview:
Erwin Bernhart

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